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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Jahre sind wir schon zusammen, und immer noch hast du neue Tricks auf Lager.«
    Er verbarg seine Zufriedenheit nicht, sondern lächelte selbstgefällig.
    »Was würdest du nur ohne mich machen?«, fragte er.
    »Sterben.«
    »Aus Nahrungsmangel?«
    »Nein. Aus Mangel an deiner Gesellschaft.«
    »Wenn du mir nie begegnet wärst, hättest du keine Veranlassung, wegen meiner Abwesenheit zu trauern.«
    »Aber wir sind uns begegnet und ich würde trauern.« Ich wandte mich von seinem prüfenden Blick ab, unter dem meine Wangen vor Röte brannten, und schritt zu den Pferden.
    - - -
    Wir nahmen alle drei Pferde mit, sodass immer eines ein wenig ausruhen konnte, wodurch wir deutlich schneller vorankamen. Es war Ende Juli und wir reisten bei Nacht, was nicht nur vorsichtig war, sondern auch den Vorteil hatte, dass wir tagsüber, wenn kaum eine Brise wehte und die stehende Luft glühend heiß wirkte, an unbeachteten Orten ausruhen konnten.
    Aber dass wir nur in den kurzen Sommernächten reisten, machte Quitoon übellaunig, daher willigte ich schließlich ein, dass wir bei Tag und Nacht reisen sollten, damit wir es früher nach Mainz schafften. Es dauerte nicht lange, da wurden die Pferde vor Schlafmangel krank, und als eines der Tiere buchstäblich unter mir starb, ließen wir die Überlebenden bei ihrem toten Artgenossen zurück (dessen Leichnam sie nicht mit der geringsten Neugier erfüllte), nahmen unsere Waffen und das bisschen Essen, das noch von einem Raubzug tags zuvor übrig war, und liefen zu Fuß weiter.
    Das Pferd war kurz vor Morgengrauen gestorben; die aufgehende Sonne, unter der wir dahinschritten, war anfangs angenehm, wurde jedoch in zunehmendem Maße sengender. Die einsame Straße, die sich vor uns erstreckte, verhieß nicht den Hauch von Schatten unter einem Dach oder Baum, und auf beiden Seiten erstreckten sich Felder voller reglosem Getreide.
    Die Kleidungsstücke, die ich den Jägern abgenommen hatte, passten einigermaßen und waren offenkundig die Sachen eines wohlhabenden Mannes, aber ich erstickte fast darin. Ich wollte sie mir vom Leib reißen und nackt herumlaufen wie in der Unterwelt. Zum ersten Mal, seit Quitoon und ich die blutrote Lichtung verlassen hatten, wünschte ich mir, ich wäre wieder im Neunten Kreis, zwischen den Abfallhalden und Tälern.
    »Hat es sich so angefühlt?«, fragte mich Quitoon.
    Ich warf ihm einen verwirrten Blick zu.
    »Im Feuer zu sein«, sagte er als Erklärung. »Als du deine Narben erhalten hast.«
    Ich schüttelte den Kopf, der vor Schmerzen pochte. »Dummkopf«, murmelte ich.
    »Was?«
    Ein bedrohlicher Unterton schwang in dem Wort mit. Wir hatten uns viele Male gestritten, manchmal sogar heftig, doch waren unsere Unstimmigkeiten nie in Gewalt eskaliert. Ich war immer viel zu eingeschüchtert gewesen, um es so weit kommen zu lassen. Auch nach 100 Jahren, in denen wir zusammen reisten, aßen und schliefen, verspürte ich die unangenehme Gewissheit, dass er mich, wenn die Sterne dafür am Himmel standen, ohne zu zögern töten würde. Heute sah ich nur einen Stern am Firmament, aber der brannte gnadenlos. Er glich einem lodernden, starren Auge, das unsere Gehirne in ihrer eigenen Wut köchelte, während wir auf der menschenleeren Straße dahinschritten.
    Hätte ich nicht seinen glühenden Blick auf mir gespürt und sein geballtes Missfallen in diesem Blick, hätte ich meinen Zorn hinuntergeschluckt und mich bei Quitoon entschuldigt. Aber nicht heute; heute antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Ich sagte: Dummkopf.«
    »Bin ich damit gemeint?«
    »Was denkst du denn? Dumme Frage, dummer Kopf.«
    »Ich glaube, die Sonne bringt dich um den Verstand, Botch.«
    Wir gingen nicht mehr, sondern standen einander gegenüber, keine Armeslänge voneinander entfernt.
    »Ich bin nicht verrückt«, sagte ich.
    »Warum solltest du sonst etwas so Idiotisches machen wie mich Dummkopf zu nennen?«, Jetzt flüsterte er fast. »Es sei denn, du hast den Staub und die Hitze so satt, dass du von deinem Elend erlöst werden möchtest. Ist es das, Botch? Bist du lebensmüde?«
    »Nein. Ich habe nur dich satt«, erwiderte ich. »Dich und dein endloses, langweiliges Geschwätz über Maschinen. Maschinen, Maschinen! Wen interessiert, was die Menschen erfinden? Mich nicht!«
    »Nicht einmal, wenn die Maschine die Welt verändern wird?«
    Ich lachte. »Nichts wird das hier verändern. Sterne. Sonne. Straßen. Felder. Und so weiter. Weite Welt.«
    Wir starrten einander einen Moment an, aber trotz des

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