Fado Alexandrino
Eßzimmer, befahl die Schwiegermutter, während sie die Maschen zählte, und bitte Hilária, daß sie ihm was zu essen gibt: es muß noch eine Jenaglasschüssel mit Stockfisch übrig sein.
Das lila Haar rückte seine Strähnen mit gespenstischer Koketterie zurecht und ließ dabei mottenzerfressene Wimpernflügel flattern:
– Wo steckt Inês, ich habe sie noch gar nicht gesehen.
– Zweitausend, gab der Katechet zurück, und eine Hütte der Familie, nur damit sie und der Herr Leutnant miteinander reden können. Mutter gefällt’s, Vater gefällt’s, mir gefällt’s, wir geben eine Ziege als Mitgift, falls sie schwanger wird.
– Warum habt ihr es mit dem Heiraten denn so eilig? fragte die Schwiegermutter verwundert inmitten ihrer strengen, unzähligen Marmorbüsten. Es hat doch auch Zeit, bis er vom Militär zurückkommt, oder?
Der Ehemann bewegte sich auf dem Stuhl, als wollte er die Hinterbacken in den geflochtenen Sitz schrauben.
– Schweigen Sie, Jaime, fuhr sie ihn mit einem sauren Quäken an.
Der Leutnant stolperte über einen der Bassets, der sich erschrocken hinter einen Vorhang flüchtete, begegnete dem Schwiegervater, den niemand ansah, als er wie ein Fremder in der Nähe des gestrandeten Transatlantikdampfers von einem Flügel herumlief und die Taschen auf der Suche nach dem Pfeifenfeuerzeug abklopfte, küßte noch mehr prächtige Ringe, die nach Nagellack und überbackenem Stockfisch rochen, zählte zweitausend ab und übergab sie dem Katecheten, der sie sofort in den Lumpen der Hose verschwinden ließ. Das Mädchen schaute desinteressiert auf das menschenleere Militärlager und das Geschütz ohne Rückstoß, das, von einem Wachstuch bedeckt, auf den Busch gerichtet war.
– Morgen kriegst du die Flasche, schloß der Leutnant, wenn ich das Paket begutachtet habe. Jedenfalls lügst du wie gedruckt, du Scheißneger: ein Mädchen dieser Größe ist nicht älter als sieben Jahre.
Der Katechet krauste das Gesicht in einem wissenden Lächeln: Wie die Schmuggler in Lissabon, dachte er, die Typen, die einem auf den Treppenabsätzen der Häuser Radios, Kugelschreiber, Uhren, Decken, Tonbandgeräte andrehen wollen, alles schön anzusehen und wahnsinnig schlecht.
– Sie stammt von einer kleinen Rasse ab, Herr Leutnant, aber sie ist zehn, versicherte er. Ihr ist im letzten Monat zum ersten Mal das Blut gekommen.
Ein oder zwei Cousins von Inês streiften ihn, ohne ihn zu sehen, trieben, von der Karavellenbrise des Heroins gebläht, über die Auslegeware. Zu gut gekleidete Typen diskutierten Anleihen, Schulden, Börsenbewegungen, Bankgeschäfte. Er bemerkte vage im Nebenraum über Spielfilz gebeugte Wesen, hörte von irgendwoher die widerliche Arbeit des künstlichen Darmausgangs des Onkels, meines Chefs: Eben, mein Bester, da Sie in ein Familienunternehmen kommen, verlange ich mehr von Ihnen als von anderen, bilden Sie sich ja nicht ein, daß ich Ihnen die Aufgabe irgendwie erleichtern werde: und die Kötel hüpften durcheinander in den am Bauchnabel hängenden Gummibeutel. Das Eßzimmer war von einem riesigen verwüsteten Tisch eingenommen (Was für eine Heuschreckenplage ist denn hier durchgekommen?), ein alter Mann schlummerte, eine Teigtasche in der Hand, in einer Ecke. Während er sich Rotwein einschenkte, hörte er, wie Inês auf dem Korridor eine ihrer Schwestern rief (Wetten, daß die sich im Klo mit Gras volldröhnen, dachte der Leutnant, am kollektiven Schnuller einer von Mund zu Mund wandernden Fluppe), hochhackige Schuhe trotteten hinter seinem Rücken, ein Baby brüllte und überschwemmte den Teller mit Stockfisch, während er das schwarze Mädchen ansah (Wie viele Jahrtausende ohne einen ordentlichen Fick?), das ihm kaum bis
zur Taille reichte und deren unterwürfige Undurchdringlichkeit ihn irritierte.
– Ich werde noch heute die Hütte für den Herrn Leutnant säubern lassen, versprach der Katechet, aufgeregt wie vor einem Galaball: große tabakfarbene Regenwolken ballten sich im Osten, ein jäher Wind zischelte dicht am Boden, in wenigen Augenblicken würde es donnern: der Reißverschluß der Blitze würde, dem Zufall gehorchend, herabzischen und den Bauch des Busches durchbohren. Er hustete, wartete einen Moment, hustete erneut, die Herrschaften warteten ungeduldig, die Schwiegermutter steckte die Nadeln in das Knäuel, der Schwiegervater knetete die Pfeife mit den Fingern, der Leutnant umfaßte beide mit demselben panisch unbeholfenen Blick (Da habe ich mir zweifellos was
Weitere Kostenlose Bücher