Fahr zur Hölle Mister B.
goldenen Leuchtens ertrug ich seinen Blick nicht mehr. Ich drehte mich in die Richtung um, aus der wir gekommen waren, obwohl die Straße in dieser Richtung so trostlos aussah wie in der anderen. Mir war das egal. Ich wollte nicht nach Mainz und mir dort ansehen, was Quitoon so interessant fand.
»Wohin gehst du?«, fragte er.
»Irgendwohin. Hauptsache, weg von dir.«
»Du wirst sterben.«
»Nein, sicher nicht. Ich habe vor dir gelebt und ich lebe weiter, wenn ich dich vergessen habe.«
»Nein, Botch. Du stirbst.«
Ich war sechs oder sieben Schritte von ihm entfernt, als ich endlich begriff, was er mir sagen wollte. Ich ließ den Beutel mit Lebensmitteln fallen, den ich trug, und wandte mich ohne einen Blick zu ihm, um meine Befürchtungen zu bestätigen, nach rechts. Ich lief zu der einzigen Deckung, die sich mir bot, in das Maisfeld. Dabei hörte ich ein Geräusch wie einen Peitschenschlag und spürte eine Hitzewelle auf mich zurasen, die so heftig war, dass ich vornüber fiel. Ich stolperte über meine eigenen Füße in diesen verfluchten Stiefeln und stürzte in den flachen Graben, der zwischen Straße und Feld verlief. Das war meine Rettung. Hätte ich noch gestanden, hätte mich die Hitzewelle erwischt, die Quitoon mir entgegenschleuderte.
Der glühende Hauch verfehlte mich und fegte stattdessen über das Getreide hinweg. Es verfärbte sich schlagartig schwarz und fing Feuer, lodernde, orangerote Flammen, die zum makellos blauen Himmel emporleckten. Hätte es mehr zu verschlingen gegeben als das dürre Getreide, wäre ich vermutlich dennoch in dem Graben verbrannt. Doch das Getreide zerfiel im Handumdrehen zu Asche, wodurch sich das Feuer auf der Suche nach neuer Nahrung in beide Richtungen an dem Feld entlang ausbreitete. Ein Rauchschleier lag über den schwarzen Stoppeln; in seinem Schutz kroch ich den Graben entlang.
»Ich dachte, du wärst ein Dämon, Botch«, hörte ich Quitoon. »Aber sieh dich an. Du bist nur ein Wurm.«
Ich warf einen Blick zurück und sah inmitten des Rauches, dass Quitoon im Graben stand und mich beobachtete. Seine Miene drückte unverhohlene Abscheu aus. Diesen Gesichtsausdruck hatte ich natürlich schon an ihm gesehen, aber nicht oft. Er behielt ihn sich für den niedrigsten und verkommensten Abschaum vor, dem wir auf unseren Reisen begegneten. Jetzt zählte ich in seinen Augen ebenfalls dazu, eine Tatsache, die mich mehr schmerzte als das Wissen, dass er mich mit seinem Blick töten konnte, bevor ich den nächsten Atemzug tat.
»Wurm!«, schrie er mich an. »Du sollst brennen.«
Der nächste Augenblick hätte ganz bestimmt das tödliche Feuer gebracht, aber zweierlei bewahrte mich davor: erstens Rufe, die aus der Richtung des Feldes erklangen, vermutlich die Besitzer, die kamen, um die Flammen zu löschen; und zweitens, der größere Glücksfall, der Rauch des brennenden Getreides. Er wurde plötzlich sehr viel dichter, sodass Quitoon mich nicht mehr sehen konnte und ihn auch völlig vor meinen Blicken verbarg.
Ich wartete nicht darauf, dass sich mir noch so eine Chance bieten würde. Im Schutze des dichten Rauches kroch ich aus dem Graben und lief so schnell ich konnte die Straße entlang, die mich von Mainz wegführen würde. Ich schaute mich erst um, als ich ein paar Hundert Meter zwischen mich und Quitoon gebracht hatte, und fürchtete bei jedem Schritt, er könne mich verfolgen.
Aber nein. Als ich meiner schmerzenden Lunge schließlich eine Pause gönnte und die Straße zurückblickte, sah ich keine Spur von ihm. Nur die Rauchwolke an der Stelle unseres freudlosen Abschieds. Soweit ich es zu erkennen vermochte, gelang es den Bauern nicht, Quitoons Feuer zu löschen und ihre vertrocknete Ernte zu retten. Die Flammen überwanden die Straße und verzehrten nun auch das Getreide auf der anderen Seite.
Ich setzte meine Flucht fort, wenn auch in einem etwas gemächlicherem Tempo. Rast machte ich nur einmal, zog die hinderlichen Stiefel aus, warf sie in den Graben und gönnte meinen Dämonenfüßen den Luxus von Luft und Bewegungsfreiheit. Anfangs kam es mir seltsam vor, dass ich nach Jahren in klobigen Schuhen wieder barfuß ging. Aber die einfachen Freuden sind immer die besten, oder nicht? Und was gab es für eine einfachere Freude als die, auf nackten Sohlen zu gehen?
Als ich einige weitere Hundert Meter zwischen mich und Quitoon gebracht hatte, gönnte ich mir abermals eine kurze Rast und einen Blick zurück. Die Felder auf beiden Seiten der Straße brannten noch
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