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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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daß die Kultur ihrerseits beschlossen hatte, ein
anderes, kleineres ASF für die Aufgabe abzustellen, die ASF Sleeper Service überallhin zu verfolgen, wahrscheinlich,
um sie im Auge zu behalten.
    Anschließend an ihre Umbenennung und anscheinend ohne von
dem ihr folgenden Fahrzeug Notiz zu nehmen, bestand der nächste
Schritt der Sleeper Service darin, alle anderen an Bord
Verbliebenen zu evakuieren. Die meisten Schiffe hatten sich bereits
entfernt, und der Rest wurde gebeten, das Fahrzeug ebenfalls zu
verlassen. Dann wurden die Drohnen sowie die fremdweltliche und
menschliche Besatzung und ihre Schoßtierchen auf der ersten
Orbitalstation abgesetzt, zu der sie kam. Die einzigen Leute, die an
Bord bleiben durften, waren die Eingelagerten.
    Danach machte sie sich auf die Suche nach anderen (und besonders
nach einem anderen), und ließ über ihr Informationsnetz in
der ganzen Kultur bekannt werden, daß sie bereit sei,
überall hinzureisen, um all jene aufzulesen, die den Wunsch
haben mochten, sich ihr anzuschließen, vorausgesetzt, sie
befänden sich in der Einlagerung und würden sich gern in
eines der Bilder einfügen lassen.
    Zunächst zögerten die Leute; das war zweifellos ein
Verhalten, durch die sich das Schiff den Titel Exzentriker verdiente,
und von Exzentrik-Schiffen wußte man, daß sie sonderbare,
ja sogar gefährliche Dinge taten. Dennoch, in der Kultur gab es
immer noch eine Gruppe tapferer Seelen, und einige nahmen das
seltsame Angebot des Fahrzeugs an, ohne offensichtliche Schäden
davonzutragen. Als die ersten paar Leute, die an Bord des ASF
eingelagert gewesen waren, unter Beachtung ihrer
Wiederbelebungskriterien unversehrt zurückkehrten, auch wieder
ohne sichtbare Anzeichen dafür, daß sie unter ihrer
eigenartigen vorübergehenden Unterkunft gelitten hätten,
verwandelte sich das träge Tröpfeln abenteuerlustiger
Einzelwesen in eine ständige Flut etwas abartig oder romantisch
Veranlagter; während sich der gute Ruf der Sleeper Service immer mehr herumsprach und sie Hologramme ihrer immer
ehrgeizigeren Bilder verbreitete (Darstellungen historisch
bedeutsamer Ereignisse, dann kleine Schlachten und Ausschnitte aus
größeren militärischen Auseinandersetzungen), fanden
es immer mehr Leute ziemlich lustig, sich in diesem exzentrischen
Exzentriker einlagern zu lassen, wo sie angeblich den Teil eines
Kunstwerks bildeten, während sie schliefen, anstatt nur irgendwo
unter ihrer Eingrenzungsplatte in einer langweiligen Kiste weggepackt
zu sein.
    Und so wurde es geradezu modern, eine Reise auf der Sleeper
Service zu unternehmen, als eine Art stellvertretende
Seelenwanderung, und das Schiff füllte sich mit Untoten in
Einlagerungsanzügen, die es in immer größeren Szenen
unterbrachte, bis es schließlich in der Lage war, ganze
Schlachtfelder nachzustellen und sie auf Geländen von sechzehn
Quadratkilometern auszulegen, die es in jedem seiner Inneren
Lagerräume besaß.
    Amorphia schloß seine Betrachtung der hellen, schweigenden
Stille des riesigen Leichenfeldes ab. Als Awatara konnte er nicht
eigenständig denken, aber das Gehirn, das die ASF Sleeper
Service war, ließ das Geschöpf gern eine kleine,
untergeordnete Denkroutine durchlaufen, die nur ein klein wenig
intelligenter war als bei einem durchschnittlichen Menschen –
während es sich die Möglichkeit offenhielt, mit allen
Mitteln einzuschreiten, falls es nötig würde, sowie auch
die, den Awatara in einen verwirrten, abgelenkten Zustand zu
versetzen, von dem das Schiff glaubte, es spiegle in einem beinahe
unendlich verkleinerten Maßstab seine eigene philosophische
Verwirrung wider.
    So geschah es, daß das halbmenschliche, untergeordnet
denkende Geschöpf auf das große Bild hinausblickte und so
etwas wie Traurigkeit darüber empfand, daß das alles
vielleicht abgebaut werden müßte. Und da war noch eine
andere, vielleicht noch tiefere Melancholie bei dem Gedanken,
daß es vielleicht nicht mehr die Rolle des Gastgebers für
die lebenden Wesen an Bord würde spielen können; die
Geschöpfe des Meeres und der Luft und der
Gasgiganten-Atmosphäre, und die Frau.
    Sein Denken wandte sich dieser Frau zu; Dajeil Gelian, die in
gewisser Weise der Grund, die Saat für all dieses gewesen war,
und die eine Person, die es unbedingt finden wollte, die eine Seele
– schlafend oder wach –, der es entschlossen war Zuflucht
zu gewähren, seit es zum erstenmal der Kultur die
Normalität abgesprochen hatte. Jetzt war diese Zuflucht in Frage
gestellt, und

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