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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
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damals sofort rausgeschmissen, als ich dahinterkam, wo die zum Joggen immer
hingefahren ist.«
    »Nur bei
der Frau vom Großholzer hat er’s bisher nicht versucht, aber der mäht ihm auch jedes
Jahr zweimal die Wiesen«, ergänzte der andere Jäger. »Dieser von Villing meint,
er könnte immer und überall machen, was er will.«
    »Ich dachte,
das wäre ein alter Mann«, sagte Lindt vorsichtig.
    »Wenn Sie
sich da nur nicht täuschen. Außerdem ist der schon über 20 Jahre dort droben. Da
kann eine Menge passieren. Aber bitte, fangen Sie bloß da drin in der Wirtschaft
nicht mit diesem Thema an.«
     
    »Gib’s zu, du hast die Kerle ausgefragt«,
zischte Carla, als Lindt nach viel zu langer Zeit zu ihr an den Tisch zurückkam.
    »Ich konnte
es einfach nicht lassen. Stell dir vor, der Alte, über den sie so geschimpft haben,
schnappt ihnen nicht nur die besten Rehböcke, sondern auch die Frauen weg. Auf den
haben alle einen Mordshass.«
    »Wahrscheinlich
nur die Männer«, kam die Antwort ziemlich spitz. »Ich glaube, den sollte ich mal
kennenlernen.«
    An diesem
Abend sagte Oskar Lindt nicht mehr besonders viel.

13
     
    Am nächsten Morgen hatte Lindt die
Bemerkung seiner Frau verdrängt. Nach einem opulenten Frühstück war die Welt für
ihn wieder in Ordnung. Die Aussicht auf eine weitere wilde Köstlichkeit von der
Speisekarte – nachdem sie den Aufenthalt um eine Übernachtung verlängert hatten
–, ließ ihm bereits am Vormittag das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    »Los, komm,
zieh endlich die Wanderschuhe an«, forderte ihn Carla auf. »Jetzt will ich wirklich
sehen, wo dieser Mensch wohnt.«
    »Was?« Oskar
war sprachlos. »Ich dachte … Wir hatten doch gesagt … nichts, was mit dem Dienst
zu tun …«
    »Hat sich
eben geändert«, sagte seine Frau kurz angebunden. »Ich nehme an, du weißt, wo wir
hinmüssen.«
    Halb widerstrebend,
halb neugierig studierte Lindt die Wanderkarte und steuerte anschließend den alten
Mercedes über die Waldsträßchen. Er stellte das Auto auf einem Wanderparkplatz ab
und versuchte, sich zu orientieren. »Da geht’s rüber.«
    Eine gute
Stunde wanderten sie durch dichte Wälder. Immer wieder kamen sie an einsam gelegenen
Höfen vorbei, herrlich im herbstlichen Sonnenschein gelegen. Auf den Wiesen weideten
Herden von Milchkühen das letzte frische Gras dieses Jahres ab und dann und wann
trafen sie auf andere Wanderer, die zu zweit oder in kleinen Grüppchen die wunderbare
Natur genossen.
    Lindt machte
am Waldrand halt. »Weiter gehen wir nicht. Ich traue ihm zu, dass er mich selbst
aus einiger Entfernung erkennt.«
    Er zeigte
auf das riesige Dach des alten Hofes, der inmitten der Wiesen thronte.
    Sie setzten
sich auf einen Holzstamm neben dem Wanderpfad, ließen sich von der Sonne wärmen
und dösten in den schönen Sonntag hinein.
    Plötzlich
stand der Hund vor ihnen. Vor Schreck konnten sie sich nicht mehr regen, obwohl
der Deutsch-Drahthaar keine Angriffsabsichten zu haben schien. Allein seine Größe
und das borstige Fell genügten, um die Lindts erstarren zu lassen.
    Die bekannte
Stimme ertönte von hinten: »Schon wieder!«
    Oskar und
Carla fuhren herum.
    »Warum lassen
Sie mich nicht einfach in Ruhe?«
    Wie beim
ersten Zusammentreffen war er völlig lautlos aus dem Wald gekommen und baute sich
vor den beiden auf. Er wirkte noch größer als sonst. »Merken Sie sich: In meinem
Wald gilt mein Gesetz!« Fast unhörbar pfiff er seinen Hund zu sich, ehe ihn im nächsten
Augenblick das Unterholz wieder verschluckte.
    Die Lindts
brauchten einige Sekunden, um sich aus ihrer Schockstarre zu lösen, dann sprang
Carla auf und zog ihren Mann in die Höhe. »Hast du seine Augen gesehen? Komm, weg
von hier. Ganz schnell.«
    Oskar kam
kaum nach, so hastig eilte seine Frau auf dem schmalen Fußweg zurück zum Auto. »Uuh,
ich hab immer noch eine Gänsehaut!« Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
    »Komisch,
ich denk’ Frauen stehen auf solche kernigen Naturburschen.«
    »Diese Augen«,
Carla schüttelte sich, »und dazu die lange Gestalt und der schlohweiße Bart. Den
musst du nur in einen Kaftan stecken und ihm einen Turban um den Kopf wickeln, fertig
ist der afghanische Freiheitskämpfer. Nein, nein, der ist mir unheimlich. Fahr endlich
los, zurück in den Adler.«
    Erst im
warmen Wasser des ›Schwarzwald Spa‹ beruhigte sie sich langsam. »Ihr müsst echt
aufpassen. Von dem geht nichts Gutes aus. Das konnte ich sehr deutlich spüren.«
Nur langsam verarbeitete sie das

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