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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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unter Druck
stehenden Behältern vor ihm herauszupicken und sich zum Mund zu
führen, und zwar mit einem Gallertfeld-Werkzeug, das wie eine
kleine vierfingerige Hand geformt war, wobei seine Beine über
dem Abfallgraben baumelten. Er kam sich vor wie ein Kind, das mit
Erwachsenen speiste.
    »Jetzt hat’s dich fast erwischt, was, Mensch? Ha, ha,
ha!« brüllte der Oberst der Diplomatischen Truppe an
Fivetides anderer Seite. Er schlug Genar-Hofoen mit einem Tentakel
auf den Rücken und warf ihn damit fast vom Sitz und auf den
Tisch. »Hoppla!« sagte der Oberst und zerrte Genar-Hofoen
mit einem zähneklappernden Würgegriff zurück.
    Genar-Hofoen lächelte höflich und nahm seine
Sonnenbrille vom Tisch. Der Oberst der Diplomatischen Truppe
hörte auf den Namen Heißsporn. Das war ein Titel, den die
Kultur bedrückend häufig unter Affronter Diplomaten
antraf.
    Fivetide hatte ihm das Problem erklärt: Gewisse Kreise der
Affronter Alten Garde schämten sich, daß ihre Zivilisation
überhaupt einen diplomatischen Dienst unterhielt, und versuchten
deshalb, das wettzumachen, was ihrer Befürchtung nach auf andere
Spezies verdächtig wie ein Zeichen der Schwäche wirken
konnte, indem sie dafür sorgten, daß nur die aggressivsten
und fremdenfeindlichsten Affronter die diplomatische Laufbahn
einschlugen, um von vornherein dem gefährlich widersinnigen
Gedanken vorzubeugen, der Affront könnte Züge der
Verweichlichung annehmen.
    »Los, Mann! Mach noch einen Wurf! Nur weil du das verdammte
Zeug nicht essen kannst, solltest du dich nicht davon abhalten
lassen, an dem Spaß teilzuhaben!«
    Eine Harpune, die von der anderen Seite des Tisches geschleudert
worden war, segelte über die Grube in Richtung Fivetides
Tranchierplatte. Der Affronter fing sie geschickt ab und warf sie
unter grölendem Gelächter zurück. Der Eigner der
Harpune duckte sich gerade rechtzeitig, und ein vorbeikommender
Diener mit Getränken bekam sie in den Sack, begleitet von einem
Jaulen und dem Zischen entweichenden Gases.
    Genar-Hofoen blickte auf den Klumpen Fleisch, der auf Fivetides
Tranchierplatte lag. »Warum kann ich nicht einfach das Zeug von
deiner Platte aufspießen?« fragte er.
    Fivetide straffte sich ruckartig. »Von der Platte deines Nachbarn?« blökte er. »Das ist Beschiß,
Genar-Hofoen, oder eine besonders beleidigende Aufforderung zu einem
Duell! Laus mich der Affe, was für Manieren bringt man euch in
der Kultur bloß bei!«
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte Genar-Hofoen.
    »Gewährt«, sagte Fivetide, nickte mit den
Augenstielen, wickelte seine Harpunenschnur wieder auf, führte
ein Stück Fleisch von seiner eigenen Platte zum Schnabel, griff
nach einem Drink und trommelte gemeinsam mit allen anderen mit einem
Tentakel auf den Tisch, als einer der Kratzhunde einem anderen auf
den Rücken sprang und ihm die Kehle durchbiß. »Gutes
Spiel! Gutes Spiel! Sieben, das ist mein Hund. Meiner; ich hab auf
ihn gewettet. Hab ich. Siehst du, Gasbaum? Ich hab’s dir ja
gleich gesagt! Ha, ha, ha.«
    Genar-Hofoen schüttelte leicht den Kopf und grinste in sich
hinein. In seinem ganzen Leben war er noch nie an einem so
doppelsinnig fremdartigen Ort wie diesem gewesen, im Innern eines
riesigen Torus aus kaltem, verdichtetem Gas, der seine Bahn um ein
Schwarzes Loch zog – das sich wiederum in einer Umlaufbahn um
einen braunen Zwergenkörper Lichtjahre vom nächsten Stern
entfernt befand – in dessen äußerem Umfeld es von
Schiffen wimmelte, die meisten davon mit der ausgefranst knolligen
Form von Affront-Fahrzeugen – und hauptsächlich
bevölkert von glücklichen, raumfahrenden Affrontern und
ihren gemischten Opferspezies. Dennoch hatte er sich noch nie so sehr
wie zu Hause gefühlt.
    : Genar-Hofoen, ich bin’s, Scopell Afranqui, sagte
eine andere Stimme in Genar-Hofoens Kopf. Es war das Modul, das durch
den Anzug zu ihm sprach. : Ich habe eine dringende Mitteilung zu
machen.
    : Hat das nicht etwas Zeit? dachte Genar-Hofoen. : Ich bin hier
ziemlich stark in Anspruch genommen von der Einhaltung einer peinlich
korrekten Essens-Etikette.
    : Nein, hat es nicht. Kannst du nicht freundlicherweise
zurückkommen? Sofort?
    : Wie bitte? Nein, ich geh jetzt hier nicht weg. Du liebe
Güte, bist du übergeschnappt? Ich bin doch gerade erst
angekommen.
    : Nein, bist du nicht. Du hast mich vor achtzig Minuten
verlassen, und du bist bereits beim Hauptgang von diesem Tierzirkus,
der sich als Dinner aufgemotzt hat; ich sehe, was sich abspielt,
übermittelt

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