Fähigkeiten unbekannt
seinen niederschmetternden Rußlandfeldzug unternommen hat. Also sieht es so aus, als wäre jemand dagewesen, der diesen Verbrechern das Handwerk legte, ehe sie die Macht erringen konnten. Das können nur wir sein.«
Er starrte mich fassungslos an. Seine Hände zitterten.
Zehn Minuten später hatte ich ihm eine Injektion gegeben. Das Nervenmittel wirkte auch bei mir. Wir wurden entschieden ruhiger.
Es war alles so fürchterlich. Sobald man seinen logischen Verstand einschaltete, stieß man laufend auf Wenn und Aber. Ich fand einfach keinen vernünftig erscheinenden Ausweg, nicht einmal in meinem tiefsten Innern.
Allmählich begann ich zu begreifen, daß die Bewegungen dreidimensional eingestellter Lebewesen in der übergeordneten Ebene der vierten Dimension mehr als schwierig waren. Ich wußte nun, was man unter dem verallgemeinerten Begriff der Relativität wirklich zu verstehen hat. Folge: Ich kam nicht mehr mit! Hannibal schaltete kurz, und die beiden Sergeanten flohen in den Schutz der absoluten Gedankenlosigkeit. Das mochte noch das beste Mittel sein.
Ich konnte meinerseits nicht so einfach das Denken einstellen. Die Überlegungen kamen in zwangsläufiger Folge. Sie wurden quälend, da ich keine logische Begründung fand. Eine einwandfreie Beweisführung war überhaupt nicht möglich.
Was mußte geschehen, wenn wir das Gefecht nun wirklich zugunsten der Kürassiere verhinderten? Dann konnte es einfach nicht sein, daß wir vor kurzer Zeit die sterblichen Überreste eines dieser Soldaten begutachtet hatten! Ein verrückter Gedanke; ein fürchterlicher Gedanke!
Nein und dreimal nein, wir durften es nicht tun. Professor Goldstein hatte zu eindringlich vor unbedachten Veränderungen gewarnt.
Meine Unruhe hatte sich nicht verbergen lassen. Hannibal fragte leise:
»Also nicht?«
Ich schüttelte stumm den Kopf. Wortlos legte sich der Kleine auf sein Bett.
Mein Gewissen ließ sich nicht so einfach beschwichtigen. Warum hatte man ausgerechnet uns mit diesem Einsatz beauftragt! Ob das ein normaler Mensch überhaupt ertragen konnte? Die seelischen Belastungen wurden allmählich unerträglich.
*
. Juni 1811, fünf Uhr zweiunddreißig.
Die Pferde standen im dichten Schilfgürtel des nahen Ufers. Wir hatten sie sorgfältig angebunden. Ich hoffte, daß niemand in die Nähe der unbewachten Tiere käme.
Sergeant Polks lag oben auf der Anhöhe. Er konnte bis zum Strom hinüberblicken. Außerdem vermochte er die gesamte Straße zu übersehen.
Hannibal und ich waren hinter einigen Büschen nahe dem Straßenrand in Deckung gegangen. Tundry hielt sich auf der anderen Seite auf. Er hockte in einer Astgabel der Bäume. Das war eine gefährliche Position, aber er hatte auch ein hervorragendes Schußfeld.
Die Magazine der getarnten M-Karabiner hatten wir ausgewechselt. Natürlich konnten wir hier nicht mit den Thermo-Rak-Geschossen schießen und hatten deshalb normale Explosivprojektile aus den militärischen Beständen der Armee geladen. Ihre Wirkung war nicht zu unterschätzen. Ich hoffte jedoch zuversichtlich, nicht zur Eröffnung des Feuers gezwungen zu werden.
Untereinander standen wir über Sup-Ultra-Sprechfunk in Verbindung. Ausgeschlossen, daß die streng geheime Welle der GWA abgehört werden konnte.
Wir warteten. Hier und da waren schon Bauern zu sehen. Ein Trödler zog mit einem schäbigen Ochsenkarren vorbei. Hinter ihm kam ein wandernder Musikant. Soldaten waren weit und breit nicht zu bemerken. Die frühe Morgenstunde hatte sie noch nicht aus dem Lager gelockt.
Hannibal lag etwa zwanzig Meter entfernt.
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