Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
Vom Netzwerk:
Alfredo ist ein so zärtlicher Mensch.
    – Die Schaufensterpuppe guckte mich an, lächelte leicht, und mir wurde gleich ganz schlecht, sagte die Magere: diese Glasaugen sind zuviel für meine Nerven.
    – Was mich betrifft, verkündete die Mutter der Boutiquenverkäuferin, so gibt es für mich nichts Besseres als eine Wohnung in der Avenida de Roma neben dem Alvalade-Kino. Mit all den
Läden ringsum wird die Kleine nicht müde werden, einzukaufen.
    – Die Alte hat Sie zusammengefaltet, in die Tasche gesteckt, und Sie, Herr Oberstleutnant haben zugeschaut, lachte der Leutnant. Ich wette, in der nächsten Woche hatte die Kleine ihre Wohnung.
    Nicht in der nächsten Woche, aber im nächsten Monat, nicht beim Alvalade-Kino, sondern zwei Blocks hinter dem Vox, oberhalb eines chinesischen Restaurants voller Fächer in Vitrinen, voller Porzellanlöffel, Kellner aus Horrorfilmen und Lampen mit roten Fransen: ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, eine Küche, eine Duschkabine, ein verglaster Balkon, Haushaltsgeräte, Teppiche, ein Bett mit derart gescheuerten Messingarabesken, daß sie in den Augen brannten, wenn ich sie anstarrte, Fernseher, Plattenspieler, brüllende Musik, hier und dort kleine Eisentische und unzählige Nippesgegenstände: Bärchen, Zwerge, Vögel, Gläser mit aufgedruckten Gravuren, eine Fee aus Ton mit einem versilberten Stern auf der Hutspitze. Der verglaste Balkon lehnte sich wie zig andere zu einem rechteckigen Platz hinaus mit Bäumen und Grasbeeten und ewig verlassenen Bänken, leeren Läden mit geweißten Fensterscheiben, und es mußte in der Nähe eine Schule oder ein Gymnasium geben, da kurz nach Mittag Horden von zehn- oder elfjährigen Kindern quer über den Platz zogen, um in einer Art Tunnel zum Hospital Júlio de Matos hinüber zu verschwinden, wo die Verrückten grünlich und konvulsivisch zwischen den Büschen schrien. Er mußte sich das Geld für die Wohnung hinter dem Rücken der Parfümwolke leihen, und jedesmal, wenn er den Schlüssel in die Tür steckte, traf er auf Brüder oder Cousins oder Onkel oder Freunde oder auf ihre Eltern, die im Wohnzimmer saßen, den Whisky aus Armeebeständen tranken, die Knabbersachen aus Armeebeständen knabberten, Fleisch aus Armeebeständen verschlangen, sich unterhielten, einander in die Seite knufften, lachten, Herr Kommandeur, entschuldigen Sie mich bitte, wenn ich es Ihnen sage, warf betrübt der Soldat ein,
aber Sie waren ihr Glücksfall, Lucília kündigte in der Boutique, färbte ihr Haar blond, malte sich die Zehennägel an, stellte ein Dienstmädchen ein, kaufte einen scheußlichen Pekinesen, bekam im Nu Wechseljahrshintern und -brüste und lutschte von morgens bis abends, kaiserlich, cremig, beinahe flüssig auf einem Samtsofa hingegossen, Anisbonbons, wobei sie mit leicht gelangweiltem Gehabe in Fotoromanen blätterte. Der Oberstleutnant freundete sich schließlich mit dem Vater an, einem pensionierten Maschinisten, dem an der linken Hand fast alle Finger fehlten, dessen Lieblingsgesprächsthema Lokomotiven und Entgleisungen waren und der ihn am Ende, nachdem er ihn mehrfach diskret wie ein hungriger Geier umkreist hatte, jedesmal fragte, ob er nicht zwei- oder dreitausend Escudos in Scheinen zuviel in der Brieftasche habe, weil, morgen zahle ich es Ihnen ganz bestimmt zurück, Schulden bei Freunden, das ist etwas Heiliges für mich, und dennoch zahlte er sie natürlich niemals zurück, denn er vergaß es wohl, und dem Oberstleutnant war es peinlich, ihn daran zu erinnern, Lucília verlor das Interesse an den Bars und den Nachtclubs, widmete ihre Zeit eifrig dem Einkaufen von Kleidern und dem Dickerwerden, sie beklagte sich jede Woche, nackt auf der Waage stehend und speckzitternd, Ich habe drei Kilo zugenommen, Artur, und eines schönen Morgens bat Oberst Ramos nach dem Rapport respektvoll, Herr General, erlauben Sie mir eine kleine Bemerkung?, der Oberstleutnant stimmte zwischen Nebeln zu, und der andere, sehr ernst, Die Offiziere finden, daß Sie die Leitung der Schule vernachlässigen, Herr General, erst vorgestern ist ein Staatssekretär überraschend gekommen und hat niemanden vorgefunden, der ihn empfangen konnte, auf den Fluren des Ministeriums werden bereits nachteilige Dinge gemurmelt, Intrigen, Frauengeschichten. Er überlegte noch, ob er fragen sollte, Was für Dinge?, und nahm davon Abstand, dachte daran, sie alle zum Teufel zu jagen, und vergaß es wieder, er wollte nur, daß der Typ abhaute und er der Ordonnanz befehlen konnte,

Weitere Kostenlose Bücher