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Fabelheim: Roman (German Edition)

Fabelheim: Roman (German Edition)

Titel: Fabelheim: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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Baumhaus macht es mehr Spaß.«
    »Wenn du es sagst.«
    Seth fand ein Eckstück und legte es beiseite. »Glaubst du, Opa würde mir erlauben, hier einzuziehen?«
    »Du spinnst.«
    »Ich würde nur einen Schlafsack brauchen«, erwiderte er.
    »Du würdest vor Angst durchdrehen, sobald es dunkel wird.«
    »Nie und nimmer.«
    »Die Hexe könnte dich holen kommen.«
    Statt etwas zu antworten, begann Seth, nur umso eifriger nach den anderen Eckstücken zu suchen. Kendra konnte sehen, dass ihre Bemerkung ihm unter die Haut gegangen war. Sie beschloss, ihn nicht weiter damit aufzuziehen. Die Tatsache, dass er sich vor der Dame, die er im Wald getroffen hatte, zu fürchten schien, machte seine Geschichte doch sehr glaubwürdig. Es war nicht leicht, Seth Angst einzujagen. Schließlich war er der Junge, der in der irrigen Annahme, ein Müllbeutel wäre auch als Fallschirm geeignet, vom Dach gesprungen war. Der Junge, der bei einer Mutprobe den Kopf einer lebenden Schlange in den Mund gesteckt hatte.
    Sie fanden alle Eckstücke, und bis Lena sie zum Abendessen rief, hatten sie den Rand des Puzzles schon fast fertig.

KAPITEL 4
Der Verborgen See
    D er Regen prasselte endlos auf das Dach. Kendra hatte noch nie einen so lauten Regenguss gehört. Andererseits waren sie bei so einem Wetter auch noch nie auf einem Dachboden gewesen. Das stetige Trommeln hatte etwas Entspannendes, so konstant, dass es beinahe unhörbar wurde, obwohl die Lautstärke nie nachließ.
    Sie stand am Fenster neben dem Fernrohr und beobachtete den sintflutartigen Regen. Er fiel reichlich und senkrecht vom Himmel.
    Seth saß auf einem Hocker in der Ecke und malte. Lena hatte ein Malen-nach-Zahlen-Bild für ihn gemacht; mit unglaublicher Geschwindigkeit hatte sie jedes Bild nach seinen Wünschen vorgezeichnet. Das Werk, das er gerade in Arbeit hatte, zeigte einen Drachen, der inmitten einer qualmenden Einöde mit einem Ritter auf einem Pferd kämpfte. Lena hatte die Bilder mit bemerkenswerter Detailgenauigkeit skizziert und fachmännisch einige gelungene Licht- und Schatteneffekte eingebaut, so dass die Ergebnisse ziemlich gekonnt aussahen. Außerdem hatte sie Seth beigebracht, wie man Farbe mischt, und ihm eine Vorlage gegeben, auf der er sehen konnte, welche Tönung welcher Zahl entsprach. Für das aktuelle Bild hatte sie mehr als neunzig verschiedene Farbtöne vorgesehen.
    Kendra hatte Seth kaum je solchen Eifer an den Tag
legen sehen, wie er es jetzt bei den Bildern tat. Nach einigen kurzen Lektionen darüber, wie man die Farbe aufträgt und für welchen Zweck man die verschiedenen Pinsel und Werkzeuge verwendet, hatte er bereits ein großes Bild fertiggestellt, auf der Piraten eine Stadt plünderten, und ein kleineres von einem Schlangenbeschwörer, der vor seiner zubeißenden Kobra zurückwich. Zwei beeindruckende Gemälde in drei Tagen. Er war süchtig danach! Und mit seinem letzten Bild war er fast fertig.
    Kendra ging zum Regal hinüber und strich mit einer Hand über die Buchrücken. Sie hatte den Raum gründlich durchsucht. Aber das letzte Schlüsselloch hatte sie noch nicht gefunden, geschweige denn einen Geheimgang zu der anderen Seite des Dachbodens. Seth konnte eine unglaubliche Nervensäge sein, aber jetzt, da er in seine Malerei vertieft war, begann sie, ihn zu vermissen.
    Vielleicht würde Lena ja auch für sie ein Bild skizzieren. Kendra hatte ihr erstes Angebot abgelehnt, weil es so kindisch klang, wie das Ausmalen von Malbüchern. Aber die Ergebnisse wirkten weit weniger kindlich, als Kendra es erwartet hatte.
    Sie öffnete die Tür und machte sich auf den Weg die Treppe hinunter. Das Haus war dunkel und still, und der Regen war jetzt leiser als zuvor auf dem Dachboden. Sie ging durch den Flur und die Treppe hinunter ins Erdgeschoss.
    Das Haus wirkte zu still. Trotz der Düsternis draußen brannten nirgendwo Lichter.
    »Lena?«
    Sie bekam keine Antwort.
    Kendra ging durch Wohn- und Esszimmer in die Küche. Keine Spur von der Haushälterin. War sie weggegangen?
    Nachdem sie die Tür zum Keller geöffnet hatte, spähte
Kendra die Stufen hinunter in die Dunkelheit. Die Treppe war aus Stein und sah aus, als führe sie in einen Kerker. »Lena?«, rief sie unsicher. Sicher war die Frau nicht ohne Licht dort unten.
    Kendra ging zurück durch den Flur und schob die Tür zum Arbeitszimmer auf. Sie hatte diesen Raum noch nie betreten und bemerkte zuerst den riesigen, mit Büchern und Papieren bedeckten Schreibtisch. An der Wand hing der borstige Kopf

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