Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und ließ sich mit dem Oberarzt verbinden.
    »Moin, Herr Dr. Diether«, begrüßte Lüder den Privatdozenten.
    »Ach, Sie«, knurrte der Pathologe in den Hörer. »Lassen Sie mich raten?«
    »Lieber nicht. Das würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Die Wasserleiche aus Rendsburg?«
    »Genau. Liegen schon erste Ergebnisse vor?«
    Dr. Diether lachte auf. »Haben Sie schon einmal an einem Sonntag Ihre Brötchen im Ofen aufgebacken?«
    »Das ist schon vorgekommen.«
    »Als die Aufbackzeit vorbei war, haben Sie noch an der Ofenklappe ins Brötchen gebissen.«
    »Sicher nicht. Die müssen zunächst ein wenig abkühlen.«
    »Sehen Sie«, erwiderte der Arzt, »genauso machen wir es mit den frisch angelieferten Leichen. Aber woher wollen Sie das als Nichtakademiker wissen.« Es sollte wie ein Trost klingen, obwohl der Spott unüberhörbar war.
    »Ich habe Jurisprudenz studiert«, warf Lüder ein.
    »Eben. Sagte ich doch.« Dr. Diether lachte herzhaft. »Ich melde mich, wenn ich den Dosenöffner in Betrieb nehme. Wollen Sie dabei sein? Und wenn ja, wie möchten Sie Ihren Kaffee? Mit Milch? Zucker?«
    »Das ist das Schöne an Ihrem Beruf. Sie könnten ohne Übergang einen Job auf dem Schlachthof antreten.«
    »Das ist ein Vorteil. Da ich mich sechzehn Semester mit Anatomie beschäftigt habe, bin ich Ihnen zudem beim Verzehr eines Grillhähnchens haushoch überlegen.«
    »Ihre größte Tat war es, sich für die Rechtsmedizin entschieden zu haben«, schloss Lüder das Gespräch. »Wenn ich mir vorstelle, dass Sie mit Ihrer Passion im Operationssaal gelandet wären, graust es mir.«
    »Über Sie spricht oder schreibt niemand«, antwortete der Arzt, »aber meine Biografie ist schon verkauft.«
    »Ich habe den Titel gelesen: ›Leichen pflastern seinen Weg‹. Bis später.« Dann legte Lüder auf.
    Er überlegte eine Weile sein weiteres Vorgehen, stand auf und ging die wenigen Schritte bis zum Geschäftszimmer. Dort zeigte er auf die verschlossene Zwischentür.
    »Ist er da?«
    Edith Beyer nickte.
    »Allein?«
    »Ja, aber Sie können nicht ohne Weiteres …«
    Lüder schenkte der Sekretärin ein Grinsen, pochte heftig gegen die Tür, dass man es noch drei Büros weiter hören konnte, und stürmte in das Allerheiligste. Der Vorgänger des jetzigen Abteilungsleiters, Kriminaldirektor Nathusius, hatte die Tür zu seinem Arbeitsraum fast immer offen gehalten, während Dr. Starke sich einigelte.
    »Moin«, grüßte Lüder und nahm unaufgefordert auf einem der Besucherstühle Platz. Zwischen ihm und dem stets braun gebrannten Kriminaldirektor bestand eine abgrundtiefe gegenseitige Abneigung.
    Dr. Starke unterließ es, Lüders Gruß zu erwidern. Er lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück, legte die Unterarme auf die Schreibtischkante und musterte Lüder.
    »Es gibt einen ungeklärten Todesfall am Nord-Ostsee-Kanal mit merkwürdigen Begleitumständen. Den werde ich mir ansehen.«
    Der Kriminaldirektor spitzte die Lippen. »Sie möchten den Fall begutachten«, betonte er. »Gibt es eine formelle Anfrage der zuständigen Dienststelle? Itzehoe oder Kiel?«, zählte er die beiden in Frage kommenden Inspektionen auf.
    »Präventiv«, sagte Lüder, ohne Dr. Starkes Fragen damit beantwortet zu haben.
    »Dann warten wir, bis mir ein entsprechendes Amtshilfeersuchen vorliegt oder sich die zuständige Staatsanwaltschaft gemeldet hat.«
    Mehr gab es nicht zu sagen. Lüder wollte dem Kriminaldirektor weder seine Informationsquelle noch die wenigen Anhaltspunkte, die bisher vorlagen, nennen. Und Dr. Starke unterließ es, danach zu fragen. Er wollte sich nicht die Blöße geben, von Lüder die Verweigerung der Antwort erdulden zu müssen. Es war ein offenes Geheimnis, dass der Abteilungsleiter Lüder gern auf eine andere Dienststelle hätte versetzen lassen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er sich solcher Mittel bediente. Frauke Dobermann, die aus Flensburg nach Hannover fortgemobbt worden war, war das wohl prominenteste Beispiel.
    Lüder stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. In seinem Büro schloss er die Tür, kramte sein privates Handy hervor und wählte eine dort gespeicherte Nummer an. Kurz darauf meldete sich eine Männerstimme mit einem satten, vollen Klang.
    »Ja? Moin, Herr Dr. Lüders. Wie geht's?«
    »Danke, fast gut.« Bevor Lüder sein Anliegen vortragen konnte, musste er seinem Gesprächspartner auf dessen Nachfrage von seiner Familie

Weitere Kostenlose Bücher