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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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sie mich überhaupt durchgelassen haben, Senhor Ilídio, sogar Kriegsschiffe fahren auf dem Tejo von einer Seite zur anderen, die wollen nicht, daß jemand das Haus verläßt, und eine nicht mehr kontrollierbare Menschenmenge geht den Chiado in Richtung Pide, zum Largo do Carmo hinauf, und wenn da nicht ein Major gewesen wäre, hätten sie einen Agenten der Geheimpolizei totgeschlagen, der wahrscheinlich nicht mal einer war, ein Typ mittleren Alters, der, das Gesicht wie ein Kuchen, weinte, und der Onkel aus dem Glaskäfig des Büros, Trotz dieser Räuberpistole werde ich dir am Ende des Monats zwei Stündchen abziehen, und du hast noch Glück gehabt, wenn ich dich nicht wegschicke, er wies sie an, die Laster zu beladen, und sein Husten schluchzte matt durch die Fenster, er zog die Pumpe aus der Hose und drückte auf den Gummiapfel zum bangen Schlund hin, man erkannte, daß ihn die Buchhalterin gerührt und lächelnd tadelte, der Alte und der Stumme fuhren im neuen Peugeot los, wir blieben und kratzten uns an den räudigen Wänden den Schorf, die Mäuse
galoppierten hinten im Lager, und kurz darauf wieder das Geräusch des Wagens, die breite weiße Schnauze erschien dort oben, Sie haben uns nicht durchgelassen, Senhor Ilídio, Sie können sich den Wahnsinn gar nicht vorstellen, auf den wir gestoßen sind, mein Onkel öffnete die Schreibtischschublade, schob Paketbandrollen, fleckige Papiere, Scharniere, Bleistiftanspitzer, Kästchen mit Schrauben und Nägeln, einen kleinen Papierlocher, verschiedene Schraubenzieher, eine zerbrochene Brille, einen leeren Rahmen zur Seite und erreichte schließlich ein Tablettenröhrchen, legte eine Scheibe auf seine Zunge, warf die Blumen in den Weidenkorb und trank das Wasser aus der Vase, um die Pille runterzuschieben, fiel atemlos mit leerem Blick auf einen Holzstuhl, kaute nicht entzifferbare Schlußfolgerungen, der Sprecher wurde von Kommuniqué zu Kommuniqué optimistischer, siegesgewisser, triumphierender, versprach jeden Augenblick den Sturz der Regierung, Demokratie, Freiheit, die verbrauchten Batterien des Radios des Alten machten es schwierig, den Wortschwall zu verstehen: wir hörten alle, auf einem zerfetzten Samtkanapee hockend, verwirrt zu, ohne recht zu verstehen, die Buchhalterin klopfte mit den Fingerknöcheln an die Fensterscheiben, um mich zu rufen, sie schminkte sich jetzt die Augen und den Mund, trug enge Kleider, Haarspray im Haar und den Duft nach Lavendelsäckchen, der mich an den Winter, an Regen, an mit Nichtstun verbrachte Sonntage zu Hause erinnerte, wenn das Wasser monoton von den zerborstenen Firsten der Dachpfannen fiel, ich sprang die zerkratzten Betonstufen hinauf, die Buchhalterin stellte liebevoll die Blumen wieder auf den Schreibtisch, und mein Onkel hob, aufgewühlt, die Fäuste an der Stirn, ein ängstliches, zitterndes Kinn zu mir, Geh und krieg raus, was da los ist, und komm wieder und erzähl es mir, denn er verstand überhaupt nichts, Herr Hauptmann, weil ihm das alles wie ein merkwürdiger Alptraum, eine wahnsinnige Lüge vorkam, die Welt stand plötzlich kopf, eine Sintflut, ein Schiffbruch, eine Katastrophe, eine ungeheure Bedrohung, das Leben umgekehrt, nicht mehr zu leben,
ständig grub er die Pumpe aus dem Futter, hielt das kleine Glasröhrchen ans Zahnfleisch und pfffft, pffffft pfffft, wahrscheinlich stellte er sich vor, daß die Medizin alles wieder an seinen Platz zurückversetzte, alles wie früher war, die Anspannung vergehen, die Angst enden, die Kompasse in den Köpfen versteinern würden, Sie werden die Minister festnehmen, verkündete der Mulatte Isidoro, der sein Haar mit Kilos verzweifelter Brillantine glatt machte, sie werden sie zu den Bären und Affen im Zoologischen Garten stecken, in der Umgebung hatte nicht einmal die Taverne aufgemacht, man sah keine Frau auf der Straße, so ein Mist, der Soldat nahm den kleinen Lieferwagen aus dem Lager, versuchte eine komplizierte Route zur Unterstadt, doch irgendwann sah er in der Ferne einen Berliet des Heeres, der Typen in Kampfanzügen beförderte, daher parkte er den Wagen, zwei Reifen auf dem Bürgersteig, in einer engen Querstraße und ging dicht an den Wänden zu Fuß zum Camões, wo mehr Militär zusammengezogen war, Menschen den Soldaten applaudierten, ihnen Essen, Zigaretten, Milch anboten (Was ist denn hier los? dachte er wie vom Donner gerührt, was ist denn hier los?), zum São Carlos hin knallten Schüsse, Alle zur Pide, brüllte ein sehr hochgewachsener,

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