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Fänger, gefangen: Roman

Fänger, gefangen: Roman

Titel: Fänger, gefangen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Collins Honenberger
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spreche das nur mit mir selbst durch. Jedenfalls wäre es ihr gegenüber nicht fair. Sie sollte sich entscheiden dürfen, bevor sie sich fest mit einem Typen einlässt, der vielleicht nicht mehr da ist, um mit ihr zum Abschlussball zu gehen und solche Dinge.
    Unter der Brücke muss ich mich beim Rudern anstrengen, um das Boot von den Betonpfählen fernzuhalten. Meine Ellbogen tun weh,und meine Knie tun weh. Die Sonne gleißt über das Boot wie bei der Szene in
Apokalypse Now,
wo sich der Deckenventilator dreht und der Typ, den Martin Sheen spielt, völlig fertig ist von Drogen oder von der Hitze. Die Brücke hier finde ich immer genauso gruselig wie diese Szene. Irgendetwas stimmt nicht, aber du kannst nichts sehen, du fühlst es nur.
    Wahrscheinlich liegt das an diesem unheimlichen, halb verfallenen alten Steg, an dem dieses Fischerboot vertäut ist. Das Boot ist zu neu und zu gut erhalten für das Alter und den Zustand des Docks. Fast so, als hätte der Besitzer es für eine Flucht versteckt. Außer, dass es für jeden, der hier unter der Brücke durchfährt, gut sichtbar im Creek liegt. Allerdings kommen nicht besonders viele den ganzen Weg hier rauf. Wer das nicht schon mal in einem kleinen Boot gemacht hat, kann nicht wissen, ob das Wasser tief genug ist und er nicht riskiert, mit einem großen Boot im Schlamm stecken zu bleiben. Man kann nirgendwo wenden.
    Auf der anderen Seite der Brücke stehen die Schilfrohre und warten. Mitten im Creek. Mit ihren komischen blonden Köpfen sehen sie aus wie die Flimmerhaare um das Pantoffeltierchen in meinem Biobuch. Auch ohne Windhauch neigen und biegen sie sich wie Paare beim Eiskunstlauf. Hier oben ist es besser – weiter draußen und weit weg von dem komischen Boot am verfallenen Steg. Es ist nicht mehr gruselig.
    Schilfrohr gibt es nicht nur in Virginia, weil es tatsächlich wie Unkraut ist. Und Unkraut wächst überall. Miss T. Undertaker und ihr Umweltschützerclan sammeln jedes Jahr Geld für zigtausend Liter unbedenkliches Unkrautvernichtungsmittel, um das Schilfrohr wegzukriegen, weil es anscheinend das Wachstum guter Pflanzen verhindert. Ich weiß, es ist blöd, aber mir gefällt es irgendwie. Es hat einen Weg gefunden, trotzdem zu wachsen. Es mutiert oder so etwas. Jedes Jahr sieht es ein bisschen anders aus und erhebt sich wieder aus dem Schlamm, zur Hölle mit der Unkrautvernichtungstruppe!
    Während ich gegen den Strom rudere, denke ich wieder an Meredith. Also, ich bin nicht sicher, dass sie Ja dazu sagt, mit mir zu schlafen.O Gott, ich kann mir kaum vorstellen, wie das passieren soll. Wann könnte ich schon mal mit ihr allein sein? Entweder ist Mom zu Hause oder Dad ... oder beide. Oder Nick springt rein und raus. Ich werde nicht lang genug leben, um aufs College zu gehen, wo fast alles möglich ist, wie Joe sagt. In den Wohnheimen gibt’s auch Einzelzimmer, oder dein Zimmerkollege ist mal übers Wochenende weg.
    Außerdem, wie spricht man das Thema Sex überhaupt an? Besonders bei einem Mädchen wie Meredith. Allerdings gibt sie so Signale, als wär sie vielleicht interessiert. Und sie wird gerne geküsst. Laut Dad reden Erwachsene vorher über alles. Und ich kann mir denken, dass sie nicht der Typ Mädchen ist, der im Dunkeln einfach überrumpelt werden möchte. Mack meint: Sag doch einfach, dass du nächstes Jahr tot bist, dann lässt dich jedes Mädchen ran ... aus Mitleid.
    Versteht ihr, was ich in puncto Mack meine? Ist nicht gerade edel, wie er denkt. Und selbst wenn ich nur soundso viele Gelegenheiten habe, will ich nicht, dass irgendein Mädchen mich ranlässt. Ich will, dass sie sich wirklich innerlich darauf einstellt und es ebenso sehr will wie ich.
    Falls Meredith überhaupt darüber nachdenkt – ich meine, nicht mit mir, sondern ganz allgemein, mit ihrem Traumtypen –, dann wette ich, sie will es perfekt haben, keinen Fast-Food-Sex und nicht asselig auf dem Rücksitz eines Wagens. Als Mack mir von seinem ersten Mal erzählte, war ich echt geschockt. Im Wald, in irgend so einem Ferienzeltlager der Kirche, mit einem Mädchen, das er nie zuvor gesehen hatte. Und nie mehr danach. Letztes Jahr hätt ich so was vielleicht noch gemacht, aber wenn du weißt, dass du möglicherweise nur einen Versuch hast, ist das anders.
    Ein Mädchen, das sich auf eine Brücke stellt und aus Leibeskräften in die Welt hinausschreit, hat sicher eine genaue Vorstellung vom perfekten ersten Mal. Ich hab nicht mal ’ne Schwester und weiß das trotzdem im Voraus.

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