Fähigkeiten unbekannt
angekommen, meinte Hannibal überlegend:
»Unverständlich, daß der Kerl überhaupt aufmerksam wurde! Hier, im Jahre 1811, muß er sich doch vollkommen sicher fühlen. Wieso fand er uns verdächtig?«
Ich öffnete die Jacke und wischte den Schweiß von der Stirn. Diese Preußen konnten allerhand vertragen.
»Ein psychologisch erklärbarer Effekt. Er erschrak instinktiv, als er von unserer Herkunft hörte. Vergiß nicht, daß er ein ganz anderes Wissen besitzt. Zuletzt wurde er ruhiger.«
»Gefällt mir trotzdem nicht. Ist es möglich, daß er bereits über die Entführung des Zweiten Umformers Bescheid weiß?«
»Vielleicht! Wenn die Kerle mit ihrem Gerät ›oben‹ waren, können sie die neuen Nachrichten mitgebracht haben. Es sollte uns aber nicht stören.«
Tundry betrat unser Zimmer. Er war die Wachsamkeit in Person. Leise sagte er:
»Sir, das müssen die Knaben sein. Sie bewachen die Wagen, als wären sie kostbare Gegenstände. Bei einem der Männer habe ich einen Fehler bemerkt, der Ihnen heute früh ebenfalls unterlaufen ist.«
Ich fuhr zusammen. Tundry grinste.
»Sie haben es gleich abgestellt, Sir, aber Sie werden zugeben müssen, daß Sie heute morgen auf die Armbanduhr sehen wollten. Ich habe es beobachtet. Das gleiche passierte einem der Wächter. Außerdem hat er eine Kanone unter der Leinenjacke. Schulterhalfter, Sir!«
»Sind Sie sicher?«
»Dafür bin ich Spezialist. Was die Wagen enthalten, konnte ich nicht ermitteln. Die Burschen sind mißtrauischer, als es uns lieb sein kann.«
»Warten wir ab. Wir reiten kurz nach drei Uhr los. Ich will noch vor Sonnenaufgang an den Eichen sein. Bereiten Sie alles vor. Wir wachen abwechselnd.«
Der Sergeant verschwand. Anschließend überprüften wir nochmals die Waffen. Zusätzlich zu den getarnten Maschinenwaffen, schnallten wir die schweren Einsatzpistolen unter die Jacken. Es waren normale Armeeausführungen, 24-schüssige Henderleys mit langen Läufen. Sie verschossen lediglich Normalpatronen. Wir hatten die ‚222er Explosivmunition geladen.
»Damit die nicht auf den Gedanken kommen, wir wären besser ausgerüstet als sie«, murmelte der Kleine. »Großer, ich hätte eine Frage!«
Ich sah ihn vielsagend an, da ich bereits ahnte, was er auf dem Herzen hatte. Seine Augen wirkten unstet.
»Ich weiß zwar, was ich unter einem Befehl zu verstehen habe, aber mir will es trotzdem nicht gefallen, daß wir dem kommenden Gemetzel tatenlos zusehen sollen. Wir wissen, daß die Schwadron zusammengeschossen wird. Willst du das nicht verhindern? Ich finde das unmenschlich; den Befehl, meine ich.«
»Wir sind nicht berechtigt, den Ablauf der Geschichte zu verändern. Obgleich wir vor dem 11. Juni hier sind, können wir nicht einfach ungeschehen machen, was in einigen Stunden zu geschehen hat. Diese Männer sind für uns längst tot. Wir haben ihre Gräber gefunden, wir haben vor dem Skelett eines Soldaten gestanden, der morgen erst fallen wird. Wir dürfen nicht eingreifen.«
»Aber es ist doch noch gar nicht Geschichte! Sie leben!«
»Im relativen Zeitablauf ist es Geschichte. Kleiner, wir haben einen Sonder-Eid geleistet! Wir dürfen erst angreifen, wenn die Auseinandersetzung vorüber ist. Wir werfen sonst alles um. Wer weiß, was daraus in sekundärer Wirkung entstehen würde.«
»Aber …!«
»Das ist ein Befehl«, sagte ich müde und niedergeschlagen. »Mensch, quäle mich doch nicht so. Ich kann ja auch nichts dafür. Ich bringe es auch nicht fertig, über Nacht das vierdimensionale Denken zu erlernen. Ich darf überhaupt nicht darüber nachsinnen, wenn ich meinen klaren Verstand behalten will. Unsere bisherige Geschichte scheint doch zu beweisen, daß Napoleon
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