Fado Alexandrino
Herr Hauptmann, ließ der Soldat nicht locker. In zehn Jahren, wenn wir beide dann noch da sind, zahlt der, der verliert, dem anderen eine Flasche Wein aus Colares.
Er stolperte die Stufen hinauf (die Sohlen quietschten entsetzlich laut in der Stille), erreichte den Treppenabsatz, und Olavo schob ihn in einen kleinen vollgestopften Raum, links hing ein Stilleben mit Hasen und Fasanen, und von dort in ein etwas größeres, ebenso melancholisches Zimmer mit Häkelgardinen, die die Sonne aussperrten, unendlich vielen Stühlen, Tischen, kleinen Konsolen mit Fotos (von wem?), Schränken voller Porzellan und Gläser, einem abgewetzten Sofa, dessen Beine in die Ecken eines Teppichs mit Blumenmuster bissen. Das kleine Skelett öffnete die Vitrine mit den Flaschen und goß sich ein Glas mit Anislikör ein, der Geruch nach Zucker wogte von fern an seine Nase, als würde im Stockwerk darüber eine Geranie wohnen.
– Möchtest du auch einen? bot Olavo mit seinem pedantischen Tonfall an und zeigte die Goldlettern auf dem Etikett. Echt spanisch, Mann, um deine Rückkehr zu feiern.
– Sie wollen wohl das Risiko nicht eingehen, Herr Hauptmann, forderte mich der Soldat heraus. Sie haben ja nur einen Mordsschiß davor, zu verlieren.
Lebt der Typ wirklich in dieser Bruchbude? fragte sich der Funker verblüfft, indem er die Möbel, die Fotos (ein Mann in
Uniform, Kinder, die aufmerksame Schnauze eines Terriers), die Tonfiguren auf den Häkeldeckchen näher betrachtete, ein weiteres Stilleben mit noch mehr Hasen hing dem Fenster gegenüber, das der spärliche Nachmittag wie ein Lämpchen erleuchtete, Olavo schmatzte hochzufrieden nach jedem Schluck. Seine Wohnung war das ganz bestimmt nicht, unmöglich, sich ihn in so einem resignierten, nutzlosen, alten Szenarium vorzustellen: ich hätte schwören mögen, daß er sich mit begeisterten Postern und revolutionären Slogans umgab, mit zerlesenen Büchern von Ho Chi Minh und Marx und mit Aschenbechern, überquellend von den zerquetschten Kippen endloser Diskussionen, die mit ihrem ranzigen Geschmack heroischer Vorhaben Bitterkeit im Mund hinterließen. Die Organisation hat sich während meiner Abwesenheit verbessert, dachte der Funker, hat sich mit raffinierteren Verstecken, perfekteren Verkleidungen versehen, vielleicht sogar neue Kampfformen übernommen: in anonymen Kellern bauten bärtige Typen, die weder Fragen stellten noch Zweifel hatten, Bomben, füllten Geschosse ab, telefonierten chiffriert, die Hand über der Sprechmuschel gewölbt, mit fernen Gesprächspartnern, orderten Maschinengewehre und Pistolen bei Genossen in Paris, die ihrerseits (stellte er sich vor) in miesen Vierteln mit undurchschaubaren, gierigen Marokkanern verhandelten. Das Regime würde in unsere Hände fallen, die Typen von der Geheimpolizei würden morgens ermordet an den Ecken liegen, die Minister in Panik, die Cheviotanzüge in Lumpen, heimlich über die Grenze nach Spanien fliehen, rote Fahnen würden die Fassaden der Häuser überschwemmen, die Plätze berstend voll sein mit erhobenen Fäusten, die im Chor die Internationale anstimmten.
– Vater, fragte das Mädchen, während es versuchte, seine Taille zu umfassen, ist alles in Ordnung, Vater?
Ein Gefühl von Benommenheit, ein Schwindel, hoher oder niedriger Blutdruck, die Emotionen wegen der Rückkehr, nichts von Bedeutung, es geht gleich vorüber. Der Geruch nach Erbrochenem
machte ihn sterbenselend, seine Beine versuchten vergebens, das Gleichgewicht zu finden, humpelten ziellos durchs Zimmer (den Kopf unter den Wasserhahn halten, und das kalte Wasser rinnt über den Hinterkopf, das Haar, den Hals, den langen Kanal des Rückgrats hinunter), die Kacheln hoben und senkten sich wie die Wellen am Strand, der Widerschein der Lampe über dem Waschbecken stach ihm mit tausend milchigen Nadeln in die Augenlider. Die Frau zog den Penis des Leutnants aus ihrer Vagina und begann ihn zu liebkosen, während ihre Zunge seine Brustwarzen reizte, auf der Brust verweilte, den Bauch hinunter zum Schamhügel glitt.
– Trink mich, brüllte er heiser, während alle Kraft der Nerven in der harten, gefühllosen Gabel der Schenkel konzentriert war, bereit, in kleinen, aufeinanderfolgenden Wellen aus Flüssigkeit zu explodieren.
Tochter und Ehemann drehten gemeinsam den Hahn der Dusche auf und halfen ihm, den Kopf unter den Wasserstrahl zu neigen, während der Oberstleutnant ersterbende Morseschniefer nieste und hustete.
– Na, wie war’s denn so in Afrika? fragte
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