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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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eingebrockt) und brachte mit ersterbender Stimme, die bei jeder Silbe beschämt und erschöpft leiser wurde, heraus:
    – Inês ist schwanger.
    – Mariana wurde sieben Monate später geboren, Herr Hauptmann, kurz bevor wir uns in den Krieg einschifften, erzählte er, während er noch einmal von der Sahnecreme nahm. Mir kam sie wie ein im Bett brüllendes, runzliges Äffchen vor, meine Eltern beteuerten, sie sei hübsch. Jetzt ist sie eine Frau, sie bekommt schon Busen, möchten Sie ihr Foto sehen?
    Der Katechet begrüßte ihn am Eingang der Hütte mit vielen aufeinanderfolgenden Verbeugungen in Begleitung eines Jungen mit Krücken, den eine Krankheit am Rückgrat verkrüppelt hatte:
    – Der Bruder Ihrer Braut, Herr Leutnant, stellte ihn der Gottesmann äußerst wohlerzogen vor.
    Es hatte zu regnen aufgehört, und das Gras leuchtete, die Bäume leuchteten, der Abend leuchtete, die winzigen Hühner, die wie besorgte Geschäftsführer das Gras durchflöhten, leuchteten, der helle Friede, der den Nächten Afrikas vorangeht, leuchtete weit und rein wie eine gewaschene Lunge, wie ein konkaves, endloses Spitzenwerk. Der mit der Krücke hüpfte unruhig um mich herum:

    – Hast du die Flasche Schnaps mitgebracht, Herr Leutnant?
    – Inês ist schwanger? fragte der Schwiegervater eisig.
    – Halten Sie den Mund, Jaime, kommandierte die Frau, während sie die Bassets mit den Absätzen wegschob. Wann, sagten Sie noch, werden Sie zum Militär gehen, junger Mann?
    Der Alte, der in seiner Ecke döste, biß zerstreut in seine Teigtasche und fiel wieder in ein Koma zurück, das eines Managers würdig war, und sabberte dabei Krümel auf seine Weste. Der Leutnant schob die Tür der Hütte auf (es roch nach trockenem Maniok, nach dem unangenehmen, übelkeiterregenden Armutsgeruch des trockenen Manioks auf den Bastmatten, dem Leichenduft der Gipswurzeln, die krummen Oberschenkelknochen gleich auf den Dächern lagen), und in einem riesigen, klapprigen Ehebett, dessen Beine von Keilen und Backsteinstücken ersetzt worden waren, traf er auf das kleine Mädchen, das ihn, eine Holzpuppe im Arm, mit den ewig rätselhaften, merkwürdig erwachsenen Augen anstarrte, während hinter Inês die Kiefernzweige schaukelten und an der waagerechten Schuppe des Meeres weiße Gischtränder zitterten:
    – Nun mal sachte, hör damit auf, ich will nicht, bat sie mit geschlossenen Augen und schob seine Arme mit den ausgestreckten Handgelenken einer Blinden weg. Ich reiße dir die Unterhose weg, dachte der Leutnant, den die eigene Erektion in der Bewegung hinderte, ich reiße dir die Unterhose weg und schaffe es. Er sah Inês verloren an, sich nach einer Hilfe sehnend, die nicht kam, schneuzte sich, hustete noch einmal und zerfiel in der bangen Betrachtung seiner Schuhe:
    – Wie war noch mal Ihr Name? fragte ihn verächtlich die Schwiegermutter.
    Außer dem Bett standen da noch zwei kaputte Stühle, eine Schüssel mit Wasser, ein Stück in eine Zeitungsseite eingewickelte Seife. Das Mädchen zog sich mit kindlicher Eile, ohne die Puppe loszulassen, aus und legte sich auf die Matratze, die voller Buckel und Mulden war, und betrachtete eingehend die Strohdecke
mit den durchsichtigen Murmeln ihrer Augen. (Ein paar Blitze lärmten noch hier und da zum Fluß hin.) Sechs oder sieben Jahre, dachte der Leutnant, während er sein Hemd und seine Hose aufknöpfte, die Schnürsenkel der riesigen, stinkenden Stiefel löste und das Begehren (Seit wie vielen Jahrhunderten, Scheiße?) ihm langsam wie das Quecksilber im Thermometer die Schenkel hochkroch. Er legte sich vollkommen nackt neben die zerbrechlichen Salamanderumrisse des Mädchens und begann im knochigen, reglosen Profil der Beine wie in einer Tasche zu wühlen. Der Schwiegervater zündete unbehaglich die Pfeife an, saugte den Rauch mit vorgestreckten Wangen ein, die wie Pobacken aussahen. Der Leutnant bemerkte hochnotpeinlich berührt, daß seine Schuhe dringend neu besohlt werden mußten, und verbarg die ausgefransten Manschetten, indem er, so weit es ging, die Hemdsärmel hochzog. Er drang in das an ihre Puppe geklammerte Mädchen ein, überwand rasend den Widerstand von Schleimhäuten und fühlte, wie sein Körper beinahe unmittelbar danach weich wurde wie der von Insekten, die die Feuchtigkeit ihrer Flügel aus der weißlichen Larve befreien. Und so hob er das Kinn, blickte direkt in die ätzenden bifokalen Brillengläser der Schwiegermutter:
    – Ich heiße Jorge, sagte er.

5
    – Ob es mir schwergefallen

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