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Fahr zur Hölle

Fahr zur Hölle

Titel: Fahr zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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der Vorahnung des nahenden Gewitters.
    Auf der Rennstrecke herrschte ein Chaos aus Lärm und Bewegung. Die feuchte, vor Moskitos schwirrende Luft stank nach heißem Gummi, Auspuffgasen, sonnenverbrannter Haut und gegrilltem Fleisch. Bekanntmachungen aus riesigen Verstärkeranlagen waren durch das ohrenbetäubende Jaulen von Motoren, die über eineinhalb Meilen Asphalt kreischten, kaum zu verstehen.
    Mein Passierschein wartete wie versprochen am Tor. Wieder wurde ich mit einem Golfkarren aufs Infield gebracht.
    Slidell hatte sich geirrt. Tonya Hawke arbeitete nicht für Joey Loganos 20er Home Depot Team. Sie gehörte zu einem Nationwide-Team, das für Joey Frank arbeitete.
    Joey wie in Josephine.
    Frank fuhr den Dodge Challenger Nummer 72 für SNC Motor Sports.
    Das Rennen hatte wie geplant um acht Uhr angefangen. Mitglieder von Franks Boxenteam lauschten Informationen aus Kopfhörern, riefen einander Einstellunsgsänderungen zu und brachten hastig Ausrüstung in Stellung. In ihren rot-schwarzen Overalls und den schwarzen Kappen sahen sie aus wie eine Armee von Androiden.
    Ich entdeckte eine Gestalt, die kleiner war als die anderen, vielleicht eine Frau. Sie oder er stand unter einer Plastikplane und inspizierte präzise aufgestapelte Reifen, jeder breiter als meine Schuhgröße und ohne jedes Profil. Nicht unbedingt das, was man auf einem Serienwagen erwarten würde.
    Da ich nicht im Weg stehen wollte, ging ich die Boxengasse entlang und spähte durch eine Lücke zwischen den Werkstätten. Unter den unzähligen Megawatt der Flutlichtanlage sah die Rennstrecke surreal aus, das Gras war zu grün, der Asphalt zu schwarz. Die Zuschauertribünen wirkten wie unvermittelt aufblitzende Regenbogenschwaden. Randvoll. Wahre Fans ließen sich von einer Terminänderung doch nicht abschrecken.
    Wegen Trümmern auf der Strecke war das Rennen unterbrochen. Die Autos warteten zu zweit nebeneinander mit grollenden Motoren, wie Hunde, die an den Leinen zerrten, weil sie die Jagd wiederaufnehmen wollten.
    Ich hatte noch nie so viel Produktwerbung gesehen. Auf den Fahrzeugen, den Uniformen, den riesigen Reklametafeln, die die Rennstrecke umgaben. Und ich rede jetzt nicht von einem Sponsor pro Team. Ob Autotür, Motorhaube, Dach, Kofferraumdeckel, Kotflügel oder Person, alles war mit Dutzenden von Logos zugepflastert. Bei einigen war mir die Beziehung zum Motorsport nicht klar. Talcid? Head & Shoulders? Aspirin? Was auch immer. Eins war allerdings klar. Niemand sollte einen NASCAR-Speedway mit St Andrews oder Wimbledon verwechseln.
    Die Autos sahen ähnlich aus wie die, die ich in den Sprint-Cup-Werkstätten gesehen hatte, vielleicht ein bisschen kürzer. Und ihnen fehlte die Schürze, die unter der Stelle herausragte, wo ein normales Auto eine Stoßstange hatte. Außerdem fehlte ihnen das flügelartige Ding, das die Sprint-Cup-Autos hatten, hinten, wo beim straßentauglichen Auto der Kofferraum war.
    Nach einer Weile kapierte ich die Anzeigentafel, die über Runden und Fahrerpositionen informierte. Warum die Menge jubelte oder buhte, blieb mir allerdings ein Rätsel.
    Kurz vor halb zehn kehrte ich zu Franks Werkstatt zurück. Es hatte angefangen leicht zu regnen. Die grazile Gestalt stand noch immer unter der Plane. Allein.
    »Tonya Hawke?«, rief ich aus zwei Metern Entfernung.
    Die Gestalt drehte sich um.
    Die Haut der Frau hatte die Farbe frisch aufgebrühten Kaffees. Ihre Augen waren riesig, die Iris braun, die Skleren weiß wie zu sehr gebleichte Baumwolle. Glänzende, schwarze Locken federten unter ihrer Kappe hervor bis zu den Augenbrauen.
    »Jetzt keine Autogramme.« Eine beiläufige Handbewegung.
    »Ich bin Temperance Brennan.«
    »Ach ja. Richtig.« Ein schneller Blick auf ihre Uhr. »Okay. Dann machen wir das jetzt. Aber es muss schnell gehen.«
    »Wie schlägt sie sich?«, fragte ich.
    Hawke lächelte. »Wir gewinnen das nächste Rennen.«
    »Erzählen Sie mir von Cindi Gamble«, sagte ich.
    »Haben Sie sie gefunden?«
    »Ja.«
    »Ist sie …?«
    Mein Blick genügte als Antwort.
    »Und Cale?« Als hätte sie Angst vor der Antwort.
    »Ja.«
    Hawke nickte knapp. »Am Telefon haben Sie etwas vom Morddezernat gesagt.«
    »Beide wurden erschossen.«
    Hawke verstummte völlig. Im Licht, das unter die Plane fiel, funkelten Tröpfchen auf ihren Schultern und der Kappe.
    »Weiß die Polizei, wer es getan hat?«
    »Ein Verdächtiger wurde verhaftet.«
    »Wer?«
    »Ein Mann namens Grady Winge.«
    »Warum hat er sie

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