Extrem
Lachen, das nichts Spontanes hat. Ein echter reflexartiger Lachanfall aber zeichnet sich dadurch aus, dass unsere Konzentration gerade nicht auf unseren Körper gerichtet ist.
Ein solches Lachen ist nur schwer zu unterdrücken. Wohl jeder kennt den Impuls, in Situationen, die alles andere als komisch sind, in hysterisches Kichern ausbrechen zu müssen, das schlimmstenfalls in einen Lachkrampf mündet. Wenn bei einer Veranstaltung, einem Konzert andächtige Stille herrscht, ja selbst, wenn man auf einer Beerdigung eigentlich tief betrübt sein sollte, überkommt einen plötzlich das völlig unangebrachte Bedürfnis, losprusten zu müssen. Lachen ist eben nicht nur eine natürliche Reaktion auf eine komische Szene, sondern dient auch dem Spannungsabbau. Je aufgeladener eine Situation, desto mehr drängt es uns irgendwann danach, uns durch Lachen Erleichterung zu verschaffen. Wir lachen nach einer überwundenen Krise, als Abwehr gegen Ängste oder um drohende Konflikte abzuwenden. Mit Lachen kann aber auch rein körperliche Spannung abgebaut werden, zum Beispiel, wenn wir gekitzelt werden.
Lachen als Medizin
Lachen bewirkt im Körper aber noch viel mehr, als nur übergroße Spannung abzubauen. Es führt dazu, dass unser Gehirn sogenannte Glückshormone, Endorphine, freisetzt, die physisch und psychisch Schmerzen verringern und somit ein Garant für unser Wohlbefinden sind. Schon in der Antike maß man dem Humor große Bedeutung im Hinblick auf einen ausgeglichenen Charakter und die Gesundheit eines Menschen bei. Das Wort Humor ist lateinischen Ursprungs und bedeutet eigentlich Feuchtigkeit, Flüssigkeit oder Saft. Hippokrates (460 – 370 v. Chr.), der als Begründer der Medizin gilt, ging davon aus, dass der menschliche Organismus von vier verschiedenen Säften gesund und am Leben erhalten wird (man spricht deshalb auch von der Vier-Säfte-, Temperamentenlehre des Hippokrates oder von der Humoralpathologie). Je nach ihrer Zusammensetzung sind diese Säfte für die unterschiedlichen Temperamente des Menschen verantwortlich. Hippokrates entwickelte seine Theorie in Analogie zu den vier Elementen Wasser, Feuer, Erde und Luft und ordnete der gelben Galle, der schwarzen Galle, Blut und Schleim die Grundstimmungen eines Sanguinikers (Sangui), Cholerikers (Chole), Melancholikers (Melancholia) und Phlegmatikers (Phlegma) zu. Als Sanguiniker bezeichnet man einen heiteren, lebhaften, aber auch leichtsinnigen Menschen. Leicht erregbar, unausgeglichen und jähzornig ist der Choleriker. Zu Schwermut, Trübsinn und Traurigkeit, aber auch zu Misstrauen und Kritik neigt der Melancholiker. Und Phlegmatiker zeichnen sich nach eben dieser Definition durch Langsamkeit, Schwerfälligkeit, aber auch Ruhe aus. Ein Mensch, dessen Humores (also Körpersäfte)in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen, gilt als körperlich und seelisch im Einklang – und gesund. In der Renaissance entwickelte sich das Verständnis der Körpersäfte-Lehre insofern weiter, als man einem Menschen mit „guten Säften“ auch einen guten Sinn für Humor bescheinigte.
Auf die Idee, mittels Humor beziehungsweise Lachen Krankheiten zu kurieren, kam in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts der amerikanische Journalist Norman Cousins: 1964 erfuhr Cousins, dass er selbst an einer als unheilbar geltenden Erkrankung des Knochengewebes litt. Die Ärzte sprachen von einer Heilungschance von 1 zu 500 und gaben ihm nur noch ein paar Monate zu leben. Cousins wollte sich nicht damit abfinden, ließ sich aus dem Krankenhaus entlassen und mietete sich in ein Hotelzimmer ein. Er setzte alle Medikamente ab und versuchte eine neue Therapie, nämlich eine tägliche Infusion von Vitamin C, das eine entscheidende Rolle bei der Knochenbildung spielt. Vor allem aber führte er eine selbstverordnete Lachtherapie durch: Fortan stand täglich der mehrstündige Konsum von Slapstick-Filmen und humoristischen Büchern auf dem Programm. Cousins fand heraus, dass minutenlanges Lachen eine geradezu anästhetische, also schmerzausschaltende Wirkung hatte. Bald konnte er ein bis zwei Stunden schmerzfrei zubringen. Es klingt unglaublich, aber nach einiger Zeit besiegte seine Therapie die Krankheit vollkommen. Cousins gründete später an der Universität Los Angeles die Abteilung für therapeutische Humorforschung. Heute existiert ein anerkanntes Fachgebiet für Lachforschung, die Gelotologie. Cousins starb 1990 – über 25 Jahre später, als es ihm seine Ärzte prognostiziert
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