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Faith (German Edition)

Faith (German Edition)

Titel: Faith (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Tintelnot
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oberhalb des Canyon. Von unvergleichlicher Schönheit, einem makellosen Kunstwerk gleich, sandte der dunkle Alb seinen violetten Blick, der so sehr dem seiner Schwester glich, hinüber zu Annabelle. Als ihre Blicke sich kreuzten, ballten sich über den Kratern, die sie voneinander trennten, unter dem wütenden roten Himmel, Amethystfarbene, schwarz geränderte Wolkengebirge.
    Obsidians Hufe rutschten Halt suchend auf dem felsigen Untergrund. Die Geschwister mussten nicht sprechen, um einander zu verstehen.
    Im Leib ihrer Mutter hatten sie ihre eigene Sprache gefunden.
    „Wo ist das Mädchen?“
    „Ich habe nicht die geringste Ahnung“, kam es von Annabelle zurück.
    Ungeduldig und ängstlich tänzelten Leathans schwarzer Hengst und Annabelles Schimmel auf dem glatten Fels am Rande des Abgrunds.
    „Wir hatten eine Abmachung, Annabelle!“
    „Ich weiß.“
    Annabelle weidete sich an der hilflosen Wut ihres Bruders.
    Aber sie wollte seinen Zorn nicht noch mehr herausfordern, deshalb antwortete sie.
    „Ich weiß nur, dass sie am Leben ist. Hast du es so eilig, dass sich die Prophezeiung erfüllt?“
    In seinem Kopf triefte ihre Stimme vor Hohn.
    Wieder fuhr seine Hand ganz unbewusst zur Brust.
    „Wenn sie nicht kommt, wirst du mir alles zurückgeben. Das Feental, die Artisanen, alles, denk daran.“
    Hinter ihm hörte Annabelle die stampfenden Hufe der heranreitenden finsteren Elfen, in deren sinistrer Gesellschaft sich Leathan immer befand.
    Sie säumten, wie Annabelles weiße Reiter es auf der einen Seite taten, schwarz und bedrohlich die gegenüberliegende Seite des Canyon.

Gebackene Feigen
    „Manchmal“, flüsterte Robert, „fühle ich mich von deinen blauen Boten beobachtet.“
    Magalies Lachen war ansteckend. „Ach, mein Liebster, wenn ich sie bitte, sehen und hören sie nichts.“
    „Sicher?“
    „Ganz sicher!“
    Sie griff, immer noch lachend, durch das Dach aus zarten Faltern, das wieder blaue Farbe angenommen hatte.
    Im nächsten Moment standen gebackene Feigen, frisches Brot und eine Karaffe mit klarem Wasser vor Robert.
    Zwei Tage und Nächte hatten Magalie und Robert im Wald verbracht. Jetzt kam die Zeit des Abschieds und der Trennung.
    „Wie so oft“, dachte Robert wehmütig.
    Auf einen Wink Magalies hin hob sich das blaue Dach über ihnen.
    Die blauen Schmetterlinge waren längst verschwunden, als Robert und Magalie den Weg zu den Grotten einschlugen.
    Lange ritten sie schweigend, sie genossen die Gegenwart des anderen und fürchteten den Abschied umso mehr.
    Als die Grotten vor ihnen aus dem Dunst auftauchten, kam ihnen Elsabe entgegen.
    Ein roter Kater schoss aus dem Gebüsch neben dem staubigen Weg und erschreckte Chocolat zu Tode.
    Robert konnte das Pferd nur mit Mühe halten.
    „Wenn ich nicht gewusst hätte, wo ihr steckt, hätte ich mir Sorgen gemacht.“
    „Woher wusstest du?“ Magalie sah Elsabe fragend an.
    „Auch der Wald hat Augen und Ohren.“
    Sie sah Magalie streng an, aber das Lächeln in ihren Augen sprach eine andere Sprache.
    Dann umarmte sie Robert.
    „Wir haben den Jungen zurückgeschickt.“
    „Jamal ist wieder im Internat? Ich hoffe, es geht ihm gut?“
    „Als er mit dem Zwiesel ankam, war sein Geist weit weg. Er hat nicht wahrgenommen, dass wir ihn in seine Welt zurückgebracht haben. Ja, ich glaube, es geht ihm wieder gut.“

Nichts geht verloren
    Auf dem Kalender an der Wand stand deutlich die Zahl siebenundzwanzig.
    Der siebenundzwanzigste März.
    Christian saß an Jamals Bett und beobachtete seinen Freund besorgt.
    Seine Freude, den Freund wiederzusehen, war überschattet von der Sorge darüber, dass er noch nicht aufgewacht war.
    Am Morgen war er einfach wieder da gewesen.
    Er hatte ordentlich zugedeckt im Bett auf der Krankenstation gelegen.
    Schwester Dagmar war vom süßen Duft aufgeblühter Rosen geweckt worden.
    Aber Rosen um diese Zeit?
    Sie war dem Duft nachgegangen und hatte dann Jamal entdeckt.
    Jamal trug seltsame Kleider, wie man sie vielleicht in der Wüste, aber sicher nicht in Waldeck trug.
    Seine Wangen waren eingefallen und die Haut um die Augen herum sah unter der Schwärze durchsichtig und dünn aus.
    Christian hielt einfach die Hand des Freundes und wartete.
    Schwester Dagmar hatte noch einmal nach Jamal gesehen. Sie wagte nicht, Christian hinauszuschicken, weil sie sah, wie der arme Kerl litt.
    „Leg dich ein bisschen hin, Christian.“ Sie wies auf die Liege, die sie für ihn hergerichtet hatte.
    „Es hat keinen Sinn, die ganze

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