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Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Traum rutschte Montag die Stange hinunter. Der Mechanische Hund in der Hütte sprang auf, mit grünflackernden Lichtern.
    »Montag, du hast ja den Helm vergessen!«
    Er griff ihn sich von der Mauer, lief, sprang auf, und los ging's in den Nachtwind hinein, der das Heulen ihrer Sirene und ihr metallisches Donnergetöse umbrauste.
     
    Es war ein unansehnliches, dreistöckiges Haus im ältesten Teil der Stadt, mindestens hundert Jahre alt, aber wie alle Häuser mit einem dünnen, feuerfesten Plastiküberzug versehen, und diese Schutzhülle schien das einzige zu sein, was es noch aufrechterhielt.
    »Da wären wir!«
    Kreischend kam die Feuerspritze zum Stehen. Beatty, Stoneman und Black liefen über den Gehsteig, plötzlich widerwärtig und plump in ihren klobigen, feuersicheren Mänteln. Montag folgte.
    Sie schlugen die Haustür ein und packten eine Frau, obwohl sie gar nicht flüchtete. Sie stand nur da, schwankend, den leeren Blick auf die Wand geheftet, als hätte sie soeben einen schweren Schlag über den Kopf bekommen. Lautlos mit der Zunge lallend, schien sie sich etwas in Erinnerung rufen zu wollen, und dann leuchtete es in ihren Augen auf, und sie sagte:
    »›Seid ein Mann, Meister Ridley; wir werden heute, so Gott will, in England eine Kerze anzünden, wie sie wohl nie mehr auszulöschen ist‹.«
    »Verschonen Sie uns damit«, sagte Beatty. »Wo sind sie?«
    Er schlug ihr mit erstaunlicher Sachlichkeit ins Gesicht und wiederholte die Frage. Die alte Frau sah ihn voll an. »Sie wissen genau, wo sie sind, sonst wären Sie nicht hier«, versetzte sie.
    Stoneman hielt ihr die telefonische Meldung unter die Nase, mit der Anzeige auf der Rückseite:
     
    ›Habe das Dachgeschoß im Verdacht; Elmstr. 11, Altstadt.
    E. B.‹
     
    »Das dürfte Frau Blake sein, von nebenan«, sagte die Frau, als sie die Anfangsbuchstaben las.
    »Also 'ran, Leute!«
    Im Nu waren sie droben in muffiger Dunkelheit, schwangen die blitzenden Beile gegen Türen, die sich als unverschlossen erwiesen, stürmten hinein, lärmend wie eine Schar Lausbuben. »He!« Eine Kaskade von Büchern ergoß sich über Montag, als er schaudernd die steile Stiege erklomm. Wie peinlich. Bisher war es immer eine Kleinigkeit gewesen. Die Polizei fuhr zuerst hin, schloß dem Opfer mit Klebestreifen den Mund und führte es in ihren schnittigen Wagen ab, so daß die Feuerwehr bei ihrer Ankunft ein leeres Haus vorfand. Man tat niemandem weh, höchstens den Dingen. Und da die Dinge gefühllos waren und nicht schreien oder winseln konnten, wie diese Frau es wirklich noch tun würde, hatte man später ein unbeschwertes Gewissen. Man räumte lediglich auf. Hauswartsarbeit, im Grunde. Alles an den gehörigen Ort. Rasch, das Kerosin! Wer hat ein Streichholz?
    Diesmal indessen hatte etwas nicht geklappt. Die Frau wirkte störend. Droben machten die Männer unnötig viel Lärm, mit Gelächter und Gejohle, um die furchtbare, vorwurfsvolle Stille drunten zu übertönen. Die Frau schwieg, aber die leeren Räume widerhallten so laut von der stillschweigenden Anklage, daß ein feiner Staub von Beklommenheit herabrieselte, von dem sie beim Herumfuhrwerken die Nase voll bekamen. Es war gegen alle Spielregeln. Montag fand die Frau höchst fehl am Platz. Sie hätte nicht hier sein dürfen, das wäre ja noch schöner. Bücher prallten ihm gegen Schultern, Arme, Gesicht. Eines davon landete beinahe fügsam, in seiner Hand, wie eine Taube mit flatternden Flügeln. Eine offen herabhängende Seite wirkte im schummrigen Dämmerlicht wie eine einzelne weiße Feder, mit zart darauf gemalten Worten. Bei dem aufgeregten Betrieb konnte Montag mit knapper Not eine Zeile erhaschen, aber sie loderte minutenlang in seinem Gemüt, wie mit glühenden Stempel eingeprägt. »Die Zeit ist eingeschlafen in der Nachmittagssonne.« Er ließ das Buch fallen. Gleich darauf flog ihm ein anderes in die Hände.
    »Montag, hier 'rauf!«
    Montags Hand klappte zu wie ein Rachen, drückte das Buch mit gieriger Gedankenlosigkeit an die Brust. Die Leute droben schleuderten unterdessen Zeitschriften schaufelweise in die staubige Tiefe. Wie abgeschossene Vögel stürzten sie hinab, wo die Frau stand, klein und verloren, inmitten der Leichen.
    Montag hatte nichts getan. Seine Hand hatte alles allein getan. Seine Hand, mit eigenem Denkvermögen, mit eigenem Wissen und Gewissen in jedem zitternden Finger, war zum Dieb geworden. Jetzt steckte sie das Buch unter den Arm, drückte es fest in die schweißige Achselhöhle

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