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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit. In einer Schleife schraubte sich die wichtige Nord-Süd-Verbindung um den Stadtteil, der nach diesem technischen Meisterwerk auch »Schleife« hieß, auf eine Höhe von zweiundvierzig Metern, um die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt zu überqueren. Unter dem Mittelteil der Brücke hing die Schwebefähre an zwölf Seilen und überquerte an dieser Stelle in etwa zwei Minuten den Kanal, und das seit gut einhundert Jahren. Nur sieben Fähren dieser Art gab es auf der Welt, und eine war Teil von Tsakalidis' Arbeitsweg. Da nur vier Pkws und etwa sechzig Passanten auf die Fähre passten, hatte er es sich angewöhnt, unabhängig vom Wetter mit dem Rad zu fahren und das Auto seiner Frau Daphne zu überlassen.
    Heute hatte Tsakalidis keinen Blick für die Brücke. Manchmal sah man vom Ort aus die Aufbauten der großen Schiffe, die über den Dächern Osterrönfelds zu schweben schienen. Bei dieser Witterung konnte man allerdings nicht die Hand vor Augen erkennen. Er bog um die Ecke und sah die hell erleuchtete Fähre, die Schranke, die noch senkrecht stand, und das eine Fahrzeug, das sich zu dieser frühen Stunde aufs Deck verirrt hatte.
    Zwei Radfahrer hatten ihre Räder neben dem Pkw fast bis an die vordere Schranke geschoben, zwei weitere Fahrgäste, die zu Fuß unterwegs waren, versuchten, hinter der Plastikabdeckung notdürftig Schutz vor Regen und Wind zu finden.
    Er rollte auf die Planken, zwischen deren schmalen Ritzen man auf das gurgelnde Wasser blicken konnte, das etwa vier Meter unter dem Deck bei dieser Beleuchtung nur zu erahnen war.
    Tsakalidis nickte den anderen Fahrgästen zu. Man kannte sich von der gemeinsamen Benutzung der Fähre. Oder man traf sich im Ort, grüßte, ohne dabei weitere Worte zu wechseln. Die Wohnung der Familie nahe dem Lebensmittelmarkt war zudem prädestiniert dafür, dass man zahlreichen Bewohnern des Ortes begegnete.
    Es ertönte das Signal, das die Abfahrt der Fähre ankündigte und in das sich der etwas andere Ton der Warnung mischte, mit dem das Herabsenken der Schranke auf Land begleitet wurde.
    Mit einem leichten Ruck setzte sich die Schwebefähre fast lautlos in Betrieb und überquerte den Kanal, der mit etwa einhundert Metern Breite hier die engste Stelle seines gesamten Verlaufs aufwies. Große Schiffe konnten sich hier nicht begegnen.
    Tsakalidis zog den Kopf zwischen den Schulterblättern ein. Mit zusammengekniffenen Augen sah er nach links, wo hell erleuchtet die Kais des Rendsburger Kreishafens lagen und im Scheinwerferlicht Kräne die Ladung von kleineren Frachtschiffen löschten. Durch den Regenschleier hoben sich gegen die Lichtkuppel Rendsburgs, die sich schwach vor dem dunklen Himmel abzeichnete, die hohen Silos der Getreide AG ab.
    Er sah nicht nach oben. Wenn der Wind die Geräusche nicht davontrieb, konnte man manchmal das Rumpeln der Züge hören, die vierzig Meter höher auf dem metallenen Viadukt den Kanal überquerten.
    Die Uferbeleuchtung des Kanals deutete die Konturen des Schifffahrtsweges an, der, heute kaum wahrnehmbar, nach etwa zwei Kilometern einen sanften Bogen nach links machte, um nach weiteren sechzig Kilometern an den Schleusen in Brunsbüttel in die Elbe zu münden.
    Tsakalidis warf einen Blick in Richtung des südlichen Ufers. Unwillkürlich blieb er bei einer Welle haften, die die Fähre hinter sich herzog. Es sah aus wie ein Schiff, das das Wasser teilte. Zunächst schenkte er dem Phänomen keine Aufmerksamkeit, bis sein Auge erneut darauf fiel. Das konnte nicht sein. Die Schwebefähre war kein Wasserfahrzeug und konnte auf der Kanaloberfläche keine Bewegung erzeugen. Neugierig machte er ein paar Schritte bis zur hinteren Schranke und blinzelte ins Wasser. Tatsächlich. Die Fähre zog ein Seil hinter sich her. Er folgte dem Tau bis ans Ende.
    Es war, als hätte ihn der Schlag getroffen. Trotz der fast alles verschlingenden Dunkelheit waren die Konturen eines Menschen ersichtlich. Tsakalidis rieb sich die Augen. Nein! Das Bild verschwand nicht. Die Schwebefähre zog einen Körper hinter sich her, der mit einem Seil an dem Fahrzeug befestigt war.
    In diesem Moment verringerte sich unmerklich das Tempo der Fähre, und kurz darauf stieß sie mit einem leichten Ruck ans Ufer. Automatisch hakte sich der Haken des Schwebepontons an der Halterung an Land ein und verriegelte sich.
    Das gelbe Blinklicht ging an, die Schranke wurde geöffnet, und die Ampel sprang von Rot auf Grün und gab die Ausfahrt

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