Fächerkalt
Vollzugsbeamter öffnete von außen.
»Bleiben
Sie bitte ein paar Minuten hier drin«, bat Lindt ihn. »Wir brauchen etwas Zeit.
Ach, wo finden wir den Diensthabenden?«
»Dritte
Tür links«, kam die Antwort, dann verließen die Ermittler der Karlsruher Kriminalpolizei
den Raum.
»Jan, du
weißt, wo wir was suchen?«
Sternberg
hielt die Beweismitteltüte und die Latexhandschuhe bereits in der Hand. »In der
Zelle findet sich garantiert was, und wenn wir die Haare einzeln von dem Leintuch
klauben müssen.«
Es war bereits weit nach Mittag,
als sie zurück im Karlsruher Polizeipräsidium waren.
Die kleine
Plastiktüte wanderte in die Technik und mit dem unterschriebenen Geständnis machte
sich Oskar Lindt auf den Weg zu Staatsanwalt Conradi.
»Er sagt
nicht die Wahrheit«, berichtete der Kommissar über die Vernehmung. »Aber es ist
Ihre Entscheidung, ob und wie wir die Öffentlichkeit informieren sollen.«
»Wir müssen
die Medien endlich füttern«, entschied der Kurze. »Wenn wir später revidieren müssen,
können wir immer noch neue Erkenntnisse vorschieben. Pressekonferenz 16 Uhr? Einverstanden?«
Lindt stimmte
zu. »Wir werfen uns die Bälle zu, so wie immer.«
12
Die meisten Samstagszeitungen brachten
die Meldung zweispaltig an exponierter Stelle. ›Suizid stellt sich als Mord heraus‹,
titelten die Blätter und ›Wieder ein schneller Ermittlungserfolg der Karlsruher
Mordkommission. Tatverdächtiger bereits in U-Haft.‹ Dazu Bilder der Pressekonferenz
mit Staatsanwalt, Pressesprecher und Kommissar.
Oskar Lindt
war zufrieden, als er am Frühstückstisch den Bericht überflog. »Das gibt uns genügend
Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen«, sagte er zu Carla und bestrich seine Brezel
dick mit Butter. »Nichts Schlimmeres, als wenn einem diese Zeitungsfritzen im Genick
sitzen und jeden Tag dreimal bei der Pressestelle anrufen.«
»Soll das
heißen, wir haben das Wochenende für uns? Nur für uns?«
»Hab ich
gut hinbekommen, oder?«
»Gib mir
mal dein Handy«, sagte Carla, und drückte, als sie es hatte, den entscheidenden
Knopf. »Aus! Nur so haben wir wirklich unsere Ruhe.«
»Eigentlich
würde ich gerne was mit dir unternehmen«, lächelte Oskar und genau dieser Gesichtsausdruck
war es, der seine Frau misstrauisch machte. »Was hast du vor? Raus mit der Sprache?«
»Och …«
Lindt trat ans Fenster und schaute zum grauen Himmel. »Dieser Nebel … Wie wäre es,
wenn wir in die Sonne …?«
»Hört sich
gut an«, antwortete Carla lauernd.
»Auf den
Bergen wohnt die Freiheit …«
»Was, Bayern,
König Ludwig, Neuschwanstein? Ist das nicht etwas weit?«
»Dann bleiben
wir halt in der Nähe. Vor ein paar Tagen war ich ja mit Paul da oben im Schwarzwald.«
»Du Schuft!
Ich wusste es doch. Etwa bei diesem Einsiedler, der euch fast erschossen hätte?
Nein, danke.«
»In der
Gegend waren wir beide noch nie. Es gibt dort wirklich urig alte Schwarzwaldhöfe,
gepflegte Gastlichkeit …«
»Und riesige
Portionen Bauernvesper? Das sieht dir wieder ähnlich.«
Carla überlegte:
»Kein dienstlicher Gedanke. Versprochen?«
»99 Prozent
privat, ein Prozent Restrisiko. Ehrlich.«
»Sei vorsichtig
mit diesem Wort, mein Lieber. Ich kenne dich lange genug. Aber gut, wenn wir dieser
trüben Nebelsuppe entkommen können.«
Oskar drückte
seine Carla an sich und eine Stunde später startete das Ehepaar Lindt zu einem Wochenendausflug
auf die Höhen des Mittleren Schwarzwaldes.
Der alte blaue Mercedes-Diesel,
der manchmal tagelang in der Garage stand, brummte freudig bei der Fahrt in südlicher
Richtung. Die aussichtsreiche Schwarzwaldhochstraße zwischen Baden-Baden und Freudenstadt
war für die beiden Karlsruher seit Jahren ein Muss. Sooft es ging, kamen sie hierher.
Bereits kurz hinter der mondänen Bäderstadt lichtete sich das Nebelmeer und als
sie auf der Bühlerhöhe die erste Rast machten, konnten sie die angenehm wärmenden
Strahlen der Herbstsonne genießen.
Bei der
Mittagseinkehr in der Kniebis-Hütte studierte Oskar die Landkarte. »Hier wollte
ich schon immer einmal hin«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf einen weiter
südlich gelegenen Berg namens Brandenkopf. »Verträgst du kurvige Sträßchen, bergauf,
bergab?«
»Wenn du
schön langsam fährst«, stimmte Carla zu.
Hinunter
ins Renchtal nahmen sie die B 28, die breite Bundesstraße. »Hier wurde Reichsfinanzminister
Matthias Erzberger ermordet«, verkündete der Kommissar, als sie an einem
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