Faith (German Edition)
kenne ich mich aus.
Adam soll mir noch mal genau die Gegend beschreiben, in der er zuletzt mit Jamal gewesen ist. Vielleicht habe ich Glück und finde Jamal noch dort.“
Er stockte.
„Ich habe Robert und den Artisanen versprochen, wiederzukommen um ihnen zu helfen. Robert ist die Flucht vielleicht schon gelungen. Aber ganz sicher nicht mit den Artisanen und deren Kindern. Mir wird schon etwas einfallen, wenn ich erst mal dort bin. Außerdem werde ich nach Lisa sehen. Murat weiß immer, wo ich bin. Wenn er Lisa ausgemacht hat, kann er mir helfen und mir zeigen, wo sie ist.“
„Gibt es irgendetwas, was wir für dich tun können?“ Valerie sah ganz unglücklich aus.
„Ich könnte mitkommen“, meinte Viktor.
„Nein, ich muss allein gehen, Viktor. Für mich wäre es eher eine Belastung, wenn ich auch noch auf dich aufpassen müsste. Nimm es mir nicht übel, aber allein bin ich viel unauffälliger.“
„Wahrscheinlich hast du recht, aber es gefällt mir trotzdem nicht.“
Ben hörte zu, aber er äußerte sich nicht. Als sie sich trennten, war es spät geworden.
„Wann willst du morgen früh los?“, fragte Ben Richard ganz beiläufig.
„Wenn ich mit Adam gesprochen habe. Auf jeden Fall morgen sehr früh.“
Es war noch dunkel, als Richard sich über die nur mit der Notbeleuchtung erhellten Flure schlich. Adam sollte heute entlassen werden. Er musste ihn unbedingt noch erwischen, bevor Schwester Dagmar auftauchte und ihn mit besorgten Fragen löcherte. Er wollte endlich aufbrechen und hatte keine Lust, auch noch ihre Sorgen zerstreuen zu müssen.
Kurz hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, bemerkte aber den Schatten nicht, der ihm leise folgte.
Vorsichtig öffnete er die Tür zu Adams Zimmer und tastete sich zu seinem Bett. „Adam.“ Er schüttelte den Schlafenden an der Schulter.
„Wach auf, Adam.“
„Was ist?“
Adam drehte sich seufzend um und blinzelte. In der Dunkelheit sah er nur undeutlich Richards ungeduldiges Gesicht.
„Beschreib mir so genau wie möglich, wo du Jamal zurückgelassen hast.“
„Zurückgelassen ist gut! Mann, ich war tot!“
„Ja, ist ja gut, ich wollte damit nicht sagen, dass du ihn im Stich gelassen hast.“
„Warum muss das mitten in der Nacht sein?“
„Weil ich“, Richard stöhnte genervt auf, „in die Anderswelt gehe, um ihn zu suchen.“ Adam rappelte sich auf. „Du willst alleine …?“
„Frag nicht so viel, das ist schließlich meine Heimat. Ich weiß, wo ich Hilfe kriegen kann, kenne Schleichwege und Verstecke, mir passiert schon nichts.“
Adam gab auf und schilderte so genau wie möglich, wo er und Jamal sich befunden hatten, bevor er von dem Slicker gebissen worden war.
Er fand sogar noch die Zeit, Richard von der Grotte zu berichten, in der er in dampfendem warmem Wasser gelegen hatte. „Aber“, fügte er hinzu, „ich weiß nicht, ob das nur ein Traum oder Wirklichkeit gewesen ist.“
„Ich weiß von den Grotten. Sie gehören den Hexen, die bei Magalie leben. Die Wannen in den Grotten werden gespeist aus den Wasserfällen über den Felsen, in denen sie sich befinden. Diese Wasserfälle sind Hunderte Meter hoch und führen warmes Wasser, das aus dem Inneren der Erde sprudelt. Es hat eine besondere, heilende Kraft.“
„Irgendwann, Adam, werde ich sie dir zeigen, diese Wasserfälle. Dort oben zu stehen und das gewaltige Brausen zu hören und in die schwindelnde Tiefe zu blicken, ist berauschend. Milliarden funkelnder Tropfen explodieren in der Luft wie winzige Diamanten. Und nach zwei Minuten bist du patschnass.“
Richard lächelte trübsinnig. „Meine Welt ist wunderschön und vielleicht wird sie eines Tages nicht mehr so grausam und böse sein. Ich muss gehen.“ Richard wandte sich zur offenen Tür und zog sie schnell zu, bevor Adam sehen konnte, wie schwer ihm der Abschied wurde. Er hatte nie viele Freunde gehabt, nun hatte er welche gefunden und musste sie gleich wieder verlassen.
Trotzig wischte er sich mit dem Handrücken über die Augen. Gepackt hatte er schon. Sein Rucksack stand hinter der Tür, daneben lag sein Bogen.
Ben hechtete durch den Wald. Einen Teil der Unterhaltung zwischen Richard und Adam hatte er belauscht. Dann war er losgerannt. Ben war ein ausgezeichneter Läufer, der Beste der Schule. Er wollte vor Richard am alten Baum ankommen. Dass Richard ihn nicht freiwillig mitnehmen würde, war ihm klar.
Er musste ihn überrumpeln. Außerdem war es keineswegs sicher, dass sich ihm allein der Eingang zur
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