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Fähigkeiten unbekannt

Fähigkeiten unbekannt

Titel: Fähigkeiten unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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das war nicht zu ver­ken­nen. Des­halb be­auf­trag­te ich Polks und Tun­dry, ein­mal nach un­se­ren Pfer­den zu se­hen. Sie stan­den eben­falls im Hof.
    Wir sa­ßen in der Gast­stu­be und un­ter­hiel­ten uns mit dem Arzt des Dor­fes. Der Me­di­cus er­zähl­te von sei­ner Pra­xis, die er nach der Schlacht bei Je­na und Au­ers­tedt auf­ge­nom­men hat­te. Mir grau­te bei den Schil­de­run­gen über die Am­pu­ta­tio­nen, die er mit pri­mi­ti­ven Hilfs­mit­teln und oh­ne je­de Nar­ko­se durch­ge­führt hat­te.
    Han­ni­bal ver­färb­te sich et­was. Ich sah ihn war­nend an.
    Pünkt­lich um zwan­zig Uhr drei­ßig er­schie­nen die ein­ge­la­de­nen Of­fi­zie­re. Dar­un­ter auch Ba­ron von Züll­witz. Das Es­sen wur­de auf­ge­tra­gen, Wein ein­ge­schenkt. Die Gast­stu­be ge­hör­te so­zu­sa­gen uns. An­de­re Leu­te dräng­ten sich ver­schüch­tert in die äu­ßers­ten Win­kel.
    Dann kam der Au­gen­blick, auf den ich fie­ber­haft ge­war­tet hat­te.
    Mel­chi­or Tra­ber, der so­ge­nann­te Han­dels­mann, er­schi­en. Es war ihm wohl auch kei­ne an­de­re Wahl ge­blie­ben, als die Gast­stu­be auf­zu­su­chen. Er hat­te sich eben­falls un­auf­fäl­lig zu be­neh­men, Tun­dry folg­te ihm her­ein. An sei­nem be­tont aus­drucks­lo­sen Ge­sicht be­merk­te ich, daß er et­was Ent­schei­den­des her­aus­ge­fun­den hat­te. Sein kaum be­merk­ba­res Ni­cken be­stä­tig­te mei­ne Ver­mu­tung. Wir hat­ten al­so die rich­ti­gen Leu­te ge­fun­den – Män­ner, die sehr wohl wuß­ten, was man un­ter ei­ner mo­der­nen Ma­schi­nen­waf­fe zu ver­ste­hen hat­te.
    Han­ni­bal fuhr plötz­lich zu­sam­men. Aus ver­eng­ten Au­gen sah er zu dem höf­lich grü­ßen­den Händ­ler hin­über. Das stoi­sche Lä­cheln des Klei­nen ge­fiel mir nicht. So sah er im­mer aus, wenn er et­was Wich­ti­ges fest­ge­stellt hat­te.
    Wäh­rend ei­ner kur­z­en Ge­sprächs­pau­se flüs­ter­te er mir has­tig zu:
    »Die­ser Tra­ber, er­in­ne­re dich! Der ver­schwun­de­ne ita­lie­ni­sche Wis­sen­schaft­ler hat­te einen deut­schen As­sis­ten­ten. Dr. Fehr­mann nann­te er sich. Wir ha­ben die Bil­der ge­se­hen. Denk dir den Bart weg, und du hast ihn vor dir.«
    Han­ni­bal hat­te aus­ge­zeich­net be­ob­ach­tet. Ja, das war der As­sis­tent die­ses Dr. Amal­fi, mit dem die Ge­schich­te be­gon­nen hat­te.
    Ich sah nur flüch­tig und wie zu­fäl­lig zu dem an­de­ren Tisch hin­über. Den­noch wur­de der Bur­sche so­fort auf­merk­sam. Ich be­merk­te sein miß­traui­sches Blin­zeln. We­nig spä­ter rief er den Wirt her­bei. Der Mann er­teil­te eif­rig Aus­künf­te, die aber nicht ge­eig­net zu sein schie­nen, die ein­mal er­weck­te Un­ru­he in Fehr­mann zu be­sei­ti­gen. Er be­gann mit den bei­den Män­nern sei­ner Be­glei­tung zu tu­scheln.
    Ich wuß­te, daß wir uns nicht mehr um die Leu­te küm­mern durf­ten. Recht laut er­zähl­te ich von mei­nen an­geb­li­chen Aben­teu­ern wäh­rend der lan­gen Rei­se. Je trun­ke­ner und leb­haf­ter die Of­fi­zie­re wur­den, um so mehr schi­en sich der Ver­dacht un­se­res be­son­de­ren Freun­des zu ver­flüch­ti­gen. Wahr­schein­lich hat­te er sich längst ge­sagt, daß ein der­art zu­fäl­li­ges Zu­sam­men­tref­fen ein­fach un­mög­lich sein muß­te. Und au­ßer­dem – warum soll­te es ver­däch­tig sein, zwei ame­ri­ka­ni­schen Of­fi­zie­ren auf ei­ner In­spek­ti­ons­rei­se durch das na­po­leo­ni­sche Eu­ro­pa zu be­geg­nen?
    Ge­gen Mit­ter­nacht be­en­de­te ich das ge­müt­li­che Zu­sam­men­sein mit dem Be­mer­ken, am kom­men­den Mor­gen schon um drei Uhr los­rei­ten zu wol­len, da mei­ne An­kunft in Ber­lin zum 12. Ju­ni avi­siert sei.
    Man ver­stand das. Die Of­fi­zie­re ver­ab­schie­de­ten sich sehr freund­schaft­lich. Auch der Me­di­cus ver­schwand in der Be­glei­tung ei­nes Haus­knech­tes, der ihm mit der La­ter­ne heim­leuch­te­te.
    Ich zahl­te die Ze­che mit zwei ame­ri­ka­ni­schen Ea­gels und er­klär­te dem Wirt den un­ge­fäh­ren Um­rech­nungs­wert. Dann gin­gen wir gäh­nend auf un­se­re Zim­mer. Dem scharf be­ob­ach­ten­den Händ­ler gönn­te ich nur noch ein höf­li­ches Ni­cken.
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