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Fabelheim: Roman (German Edition)

Fabelheim: Roman (German Edition)

Titel: Fabelheim: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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überzeugt, dass sie sich übergeben müsste. Bei ihrem Stichwort trat sie auf die hell erleuchtete Bühne, blickte in die düstere Menge und konnte ihre Eltern in dem Gedränge nicht finden. Der Auftakt zu ihrem Lied wurde gespielt, und als sie zu singen begann, löste die Furcht sich in nichts auf, und die Übelkeit verflog.
    Würde es heute genauso sein? War das Warten immer
schlimmer als das Ereignis selbst? Sobald sie dort ankamen, würde sie zumindest etwas tun können. Im Moment konnte sie sich nur Sorgen machen.
    Wie weit entfernt war diese verrückte Kirche? Oma hatte gesagt, dass Hugo nicht mehr als fünfzehn Minuten bis dorthin brauchen würde, da es den ganzen Weg lang bergab ging. Kendra hielt nach Einhörnern Ausschau, konnte aber keine fantastischen Geschöpfe sehen. Alle versteckten sich.
    Die Sonne hatte den Horizont erreicht und ging langsam unter. Oma deutete nach vorn. Vor ihnen stand mitten auf einer Lichtung ein altertümliches Gotteshaus. Es war ein einfacher Bau, kastenförmig mit einer Reihe großer, kaputter Fenster, und mit einem Türmchen, in dem vielleicht eine Glocke hing. Das Dach war eingesackt, und die Farbe war schon lange von den Holzwänden abgeblättert, die jetzt grau und rissig waren. Welche Farbe die Kirche ursprünglich gehabt haben mochte, war nicht mehr zu erkennen. Einige ausgetretene Treppenstufen führten zum Eingang hinauf, in dem früher einmal Doppeltüren in ihren Angeln gehangen hatten. Ein perfekter Ort für Fledermäuse und Zombies.
    Hugo verlangsamte sein Tempo, und sie blieben vor dem dunklen Eingang stehen. In der Kirche war alles still. Nichts ließ darauf schließen, dass irgendjemand während der letzten hundert Jahre hier gewesen war.
    »Bei Tageslicht wäre mir wohler zumute, aber zumindest ist es noch ein bisschen hell«, bemerkte Oma. Mit einem Werkzeug spannte sie die Sehne der kleinen Armbrust und legte den Pfeil mit der Silberspitze ein. »Lasst es uns so schnell wie möglich hinter uns bringen. Das Böse mag die Dunkelheit.«
    »Warum eigentlich?«, fragte Seth.
    Oma dachte einen Moment lang über die Frage nach, bevor sie antwortete. »Weil das Böse sich gern versteckt.«
    Kendra gefiel die Gänsehaut nicht, die sie bekam, als Oma das sagte. »Warum reden wir nicht einfach über schöne Dinge?«, schlug sie vor, während sie aus dem Wagen stiegen.
    »Weil wir Jagd auf Hexen und Monster machen«, erwiderte Seth.
    »Kendra hat Recht«, sagte Oma. »Es nützt uns nichts, düsteren Gedanken nachzuhängen. Wir wollen nur so schnell wie möglich wieder hier weg, auf jeden Fall bevor es ganz dunkel geworden ist.«
    »Ich finde immer noch, wir hätten ein paar Gewehre mitnehmen sollen«, meinte Seth.
    »Hugo!«, rief Oma. »Führe uns leise in den Keller. Beschütze uns vor Bösem, aber töte nicht.«
    Allein der Anblick des riesigen Goliath aus Erde und Stein tröstete Kendra. Mit Hugo als ihrem Beschützer konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie in irgendwelche größeren Schwierigkeiten geraten würden.
    Die Stufen ächzten, als Hugo hinaufstieg. Vorsichtig trat er in den großen Eingang. Die anderen folgten und hielten sich ganz dicht hinter ihrem imposanten Leibwächter. Oma legte ein rotes Tuch über die Armbrust, anscheinend um sie zu verbergen.
    Bitte, mach, dass Muriel nicht hier ist, betete Kendra schweigend. Bitte, lass uns Opa und Lena finden und nichts anderes!
    Von innen sah die Kirche noch gruseliger aus als von außen. Die vermoderten Bänke waren zerschlagen und umgekippt, die Kanzel war heruntergerissen worden, und die Wände waren mit braunen Kritzeleien beschmiert. Spinnweben hingen vom Dachstuhl herab wie Dämonenbanner.
Durch die zersprungenen Fenster und ein paar Löcher im Dachstuhl fiel das bernsteinfarbene Licht des Sonnenuntergangs, aber nicht genug, um die Dunkelheit ganz zu vertreiben. Nichts wies darauf hin, dass dies einmal ein Gotteshaus gewesen war. Es war nur ein großer, verfallener, leerer Raum.
    Die Dielenbretter knarrten, als Hugo auf Zehenspitzen zu einer Tür auf der gegenüberliegenden Seite der Kapelle schlich. Kendra machte sich Sorgen, dass der Boden nachgeben und Hugo eine abrupte Abkürzung in den Keller nehmen könnte. Er musste mindestens eine halbe Tonne wiegen.
    Hugo zog die halb verfaulte Tür auf. Der Eingang war für normale Menschen gedacht, und er musste sich ducken und zur Seite drehen, um sich hindurchzuzwängen.
    »Es wird alles gut«, sagte Oma und legte Kendra zur Beruhigung eine Hand auf die

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