Fächerkalt
punkten, denn er zauberte die Badesachen aus seinem Wanderrucksack
hervor.
Die beiden
genossen ein Stündchen Erfrischung und Entspannung im wohligen Nass des Hallenbades,
kosteten das Wasser aus dem Quellbrunnen der Adler-Quelle und wagten sich sogar
hinaus in das ganzjährig beheizte Freibad.
Schließlich
meldete sich Oskars Magen. »Wir können ja später noch mal …«, schielte er zu Carla,
die sich von den Massagedüsen gar nicht losreißen wollte.
»Eigentlich sollten wir länger hier
bleiben«, meinte er nach einem Blick auf die Naturpark-Speisekarte. ›Geschnetzeltes
aus der Wildschweinkeule‹, ›Terrine vom Damhirsch‹ oder ›Rehrücken aus heimischer
Jagd, in zwei Gängen serviert‹, müsste ich eigentlich unbedingt probieren.«
Seine Frau
antwortete nicht, sondern warf nur einen schiefen Blick auf die beachtlichen Rundungen
an Oskars Körper, bestellte eine ›Fangfrische Schwarzwaldforelle aus eigenen Weihern‹
und meinte strahlend: »Kein Problem, mein Lieber, lass uns einfach öfter hierher
kommen.«
»Na, wer
hat denn diesen Förster erlegt?«, flachste Lindt mit der dirndlgekleideten Bedienung,
als sie ihm den ›Försterteller‹ mit Steaks von Reh-, Rot- und Damwild und sautierten
Pilzen servierte.
Die junge
Frau mit dem dunkelbraunen Zopf war die Sprüche der Gäste wohl gewohnt, ließ sich
nicht aus der Ruhe bringen und zeigte zum Stammtisch. »Bestimmt einer von den Grünen
dort drüben. Am besten, Sie fragen die selbst.«
Die lautstarke
Unterhaltung der fünf Jäger war nicht zu überhören. Einer stellte ein abnormes Rehgehörn
mitten auf den Tisch und erzählte anschließend mindestens sieben Mal, wie er diesen
›uralten, heimlichen Recken‹ zur Strecke gebracht hatte. Ein anderer zog die langen
Hauer eines Keilers aus der Tasche seiner Lodenjoppe und berichtete mit drastischen
Worten, wie es ihm gerade noch gelungen war, das angreifende Wildschwein mit einem
Schuss aus der Hüfte zu stoppen.
»Alles Jägerlatein«,
raunte Lindt halblaut zu Carla. »Wenn die wüssten, wie ich aus der Hüfte …«
Er stutzte,
denn am Stammtisch wurde nun plötzlich ein anderes Thema durchgenommen. Weitaus
emotionaler als vorher ging es um: »… schießt immer an der Grenze …«, »… hat mir
den besten Bock vor der Nase weg …«, »… knallt alles ab, der Alte, alles, was ihm
vor den Lauf kommt …«
Lindt brauchte
nicht lange zu überlegen. Als die Wirtin sich dazustellte und die Jäger mit den
Worten aufzog: »Von dem bisschen Wildbret, was ihr hier anliefert, würden unsere
Gäste längst nicht satt. Zum Glück haben wir den Alten, der versorgt uns prima!«,
war ihm sofort klar, über wen da geschimpft wurde.
»Hierher,
an den Stammtisch, soll er sich besser nicht trauen, sonst …« Ein sehr korpulenter
Grünrock ballte die Faust und erntete lautstarke Zustimmung seiner Jagdkumpane.
»Purer Neid,
wenn ihr so über ihn herzieht«, konterte die Wirtin und brachte eine neue Ladung
Bier. »Der kann’s halt, das Jagen. Ich sag euch, der ist wirklich ein erfahrener
Fuchs. Von dem könnt ihr noch viel lernen.«
Anscheinend
hatte sie hier wirklich das Sagen, denn die Gesellschaft ging umgehend zu einem
anderen Thema über.
Lindt wollte
noch länger zuhören, doch er bemerkte den kritischen Seitenblick seiner Frau. Dann
kam ihm der Zufall zu Hilfe.
Der korpulente
und ein jüngerer Jäger erhoben sich schwankend und machten sich offensichtlich auf
den Weg zur Toilette. Der Kommissar wartete eine halbe Minute, ehe er die Chance
ergriff. »Mal kurz für kleine Jungs« – weg war er.
Am Waschbecken
sprach er sie an. »Muss ja ein übler Kerl sein, Ihr Jagdnachbar.«
»Der«, ballte
der Dicke die Faust erneut und seine kleinen, von Fett fast zugeschwollenen Schweinsäuglein
blitzten. »Wenn ich den mal im Dunkeln erwische!«
»Unsere
Rehe werden jedes Jahr weniger«, schimpfte der andere. »Lockt sie über die Grenze
und dann – peng! Wir haben das Nachsehen.«
Lindt gab
sich verständnisvoll. »Ist er auch sonst so schlimm oder nur auf der Jagd?«
Der Dicke
begann zu kochen: »Seit der sich den Hof unter den Nagel gerissen hat – den größten
Hof weit und breit übrigens –, seitdem ist hier der Teufel los. Sie sollten mal
seine Augen sehen, kohlschwarz, sieht aus wie der Leibhaftige!« Er packte Lindt
an den Schultern und schüttelte ihn. »Aber die Weiber fliegen auf ihn. Der jagt
alles, was zwei Beine hat und einen Rock trägt.« Er wurde leiser. »Ich hab meine
Alte
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