Faith (German Edition)
immer noch hinter den Vögeln her.
„Keine Ahnung, ich habe noch nie so gewaltige Adler gesehen. Aber es waren Adler, Weißkopfadler, da bin ich ganz sicher.“
Laura dachte an die Abbildungen von diesen schönen Tieren, die sie gesehen hatte.
„Nur“, meinte sie, „die hier waren bestimmt dreimal so groß.“ Sie gingen weiter, in Gedanken immer noch bei den Riesenvögeln. Wolle ging jetzt sehr gesittet und sehr dicht neben den drei Mädchen her.
„Die Tür ist offen!“ Lena zeigte verblüfft und leicht beunruhigt auf die Küchentür der Villa, vor der der Grill stand.
Da sie aus dem Wald kamen, waren sie am Hintereingang der Villa gelandet.
Wolle kläffte aufgeregt und wedelte erwartungsvoll mit dem Schwanz, dann schoss er durch die geöffnete Tür in die Küche und danach durch die Halle und die Treppe hinauf. Die Mädchen rannten hinterher, um ihn aufzuhalten. Aber der Hund war nicht zu halten. Er raste zielstrebig vor ihnen her, hielt vor einem der Schlafräume, setzte beide Vorderpfoten auf die Klinke, drückte die Tür auf und sprang mit einem kühnen Satz auf das Bett, um sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf Lisa niederzulassen.
Seine lange Zunge schlabberte einmal quer über Lisas Gesicht, dann ließ er sich beglückt zum zweiten Mal fallen. Er sah mit der Miene „seht-mal-her-was-ich-gefunden-habe“ Lara, Lena und Laura entgegen, die in der Tür erstarrten.
Ben stand plötzlich hinter ihnen. Er sagte nicht „Hallo“, nicht „Guten Tag“ oder „da sind wir wieder“, er schob die drei Mädchen einfach beiseite. „Macht mal Platz“, rief er. Dann schlug er ihnen die Tür vor der Nase zu und ließ sie draußen stehen.
Frau Dr. Kirchheim-Zschiborsky setzte gerade das Tablett mit einer silbernen Teekanne, drei Teetassen und einer Schale auf dem Tisch ab, als es klopfte.
„Herein!“
Sie ging zur Tür um ihren Besuchern entgegenzugehen. Schwester Dagmar trat, gefolgt von Dr. Dr. Karl-Heinz Schrader ein.
Die beiden Frauen hatten in ihrer Not und Sorge um die Kinder und Robert den Arzt in die Geschehnisse der letzten Wochen eingeweiht.
„Oh, wie hübsch.“ Schwester Dagmar bewunderte die bauchige, ovale Silberkanne, deren silberner Deckel von einem wunderschön gearbeiteten geflügelten Löwen gekrönt wurde.
Die Direktorin nahm die Kanne bei ihrem schwarzen Ebenholzgriff und goss den starken bernsteinfarbenen Tee in die zierlichen, mit Rosen bemalten Porzellantassen. „Ein altes Geschirr meiner Großmutter“, sagte sie. „Der Goldrand ist leider schon sehr abgestoßen, aber ich liebe diese Tassen.
Sie erinnern mich an die glücklichen, unbeschwerten Sommerferien bei meinen Großeltern.
Aber bitte nehmen sie doch Platz!“ Sie wies auf das Sofa und setzte sich selbst auf ihren Lieblingssessel.
Schwester Dagmar errötete sanft, als Dr. Dr. Schrader neben ihr in das – etwas zu weiche – Sofa sank.
Der Arzt war Psychologe und hatte zudem in Allgemeinmedizin promoviert. Als solcher betreute er auch die Schüler des Internats, wenn das notwendig war.
Er war trotz seines fortgeschrittenen Alters noch Junggeselle und lebte mit einer ältlichen Verwandten, die ihm den Haushalt machte, in einem reizenden zweistöckigen Fachwerkhaus in der Mitte des Ortes.
Den kleinen, liebevoll gehegten Garten mit den Rosenbüschen pflegte er selbst. Ein sympathischer und gut aussehender Mann, fand Frau Dr. Kirchheim-Zschiborsky, als sie Schwester Dagmar neben dem Arzt sitzen sah. Sie unterdrückte ein Lächeln, als sie an den roten Herrenschlafanzug dachte, den Schwester Dagmar in der Nacht des Erdbebens unter dem rosafarbenen Satinmorgenmantel getragen hatte.
„Soweit ich bis jetzt sehen kann,“ begann Dr. Dr. Schrader, „geht es Ben und Lisa körperlich nicht schlecht. Nach allen erforderlichen Untersuchungen habe ich nichts finden können, was eine Einweisung in ein Krankenhaus erforderlich machen würde. Die leichte Unterkühlung, die ich mir bei den Temperaturen, die wir zur Zeit haben, gar nicht erklären kann, haben wir im Griff.
„Ich denke“, und dabei sah er Schwester Dagmar liebevoll an, „dass bei entsprechend kompetenter Pflege die beiden bald wieder vollständig auf den Beinen sind.“
Nachdenklich betrachtete er die Rose auf seiner Teetasse, setzte die Tasse ab und fuhr fort.
„Anders sieht es mit ihrer seelischen Verfassung aus.
Sie scheinen beide sehr einschneidende Erlebnisse gehabt zu haben. Es werden einige Gespräche notwendig sein, um Ben und Lisa zu
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