Fahr zur Hölle Mister B.
Quitoon einmal plötzlich mitten in einem Gespräch über die wachsende Zahl der Menschen und darüber, welche Bedrohung dies für uns darstellte, ob er versuchen sollte, mir einige seiner »Feuertricks« beizubringen, wie er sie nannte.
»Man kann nie wissen, wann man blitzschnell mal jemand verbrennen muss.«
»Du sprichst von Menschen?«
»Ich spreche von jeder Lebensform, die sich uns in den Weg stellt, Mister B. Menschen, Dämonen, Engel –«
»Du hast Engel gesagt.«
»Tatsächlich?«
»Ja. War das ein Versehen?«
»Warum sollte es ein Versehen sein?«
»Du hast doch nicht wirklich schon einen Engel getötet, oder?«
»Drei. Na ja, zwei getötet und einen vermutlich. Zumindest aber war er hinterher gelähmt.«
Quitoon log nicht. Inzwischen kannte ich die unmerklichen Zeichen – den abgewendeten Blick, die leichte Rötung der Schuppen an seinem Hals –, die darauf hindeuteten, dass er die Wahrheit zurechtbog.
Nein, Quitoon hatte mit seinem gnadenlosen Feuer tatsächlich zwei oder drei Engel getötet. Und nichts begeisterte mich mehr als der Gedanke, dass er mich das Töten lehrte, so wie er tötete. Dämonation, er hat es versucht! Ein halbes Jahrzehnt oder länger wollte er mir beibringen, wie ich mein eigenes Feuer entfesseln konnte. Aber diese Fähigkeit überforderte mich, und je mehr ich meinen Körper zwingen wollte, meinen Befehlen zu folgen, desto deutlichere Anzeichen einer Gegenwehr ließ er erkennen. Anstatt tödliches Feuer in meinen Körperflüssigkeiten und Eingeweiden zu erzeugen, bekam ich Nierensteine und ein Magengeschwür. Die Steine gingen mir ein paar Monate später unter unerträglichen Schmerzen ab. Das Magengeschwür quält mich bis zum heutigen Tag.
So viel also zu den »Feuertricks«. Mein Geschlecht, entschied Quitoon am Ende, wäre so weit von seiner eigenen reinen Blutlinie entfernt, dass seine Methoden schlichtweg nicht auf mein Erbe und meine Anatomie anwendbar seien. Bis heute weiß ich noch, was er sagte, als wir uns schließlich einig waren, dass es vergebliche Liebesmüh wäre, wenn er seine pyrotechnische Genialität an mich verschwendete.
»Vergiss es«, sagte er. »Du musst sowieso kein Feuer entfachen können. Du hast immer mich.«
»Immer?«
»Habe ich das nicht gerade gesagt?«
»Ja.«
»Bin ich ein Lügner?«
»Nein.« Ich log.
»Dann bist du immer in Sicherheit, nicht wahr? Denn selbst wenn du kein Feuerleger sein kannst, musst du mich nur rufen, und ich stehe dir zur Seite und verbrenne deine Feinde, ohne auch nur nach dem Grund zu fragen.«
- - -
Also, wie schon gesagt, auf nach Mainz. Auch ohne die zahlreichen Wegweiser wäre es mir wohl nicht schwergefallen, die richtige Richtung zu finden. Quitoon hinterließ eine Spur des Feuers, der ich so mühelos folgen konnte wie jeder Straßenkarte. Ich verlor den Überblick über all die Dörfer, die er zerstörte und in denen er nicht ein einziges bewohnbares Gebäude hinterließ. Ebenso gründlich verwüstete er einzelne Bauernhäuser und Kirchen.
Was die Menschen anbelangt, lagen sie entweder kreuz und quer durcheinandergewirbelt in den Gassen der niedergebrannten Dörfer, oder, wie bei vielen der Bauernhöfe, verbrannt und aufgereiht dicht bei den rußschwarzen Gebäuden, die Glieder an die Körper gepresst wie verkohlte Föten. In zwei Kirchen hatte er irgendwie die gesamte Gemeinde überreden können, mit ins Freie zu kommen, und sie dort verbrannt, sodass die Gläubigen nebeneinander gefallen waren, teils mit nach ihren Nachbarn ausgestreckten Händen – meist nach ihren Kindern –, während das Feuer ihnen jedes Anzeichen geraubt hatte, wer sie einmal gewesen waren.
Nach seinem Amoklauf war die Landschaft, die ich passierte, vollständig verlassen. Falls es tatsächlich Überlebende gab, waren sie vermutlich lieber geflohen, statt ihre Toten zu begraben.
Schließlich sah ich nur noch vereinzelt solche Schauplätze der Verwüstung, dafür erblickte ich aber Gestalten in der Ferne und hörte den Tritt marschierender Massen. Ich versteckte mich hinter der rußigen Ruine einer Steinmauer und sah zu, wie ein Bataillon uniformierter Männer vorüberzog. Sie folgten ihrem Offizier, einem Mann hoch zu Ross, dessen Gesicht ein enormes Unbehagen ausdrückte, wenn er den rauchverhangenen Himmel betrachtete und, wie ich, den Geruch durchgegarter Menschen wahrnahm, doch das bemerkten seine Männer nicht.
Als der nervöse Hauptmann und sein Bataillon nicht minder unglücklicher Soldaten
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