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Extrem

Extrem

Titel: Extrem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Goedde
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wofür sonst? – in globales Gelächter auszubrechen. Nach dem Motto: „Wir lachen nicht, weil wir glücklich sind – wir sind glücklich, weil wir lachen.“
Eine entwaffnende Geste
    Entwickelt hat sich das Lachen übrigens aus einer Geste, die ursprünglich das Gegenteil von dem bezwecken sollte, was es heute auslöst: Statt eines Gefühls der Verbundenheit stellte Lachen eine Drohgebärde dar – und zwar bei unseren nächsten Verwandten, den Affen. Ob im Zoo oder in einer Tier-Dokumentation, jeder hat so eine eindrucksvolle Szene schon einmal gesehen, in der ein Pavian oder auch ein Schimpanse seine zwei bis vier Zentimeter langen Eckzähne entblößt. Damit gibt er seinen Artgenossen zu verstehen: Schau dir mein gesundes, kräftiges Gebiss gut an und überleg dir dann noch mal, ob du mich wirklichangreifen willst. Wenn so ein Tier seine Zähne zeigt, präsentiert es seine gefährlichsten Waffen und demonstriert Stärke.
    Auch bei uns Menschen kann Lachen in bestimmten Situationen noch als Zähnezeigen verstanden werden. Nämlich dann, wenn wir aus Spott oder Schadenfreude über jemanden lachen. Manchmal legen wir aus Höflichkeit wenigstens die Hand vor den Mund, um diese Geste etwas abzuschwächen – eine oft unbewusste Handlung, die unseren Mitmenschen zeigen soll, dass wir ihm nicht wirklich etwas Böses wollen. Auch das ist noch ein Relikt, das verhaltenstechnisch an vergangene Zeiten erinnert: Wir präsentieren sinnbildlich unsere Waffen und verbergen sie gleichzeitig.
    Der evolutionär bedingte Wandel von der Drohgebärde zum Lachen als sozialer Komponente hat sich jedoch nicht nur bei uns Menschen vollzogen. Verhaltensforscher haben herausgefunden, dass auch Primaten lachen. Professorin Elke Zimmermann von der Tierärztlichen Hochschule Hannover hat gemeinsam mit Dr. Marina Davila Ross von der britischen Universität Portsmouth für eine Studie 22 Jungtiere und, zum Vergleich, drei Menschenkinder an Händen, Füßen und unter den Achseln „kitzeln lassen“. Bei den drei Kindern übernahmen die Eltern die Aufgabe, bei den Affen ihnen vertraute Tierpfleger. (Auch in freier Wildbahn gehöre Kitzeln zum natürlichen Verhaltensrepertoire der Affen untereinander, so Zimmermann.)
    Bei der Untersuchung wurden 800 Ton- und Videoaufnahmen aufgezeichnet. Die Ergebnisse: Zuerst einmal ist die Feststellung interessant, dass der „Stammbaum des Lachens“ dem ansonsten bekannten Verwandtschaftsverhältnis von Menschenaffe und Mensch entspricht: Von Orang-Utan über Gorilla bis hin zu Schimpanse undBonobo wird das Lachen dem Menschenlachen immer ähnlicher. Während das hechelnde Kichern bei Orangs und Gorillas noch kaum zu hören ist – was daran liegt, dass sie, wie bereits erwähnt, beim Ein- und Ausatmen lachen –, erkennt man bei Schimpansen und Bonobos schon manchmal so etwas wie eine Stimmmelodie.
    Des Weiteren konnten die Biologinnen zeigen, dass junge Primaten, wenn sie gekitzelt werden, ganz ähnlich wie kleine Kinder regelrechte Kicheranfälle bekommen. Lachen ist auch bei Affenkindern eine soziale Komponente. Ein emotionaler Gesichtsausdruck wie ein Lächeln wirkt ansteckend auf sie und wird, Ross zufolge, mit einem Lächeln belohnt. Ein weiterer Hinweis auf Lachen als soziale Interaktion ist, dass das Lachen nur dann hörbar wird, wenn ein Affe aus der gleichen Gruppe oder ein bekannter Pfleger das Kitzeln übernimmt. Eine Vermutung für den Grund der zunehmenden Vokalisation, also des hörbar werdenden Lachens: Es wirkt ansteckend – so wie es auch die Wissenschaftlerin Jane Warren für uns Menschen herausgefunden hat –, lockt weitere Spielgefährten an und animiert zum Mitmachen. Auch sonst dient es beim Affen wie beim Menschen dem gleichen Zweck: Es fördert den Zusammenhalt der Gruppe.
    Und noch etwas konnten Zimmermann und Ross jüngst herausfinden: Mit strategischem Lachen sammelt man auch unter Affenkollegen Punkte. So wie sich mancher Mitarbeiter zwei Mal überlegt, ob er es sich wirklich leisten kann, nicht über den schlechten Witz des Chefs zu lachen, setzen auch Primaten Lachen taktisch ein, um sich bei Artgenossen lieb Kind zu machen. Tiere in neu zusammengestellten Gruppen ahmten das Lachen ihnen nicht so bekannter Artgenossen häufiger nach als das Lachen von Tieren, die sie bereits gut kannten. „Das deutet darauf hin,dass das Nachahmen des Lachens eine soziale Rolle bei der Stärkung der sozialen Bindung spielt“, vermutet Ross. Allerdings konnte nicht nachgewiesen werden,

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