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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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der
sitzenden Ulver stand, mußte die Hand zur Rückseite der
Couch ausstrecken, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten. In
diesem Augenblick fühlte man so etwas wie ein gewaltiges, alles
umfassendes Rutschen, der Hinweis darauf, daß riesige Energien
gebündelt, gewiegt, entfesselt, umschlossen, ausgetauscht und
manipuliert wurden; unvorstellbare Kräfte, die anscheinend aus
dem Nichts herbeigerufen wurden, um sich im selben Augenblick um sie
herumzuwinden, in die Leere zurückzufallen und die Realität
zu verlassen, die sich aus der Sicht der Leute auf der Grauzone kaum verändert hatte.
    Ulver Seich schnalzte mißbilligend mit der Zunge, weil etwas
von ihrem Tee in die Untertasse geschwappt war.
    Der Blickwinkel änderte sich erneut. Jetzt zuckte das
Aufnahmeauge zu etwas grauem und blauem Gewölbten, das einem
Wolkenhaufen glich, von innen gesehen. Es vollführte wieder
einen Schwenk, und sie sahen eine Reihe von riesigen Treppen, die an
den Eingang zu einem antiken Tempel gemahnten. Die breiten Stufen
führten hinauf zu einer rechteckigen Öffnung, gesäumt
von winzigen Lichtern; in einem dunklen Raum dahinter blinkten noch
kleinere Lampen. Der Blick des Aufnahmeauges wanderte weiter und
zeigte eine Reihe von derartigen Eingängen, nebeneinander
angeordnet; im Gegensatz zum ersten waren jedoch alle anderen
geschlossen. Darüber und darunter, eingelassen in die
Stufenfronten, waren kleinere Öffnungen, alle ebenfalls
geschlossen.
    »Ein voller Erfolg«, sagte die Sklavendrohne.
    Die Blickrichtung änderte sich wieder, während das
Schiff langsam nach hinten gezogen wurde, zum einzigen
geöffneten Einlaß hin.
    Genar-Hofoen runzelte die Stirn. »Dann gehen wir also
rein?« fragte er die Sklavendrohne.
    Sie drehte sich zu ihm um und zögerte gerade lange genug,
damit der Mensch den Eindruck gewinnen konnte, er würde wie eine
Art Kretin behandelt. »… Na… ja…«, sagte sie
langsam, so, wie man vielleicht zu einem besonders begriffsstutzigen
Kind sprechen mochte.
    »Aber man hat mir doch gesagt…«
    »Willkommen an Bord der Sleeper Service«, sagte
eine Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich um und sahen ein
großes, eckiges, schwarzgekleidetes Geschöpf, das in den
Aufenthaltsraum trat. »Mein Name ist Amorphia.«

 
III
     
     
    Drohne kehrte zur Appell An Die Vernunft zurück und
wurde an Bord genommen. Sekunden vergingen.
    : Nun? fragte die Wundersame Wege Des Schicksals.
    Es entstand eine kurze Pause. Vielleicht eine Mikrosekunde lang.
Dann: Sie ist leer, gab die Appell An Die Vernunft durch.
    : Leer?
    : Ja. Sie hat überhaupt nichts aufgezeichnet. Gerade so, als
ob sie nie irgendwo gewesen wäre.
    : Bist du sicher?
    : Überzeuge dich selbst.
    Es folgte ein Memory-Klumpen. Die Wundersame Wege Des
Schicksals schob ihn in einen Datenleser, den sie eigens für
einen solchen Zweck eingerichtet hatte, und zwar im selben
Augenblick, als sie erkannt hatte, was die Exzession war, beinahe
einen Monat zuvor. Es war das Äquivalent zu einem verschlossenen
Raum, einer Isolierstation, einer Zelle. Weitere Informationen
ergossen sich aus der Appell An Die Vernunft; ein sprudelnder
Fluß von Daten, der versuchte, angehängt an den
Original-Memory-Klumpen hereinzufluten. Das Kulturschiff schenkte ihm
keine Beachtung. Ein Teil seines Gehirns lauschte auf die heulenden,
pochenden Laute, die aus dem verschlossenen Raum drangen.
    Informationen flackerten zwischen der Appell An Die Vernunft und der Nüchterner Rat hin und her, einen Augenblick
bevor die Wundersame Wege ihrerseits ein Warnsignal aussandte.
Sie verfluchte sich selbst wegen ihres Zögerns, auch wenn ihre
Warnung mit ziemlicher Sicherheit ohnehin unbeachtet geblieben
wäre.
    Statt dessen sandte sie ein Signal an die fernen, kriegsbereiten
Elencher Schiffe und beschwor diese, davon auszugehen, daß das
Schlimmste geschehen sei. Es folgte keine unmittelbare Antwort.
    Die Appell An Die Vernunft war das nähere der beiden
Elencher Schiffe. Sie wendete und beschleunigte in Richtung der Wundersame Wege. Sie sandte umfangreiche und unbeschreiblich
komplizierte Signale per Funk, Dichtstrahl, Laser und Feldimpulse an
das Kulturschiff. Die Wundersame Wege schoß den Inhalt
des verschlossenen Raums zurück, eine Art
Evakuierungsmaßnahme. Dann vollführte sie eine schnelle
Wendung und gab ihren Motoren Stoff. Ich gehe also irgendwo hin, dachte sie und flitzte davon, weg von der Appell An Die
Vernunft, die immer noch wie wild herumsignalisierte und einen
Kurs beibehielt,

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