Exzession
Geschlechtsumwandlung durchaus nützlich
war und daß manche Leute es sogar irgendwie erregend fanden,
aber er sah darin eine Art von Schwäche.
Doch dann hatte Dajeil Byrs Auffassung verändert.
Sie hatten sich an Bord der Allgemeinen Kontakt-Einheit Kürzlich Konvertiert kennengelernt. Sie näherte sich
dem Ende einer fünfundzwanzigjährigen Kontakt-Karriere, er
stand am Anfang einer zehnjährigen Verpflichtung, die er zu
gegebener Zeit verlängern konnte oder auch nicht. Er war der
Draufgänger gewesen, sie die unnahbare ältere Frau. Als er
dem Kontakt beitrat, hatte er beschlossen, so viele Frauen wie
möglich ins Bett zu bekommen, und von Anfang an hatte er sich
zielstrebig daran gemacht, diese Absicht in die Tat umzusetzen; eine
Zielstrebigkeit, die viele Frauen an sich schon hinreißend
fanden.
Auf der Kürzlich Konvertiert hatte er dann seinen
üblichen Streifzug durch die weibliche Hälfte der
menschlichen Besatzung gemacht, wurde jedoch von Dajeil Gelian
unvermittelt aufgehalten.
Das lag nicht etwa daran, daß sie nicht mit ihm hatte
schlafen wollen – es hatte schon viele Frauen gegeben, die er
gefragt und die ihn abgewiesen hatten, und zwar aus den
unterschiedlichsten Gründen, und er hatte nie irgendwelche
Ressentiments gegen sie gehegt, und es war durchaus möglich,
daß er auch sie eines Tages zu seinen Freunden zählen
würde, wie es bei vielen der Frauen der Fall war, mit denen er
schlief – nein, es war vielmehr so, daß sie ihm sagte, sie
fände ihn attraktiv und würde ihn normalerweise in ihr Bett
einladen, jedoch davon absähe, weil sie seine so stark
ausgeprägte Promiskuität abstoße. Er hatte das
für eine etwas scheinheilige Begründung gehalten, hatte
jedoch die Achseln gezuckt und sein Leben fortgesetzt.
Sie wurden Freunde, sehr gute Freunde. Sie kamen glänzend
miteinander zurecht; sie wurde seine engste Vertraute. Er erwartete
nach wie vor, daß diese Freundschaft im Laufe der Zeit auch Sex
enthalten würde – selbst wenn es nur einmal wäre
–, aber es war nicht so. Ihm kam es vollkommen naheliegend,
natürlich, normal und richtig vor, daß es hätte
stattfinden sollen. Nach irgendeiner wundervollen, vergnüglichen
geselligen Veranstaltung oder einem Sportereignis oder einfach einer
durchzechten Nacht nicht miteinander ins Bett zu fallen,
erschien ihm eindeutig abartig.
Sie erklärte ihm, er zerstöre sich selbst mit seiner
Zügellosigkeit. Er verstand sie nicht. Sie zerstörte
ihn in gewisser Weise; er gab sich immer noch mit anderen Frauen ab,
aber er verbrachte jetzt so viel Zeit mir ihr – weil sie so gute
Freunde waren, aber auch, weil sie für ihn eine Herausforderung
geworden war und er beschlossen hatte, daß er sie herumkriegen
würde, was immer ihm dafür abverlangt würde –,
daß sein normalerweise vollgepackter Terminplan an
Verführungen, Affären und Verhältnissen schwer
gelitten hatte. Er war nicht mehr in der Lage, sich im erforderlichen
Maß auf all die anderen Frauen zu konzentrieren, die seine
Aufmerksamkeit forderten oder fordern sollten.
Sie erklärte ihm, er verzettele sich in zu viele Richtungen.
Er zerstöre sich nicht richtig, sondern er verhindere seine
Weiterentwicklung. Er stehe immer noch auf einer Art kindischer
Stufe, befinde sich in einer jungenhaften Phase, wo die Menge mehr
als alles andere zählte, wo besessenes Sammeln, Nehmen, Prahlen
mit Zahlen und das Katalogisieren von Erfolgen von grundlegender
Unreife zeugten. Er würde niemals erwachsen werden und sich als
menschliches Wesen entwickeln können, solange er nicht diese
infantile Besessenheit mit Kraft und Durchsetzungsvermögen
überwinde.
Er entgegnete ihr, daß er gar nicht über diesen Zustand
hinauskommen wolle; ihm gefalle es so. Trotzdem, obwohl es ihm gefiel
und es ihm nichts ausmachen würde, wenn er so lange bei seiner
Promiskuität bleiben würde, bis er zu alt für das
alles wäre, bestand doch eine Aussicht, daß er sich
irgendwann einmal ändern würde, dereinst, im Laufe der
nächsten drei Jahrhunderte, die er als Lebensspanne erwarten
konnte… Es war noch genügend Zeit für all dieses
verdammte Wachsen und Entwickeln. Es würde sich schon von selbst
einstellen. Er hatte nicht die Absicht, die Dinge zu beschleunigen.
Wenn diese sexuelle Aktivität etwas war, das er aus seinem
System herausbekommen mußte, bevor er ordentlich reifen und
erwachsen werden konnte, dann hatte sie die moralische Pflicht, ihm
dabei zu helfen, es so schnell wie möglich hinter sich
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