Facetten der Lust
Hunger nach Berührung war so übermächtig, dass sich ihre Haut wie elektrisiert anfühlte.
In ihrem Nacken spürte sie ein Kribbeln, als würde sie beobachtet. Suchend sah sie sich um. Immer wieder glitt ihr Blick zu der Spiegelwand schräg über ihr. Jedes Mal, wenn sie hinauf sah, beschleunigte sich ihr Herzschlag. War er hier? Konnte das sein?
Dreh nicht durch, Sara. Er existiert nicht, ist nur ein Produkt deiner überreizten Fantasie. Und was willst du mit einem Mann, der so viel Hass in sich trägt?
Sie holte tief Luft und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Es gelang ihr nicht. Zu groß war das Bedürfnis nach Sex. Und doch ignorierte sie die begehrlichen Blicke der in schwarzes Leder oder Latex gekleideten Männer. Sie wollte sie nicht, keinen von ihnen. Ihr Sehnen galt einem bestimmten Mann, auch wenn er nur in ihren Träumen existierte, sie heimsuchte, wie ein alles verzehrender Fluch. Der Mann ihrer Visionen machte sie rastlos, ließ sie Dinge tun, derer sie sich vor ein paar Wochen noch geschämt hätte. Wie zum Beispiel in diesen Club zu gehen, der von aufbrausender sexueller Energie geschwängert war.
Im ersten Moment dachte sie, sie träumte. Gleichwohl bewegte sich ihr Körper zur Musik. Sie wiegte sich im Takt, spürte die Hitze der Menschen um sich herum und den Schweiß auf ihrer Haut. Sie schlief nicht.
Er stand völlig unbewegt nur wenige Meter vor ihr und starrte sie an.
Er war es, und doch wieder nicht. Sein Haar war lang und schwarz, wie in ihren Träumen. Die schlanke, drahtige Gestalt steckte in schwarzer Kleidung, die seinen Körper verführerisch betonte. Wie Lava jagte das Verlangen nach ihm durch ihre Adern. Saras Herz raste.
Seine Augen! Seine Augen sind voller Begierde
.
Unwiderstehlich fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Sie trat einen zögerlichen Schritt auf ihn zu. Die Tanzenden um sie herum versperrten ihr den Weg und sie schlängelte sich an einem Pärchen vorbei, das seine Körper lasziv aneinander rieb. Für einen Augenblick war sie abgelenkt. Als sie aufblickte, war der Fremde verschwunden.
Hatte sie ihn sich nur eingebildet? Wie sollte es auch anders sein? Er war ein Hirngespinst, nicht real.
Sie hatte das Gefühl, allmählich den Verstand zu verlieren, zwängte sich durch die Menschenmenge und steuerte eine Theke an. Eigentlich trank sie nie, doch vielleicht beruhigte der Alkohol ihre flatternden Nerven?
Er presste seinen Körper an den ihren und hauchte seinen heißen Atem in ihren Nacken.
»Ich habe dich hier noch nie gesehen.«
Seine Stimme war dunkel, etwas heiser und ließ Gänsehaut über ihren Leib rasen.
Selbst wenn Sara gewusst hätte, was sie darauf antworten sollte, sie konnte nicht. Ihr Herz schlug so wild gegen ihre Rippen, dass sie keinen Laut hervorbrachte. Als er seinen Kopf nach vorne beugte und sein langes Haar ihre Schulter herabfiel, schloss sie bebend die Augen.
Er war es! Er, dessen Blick sie gesucht hatte. Der Eine, von dem sie Nacht für Nacht träumte, der alles vereinte, was sie begehrte und ersehnte.
Erneut drängte er sich an sie, zwängte sie zwischen seinem Körper und der Theke ein. Seine Hitze bedeckte ihren Rücken. Er nahm ihr allen Raum, jegliche Privatsphäre, und doch war sein Drängen das Schönste, was sie je erlebt hatte.
»Wenn du spielen willst, folge mir«, raunte er in ihr Ohr.
Sie wusste, sie sollte es nicht wollen, sich nicht danach verzehren und dennoch …
Als entwickelten ihre Beine ein Eigenleben, setzte sie sich in Bewegung und folgte der schlanken, in Schwarz gekleideten Gestalt in einen Gang.
Vor einer Stahltür blieb er stehen und drehte sich zu ihr um. Seine Augen funkelten begierig, glitten einer Berührung gleich über ihren Körper und ein boshaftes Lächeln legte sich auf seine betörenden Lippen. Mit einer eleganten Geste stieß er die Tür auf.
»Tritt ein, in meine Welt!«
Sara schluckte krampfhaft. Weder ihren Herzschlag noch das Zittern ihres Leibes bekam sie in den Griff. Sie versank im Blick seiner dunklen Augen, die Verheißung und die Erfüllung ihrer dunkelsten Fantasien versprachen.
Scheu betrat sie den kargen Raum. Die nackten Steinwände und das spärliche Kerzenlicht schufen die Atmosphäre eines Kerkers. Als die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss fiel, begann Sara noch mehr zu zittern.
Der Fremde umrundete sie.
Er betrachtete sie eingehend und seine Miene verriet nicht, was er dachte. In ihre Angst und ihr Verlangen mischte sich Unsicherheit.
Sie wusste, sie war nicht
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