Faeden des Schicksals
darüber reden. Sie konnte das alles sehr nüchtern angehen. Sie würde sicher eine Lösung finden.
Caitlyn packte die Zeitung ein und machte sich auf den Weg. Während der Fahrt wurde sie nervös. Die Bilder gingen ihr nicht mehr auf den Kopf. Mit diesem Artikel war für sie endgültig der Beweis erbracht, dass sie nicht verrückt war. Sie hatte das Mädchen zuvor nie gesehen, wie sollte sie sich genau diese Fremde einbilden?
Sie erreichte die Praxis und öffnete mit fahrigen Fingern die Tür.
„Guten Morgen, Miss White.“ Die Sprechstundenhilfe kam aus dem Umkleidezimmer und lächelte. „Ich dachte schon, Sie kommen auch nicht mehr und ich müsste heute alles alleine machen.“
„Maggie .“ Caitlyn sah sie erstaunt an. „Weshalb? Ist Laarni nicht hier?“
„Nein.“ Sie sah auf. „Ich dachte , Sie wüssten etwas. Ich habe bisher keine Info von ihr bekommen, aber es war schon seltsam, als ich heute Morgen selbst aufschließen musste. Sie ist ja sonst immer deutlich vor mir hier.“
„Ich werde Sie gleich mal anrufen.“ Caitlyn fuhr sich nervös durch die Haare.
Warum war sie nicht hier? Sie ging in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Schnell wählte sie Laarnis Nummer. Es klingelte. Mehrmals. Niemand nahm ab. Caitlyn dachte einen Moment nach, versuchte es dann auf ihrem Festnetz. Das gleiche Ergebnis. Nicht einmal der Anrufbeantworter war angestellt. Frustriert ging sie nach vorne zum Tresen.
„Und?“ Maggie sah sie fragend an.
„Ich erreiche sie nicht.“ Caitlyn starrte nachdenklich vor sich hin. „Wir warten noch auf sie, aber warnen Sie die Patienten vor. Ich weiß nicht, was mit ihr ist, aber zur Not müssen wir die Termine absagen und verschieben.“
„Sicher.“ Maggie nickte und machte sich gleich an die Arbeit. Caitlyn verschwand in ihrem Behandlungszimmer und kümmerte sich um den ersten Termin, den sie heute hatte.
Nach jedem Patienten nahm sie sich die Zeit, zum Telefon zu greifen. Doch das Ergebnis blieb das gleiche; es klingelte, niemand nahm ab.
Was sollte das nur? Laarni war nie unzuverlässig gewesen. Sie würde niemals von der Arbeit fernbleiben , ohne sich zu melden.
Es musste etwas passiert sein!
Zur Mittagspause rief sie Delilah an. Vielleicht wusste sie etwas. Doch auch diese Freundin war nicht zu erreichen. Zwar ging die Mailbox an, aber sonst geschah nichts. Caitlyn hinterließ eine Nachricht, dass sie sich melden sollte, sobald sie das hier abhörte und legte frustriert auf.
Der Arbeitstag war zur Hälfte geschafft und von Laarni immer noch kein Lebenszeichen. Maggie hatte alle Patienten angerufen und ihnen abgesagt.
Caitlyn suchten inzwischen Kopfschmerzen heim. Sie kam wenig entspannt von der Pause zurück und war bei der Arbeit nicht ganz bei sich. In einer kurzen Pause zwischen ihren Patienten ließ sich Caitlyn auf die Liege fallen. Es dauerte einen Moment, in dem sie den Kopf in den Nacken legte und die Augen schloss.
Es half nichts. Kaum senkten sich die Lider, erschienen die Bilder aufs Neue, die sie verdrängen wollte. Kombiniert mit der Sorge um Laarni erschuf ihre Fantasie unschöne Bilder.
Mit einem Ruck öffnete sie die Augen. Dieser Mörder war bei Laarni in der Gegend gewesen. Wenn er nach seiner Tat …
Sie brach die Gedanken ab und stand energisch auf. Es hatte alles keinen Sinn. Sie durfte sich nicht ständig ablenken lassen. Ihrer Freundin ging es sicher gut. Sie war zu Hause angekommen, sie würde niemandem einfach so aufmachen und es wäre schon ein unglaublicher Zufall gewesen, wenn er nach dem Mord zu ihr gegangen wäre.
Caitlyn ging hinaus, nahm die nächste Patientenakte zur Hand. Der Mann war sicher schon im Zimmer. Maggie rief die Leute immer auf und schickte sie vor. Sie musste etwas tun. Das war ihr Job, sie sollte sich konzentrieren. Sie betrat ihr Zimmer, sah starr auf die Akte. Es stand nichts darin. Nur der Name: Elion Haven.
„Herr …“ Sie sah weiter auf die Akte. „Haven. Was kann ich für Sie tun?“
Vor ihr saß ein Mann, der den Kopf hängen ließ, sodass sie ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Seine Klamotten waren schlicht, eine einfache Jeans, ein weißes Shirt.
„Du bist es …“, glaubte sie ihn flüstern zu hören.
Mit einem fragenden Blick sah sie ihn an. „Wie bitte?“ Vorsichtig ging sie näher zu ihm.
Etwas stimmte nicht.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie erneut.
„Ich habe … Schmerzen in der Brust.“ Er schien weiter zusammenzusinken. Die Stimme klang irgendwie kratzig.
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