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Fabelheim: Roman (German Edition)

Fabelheim: Roman (German Edition)

Titel: Fabelheim: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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eines großen Wildschweins mit riesigen Hauern. Auf einem Regal lag eine Sammlung grotesker Holzmasken. Ein Brett weiter unten war gesäumt von Golftrophäen. Schrifttafeln, Orden und militärische Ehrenbänder verzierten die holzgetäfelten Wände. Auf einem Schwarzweißfoto war ein viel jüngerer Opa Sørensen mit einem riesigen Schwertfisch als Angeltrophäe abgebildet. Auf dem Schreibtisch lag eine Kristallkugel mit flachem Boden, in die eine unheimliche, daumengroße Kopie eines menschlichen Schädels eingegossen war. Kendra zog die Tür zum Arbeitszimmer wieder zu.
    Sie versuchte es in der Garage, im Salon und im Familienzimmer. Vielleicht war Lena einkaufen gefahren.
    Kendra ging auf die hintere Veranda, die durch den Dachüberhang vor dem Regen geschützt war. Sie liebte den frischen, feuchten Geruch von Regenwasser. Es goss immer noch in Strömen, und das Wasser sammelte sich überall im Garten in Pfützen. Wo versteckten die Schmetterlinge sich bei einem solchen Unwetter?
    Dann sah sie Lena. Die Haushälterin kniete im Schlamm neben einem Busch, an dem große blaue und weiße Rosen blühten. Sie war vollkommen durchnässt, und es sah so aus, als würde sie Unkraut jäten. Das weiße Haar klebte an ihrem Kopf, und ihr Hauskleid war durchweicht.
    »Lena?«
    Die Haushälterin blickte auf, lächelte und winkte.
    Kendra holte sich einen Schirm aus dem Flurschrank und ging zu Lena in den Garten. »Sie sind ja klatschnass«, sagte Kendra.
    Lena zog ein Unkraut aus dem Boden. »Der Regen ist warm. Ich bin bei dem Wetter gern draußen.« Sie stopfte das Unkraut in einen bereits prallgefüllten Müllsack.
    »Sie werden sich erkälten.«
    »Ich werde nicht oft krank.« Sie hielt inne und sah zu den Wolken empor. »Es wird nicht mehr lange regnen.«
    Kendra kippte ihren Regenschirm nach hinten und schaute in den Himmel. Überall bleierne Wolken. »Meinen Sie?«
    »Wart’s nur ab. Der Regen wird binnen einer Stunde aufhören.«
    »Ihre Knie sind ganz schlammig.«
    »Du denkst, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank?« Die winzige Frau stand auf, breitete die Arme weit aus und legte den Kopf in den Nacken. »Schaust du bei Regen jemals nach oben, Kendra? Es sieht aus, als würde der Himmel herabfallen.«
    Kendra kippte den Regenschirm abermals nach hinten. Millionen von Regentropfen flogen auf sie zu, einige klatschten ihr ins Gesicht, und sie musste blinzeln. »Oder als würde man zu den Wolken hinaufschweben«, sagte sie.
    »Ich sollte dich wohl besser hineinbringen, bevor meine verschrobenen Angewohnheiten auf dich abfärben.«
    »Nein, ich wollte Sie nicht stören.« Wieder unter dem Schutz des Regenschirms, wischte Kendra sich winzige Tropfen von der Stirn. »Ich schätze, Sie wollen den Regenschirm nicht haben.«
    »Der wäre meinem Zweck nur hinderlich. Ich werde gleich reinkommen.«
    Kendra kehrte ins Haus zurück. Durch ein Fenster schaute sie verstohlen in Lenas Richtung. Ihr Verhalten war so eigenartig, dass sie der Versuchung, ein wenig zu spionieren, nicht widerstehen konnte. Lena arbeitete, dann roch sie wieder an einer Blüte oder strich über ihre Blätter. Und es regnete weiter.
     
    Kendra saß gerade auf ihrem Bett und las Gedichte von Shel Silverstein, als es plötzlich heller wurde. Die Sonne war herausgekommen.
    Lena hatte Recht gehabt, was den Regen betraf. Etwa vierzig Minuten nach ihrer Voraussage hatte er nachgelassen. Die Haushälterin war hereingekommen, hatte ihre nassen Kleider ausgezogen und Sandwichs gemacht.
    Auf der anderen Seite des Raums stand das fertige Bild von dem Ritter, der den Drachen angriff. Seth war vor einer Stunde hinausgegangen. Kendra war nach faulenzen zumute.
    Gerade als sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem letzten Gedicht zuwandte, kam Seth schnaufend ins Zimmer geplatzt. Er trug nur Socken an den Füßen. Seine Kleider waren schlammverschmiert. »Du musst dir ansehen, was ich im Wald gefunden habe.«
    »Noch eine Hexe?«
    »Nein. Viel cooler.«
    »Ein Landstreicherlager?«
    »Ich sag’s nicht; du musst mitkommen und es dir ansehen.«
    »Geht es dabei um Eremiten oder Verrückte?«
    »Keine Menschen«, erwiderte er.
    »Wie weit vom Garten entfernt?«
    »Nicht weit.«
    »Wir könnten Schwierigkeiten kriegen. Außerdem ist es schlammig draußen.«
    »Opa versteckt einen wunderschönen Park im Wald«, platzte Seth heraus.
    »Was?«, fragte Kendra.
    »Du musst es dir ansehen. Zieh Gummistiefel an oder irgendwas.«
    Kendra klappte das Buch zu.
     
    Das Sonnenlicht kam und

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