Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Extrem laut und unglaublich nah

Extrem laut und unglaublich nah

Titel: Extrem laut und unglaublich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
Vom Netzwerk:
den richtigen Wetterbedingungen die Hände durch den Sicherheitszaun steckt.« »Elmsfeuer sind sooo irre!« »Wenn sich Liebende hier oben küssen, kann es passieren, dass ihre Lippen vor Elektrizität Funken sprühen.« Mr Black sagte: »Das gefällt mir am besten.« Sie sagte: »Mir auch.« Ich sagte: »Mir gefällt das Elmsfeuer am besten.« »Das Empire State Building steht auf 40 Grad, 44 Minuten, 53,977 Sekunden nördlicher Länge und 73 Grad, 59 Minuten, 10,812 Sekunden westlicher Breite. Vielen Dank.«
    »Das war wunderbar«, sagte Mr Black.»Danke«, sagte sie. Ich fragte sie, woher sie ihr Wissen habe. Sie sagte: »Ich weiß so gut über dieses Gebäude Bescheid, weil ich es sehr liebe.« Von dieser Antwort bekam ich Bleifüße, weil sie mich an das Schloss erinnerte und weil ich Dad erst dann richtig liebte, wenn ich es gefunden hatte. »Was ist das Besondere an diesem Gebäude?«, fragte Mr Black. Sie sagte: »Wenn ich die Antwort wüsste, wäre es keine echte Liebe, oder?« »Sie sind eine großartige Frau«, sagte er und fragte sie dann, woher ihre Familie stamme. »Ich wurde in Irland geboren. Meine Familie ist ausgewandert, als ich ein junges Mädchen war.« »Und Ihre Eltern?« »Meine Eltern waren Iren.« »Und Ihre Großeltern?« »Iren.« »Das sind ja wunderbare Neuigkeiten«, sagte Mr Black. »Warum?«, fragte sie, und das fragte ich mich auch. »Weil meine Familie nichts mit Irland zu tun hat. Wir sind damals mit der Mayflower her übergekommen.« Ich sagte: » Cool .« Ruth sagte: »Ich weiß im mernoch nicht genau, was Sie meinen.« Mr Black sagte: »Wir sind nicht miteinander verwandt.« »Warum sollten wir miteinander verwandt sein?« »Weil wir denselben Nachnamen ha ben.« Insgeheim dachte ich: Fakt ist doch, dass sie ihren Nachnamen noch gar nicht genannt hat. Und selbst wenn sie Black heißen würde, warum fragt sie dann nicht, woher er ihren Nachnamen kennt?
    Mr Black nahm sein Barett ab und ließ sich im Zeitlupentem po auf ein Knie sinken. »Auch wenn ich damit riskiere, zu of fen zu sein, hoffe ich, eines Nachmittags das Vergnügen Ihrer Gesellschaft zu haben. Sollten Sie ablehnen, wäre ich zwar enttäuscht, aber in keiner Weise beleidigt.« Sie wandte ihr Ge sicht ab. »Entschuldigung«, sagte er, »ich hätte den Mund hal ten sollen.« Sie sagte: »Ich bleibe hier oben.«
    Mr Black sagte: » Was zum? « »Ich bleibe hier oben.« »Die ganze Zeit?« »Ja.« »Seit wann?« »Oh. Schon lange. Seit Jahren.« Mr Black sagte: »Hammerhart!« Ich fragte sie, wie.»Was meinst du mit ›wie‹?« »Wo schlafen Sie?« »In schönen Nächten schlafe ich draußen. Aber für den Fall, dass es kühl wird, was in dieser Höhe meist der Fall ist, habe ich in einer der Abstellkammern ein Bett stehen.« »Was essen Sie?« »Hier oben gibt es zwei Snack-Bars. Und wenn ich Lust auf etwas anderes habe, bringt mir einer der jungen Männer manchmal etwas zu essen mit. Wie du weißt, sind die Speisekarten in New York ziemlich abwechslungsreich.«
    Ich fragte sie, ob die Leute von ihrer Anwesenheit wüssten. »Welche Leute meinst du?« »Keine Ahnung. Die Leute, denen das Gebäude gehört oder so.« »Seit ich hier bin, hat das Ge bäude mehrmals den Besitzer gewechselt.« »Und was ist mit den Arbeitern?« »Die Arbeiter kommen und gehen. Die Neu en sehen, dass ich hier bin, und gehen davon aus, dass ich hier her gehöre.« »Man hat Sie nie aufgefordert, das Gebäude zu verlassen?« »Nie.«
    »Warum gehen Sie nie hinunter?«, fragte Mr Black. Sie sag te: »Ich fühle mich hier oben wohler.« »Wie kommt es, dass Sie sich hier oben wohler fühlen?« »Das ist schwer zu sagen.« »Was war der Anlass?« »Mein Mann war Vertreter.« »Und?« »Das war noch in den alten Zeiten. Er hat immer etwas verkauft, dieses und jenes. Er liebte Veränderungen im Leben. Und er hatte immer diese herrlich verrückten Ideen. Ein bisschen wie du«, sagte sie zu mir, und ich bekam wieder Bleifüße, denn warum erinnerte ich die Leute immer an jemand anderen? »Eines Tages fand er in einem Laden für ausgemusterte Mili tärsachen einen Scheinwerfer. Das war kurz nach dem Krieg, und man konnte so ziemlich alles finden. Er schloss ihn an eine Autobatterie an und montierte beides auf den Karren, den er immer hinter sich her zog. Er bat mich, zur Aussichts plattform des Empire State Building hinaufzufahren, weil er den Scheinwerfer in Abständen auf mich richten wollte, sodass ich wusste, wo er sich auf seinen Verkaufstouren

Weitere Kostenlose Bücher