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Faith (German Edition)

Faith (German Edition)

Titel: Faith (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Tintelnot
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der er stand, war fest verschlossen.
    Ben hatte genug gesehen. War es die Zukunft oder die Vergangenheit?
    Er stürmte die Stufen hinauf ins Sonnenlicht.
    Dort schnappte er seinen Rucksack, schmiss ihn über die Schulter und floh kopflos in die Richtung, die ihm die Zwiesel gewiesen hatten.
    Nur die weiße Maske blieb zurück.
    Furcht und tiefe Niedergeschlagenheit zugleich überkamen Ben.
    Seine Beine trugen ihn vorwärts, seine Gedanken gingen rückwärts zu den grässlichen Folterungen im Gewölbe der Burg. In seinem Kopf gab es ein einziges großes Durcheinander. Die Bilder überschlugen sich.
    Verzweiflung und Grauen.
    Immer wieder überlegte er, ob es richtig war, allein weiterzuziehen, nicht auf Richard zu warten.
    Er tröstete sich damit, dass Richard sich in seinem eigenen Land befand. Und wenn er in Gefahr war, so war er auf keinen Fall mehr in der Ruine.
    Er hatte alles abgesucht und war sicher, dass er seinen Freund gefunden hätte, wenn er noch dort gewesen wäre. Es war richtig, Lisa auf eigene Faust zu suchen.
    Die Luft war voller spätsommerlicher Gerüche. Ein warmer Wind wehte über das Flussdelta. Über den Birkenwäldern in der Ferne schwebte ein Paar riesiger Vögel.
    Vor ihm, auf den schon kahlen Äckern, hüpften und pickten große nebelgraue Krähen.
    Und endlich fand Ben, was er suchte.
    Ein kleiner Ableger des breiten Stromes, der das Delta zerschnitt, führte hellgrünes, völlig klares Wasser. Diesem Fluss würde er folgen, wie es ihm die Zwiesel geraten hatten.
    Jetzt aber musste er eine Rast einlegen. Er war beinahe den ganzen Tag gelaufen.
    Die Erlebnisse der letzten Tage ließen ihm keine Ruhe und die Sorge um Lisa setzte ihm zu. Ben legte sich an dem leicht abfallenden Ufer des Flüsschens ins Gras und schloss für einen Moment die Augen.

Lisa
    Lisa wachte mit dem Gefühl auf, als ob jemand sie riefe.
    Die halbe Nacht schon hatte sie wach gelegen und war erst gegen Morgen in einen unruhigen Schlaf gefallen.
    Zum ersten Mal seit sie hier war fühlte sie sich unwohl in dieser luxuriösen Umgebung. Sie wollte einmal allein sein.
    Sie mochte die Feen und Elfen und sie liebte die immer fröhlichen Schönen Kinder, aber auch die freundlichste Gesellschaft konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie immer unter Beobachtung stand.
    Außerdem fehlte ihr Faith. Der Besuch bei der Reifen mit der Harfe hatte Lisa aufgerüttelt.
    Die Geschichte über die gegensätzlichen Zwillinge, deren zwielichtige Motive, und der Bericht über die Zerstörung der Burg, hatten sie aus ihrer Vorstellung, Annabelle sei für sie selbst und Faith nicht gefährlich, gerissen.
    Es war immer noch früh, als sie endgültig erwachte.
    Ohne zu überlegen, zog sie ihre Reitkleidung an und schlüpfte leise aus ihrem Zimmer.
    Sie sah sich um, aber sie wusste, dass um diese Zeit niemand unterwegs sein würde.
    Die Bewohner des Palastes schliefen nach den berauschenden Nächten, in denen bis zum Morgengrauen gefeiert, gespielt und getanzt wurde, bis weit in den Vormittag hinein. Die Lichter waren erloschen, die Musik verstummt.
    Annabelle stand immer erst gegen Mittag auf.
    Ein sanfter Morgenwind spielte mit Lisas blonden Haaren, als sie zu den Ställen eilte.
    Leises Prusten und Schnauben war zu hören und das gedämpfte Stampfen ihrer Lieblingsstute drang aus einer der Boxen.
    Lisa hielt sich nicht damit auf, das Pferd zu satteln, da jeden Moment einer der Pferdeburschen auftauchen konnte.
    So schnell wie möglich holte sie die Stute aus dem Stall und saß auf.
    Als ob das Tier wüsste, um was es ging, trabte es, kaum dass es Lisas Gewicht spürte, los.
    Das Land lag im blassen Licht der Morgensonne vor ihr.
    Niemand war ihr gefolgt. Lisa genoss die Freiheit und das Alleinsein. Sie galoppierte über die flache Ebene mit den dampfenden Erdlöchern.
    Weit hinter ihr im Dunst lag Annabelles Palast. Er war jetzt nur noch als wabernde Luftspiegelung erkennbar.
    Stunden später hatte Lisa keine Ahnung mehr, wo sie sich befand.
    Natürlich würde ihr kleines schlaues Reittier den heimatlichen Stall wiederfinden, aber wollte sie das überhaupt?
    Der dunstige Morgen war einem strahlend klaren Nachmittag gewichen.
    Den Tag über hatte sie sich von Walnüssen, Äpfeln und Birnen ernährt.
    Hier schien alles im Überfluss zu wachsen. Niemand war zu sehen, der sie daran hindern konnte, ihren Hunger zu stillen.
    Die trockenen, staubigen Wege waren gesäumt von Obst- und Nussbäumen, sie brauchte sich nur zu bedienen.
    Ein

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