Faith (German Edition)
Stallungen, dem sonnendurchfluteten Park und den ausgedehnten Gemüse- und Blumengärten hatten ihn unwiderstehlich angezogen. Oft war er heimlich zwischen den langen Glashäusern entlanggeschlichen, in denen dicke leuchtende Trauben den Blick hinein verwehrten. Sehnsüchtig hatte er die Glitter beobachtet, die die Feen und Elfen neckten und sorglos ihre Tage in der Luft oder auf den Bäumen verbrachten. Aber selbst die Glitter halfen bei der Ernte, wenn Äpfel, Birnen oder die samtigen gelben Pfirsiche reif waren.
Die Wiesen mit Hunderten von Obstbäumen lagen ein Stück weit weg vom Haus.
Im Frühling, wenn er glaubte, unbeobachtet zu sein, legte er sich in das weiche Gras unter den Bäumen und sah hinauf in die leuchtend rosafarbenen oder weißen Blüten und den Himmel darüber. Er folgte der Reise der Wolken und fand in jeder Wolkenform ein anderes Fabeltier. Aber das war Kindheit. Jetzt begann das Leben, kompliziert zu werden. Träumereien konnte er sich nicht mehr erlauben.
„Meine grünen Wiesen gibt es immer noch, Richard, und die Trauben sind gerade reif.“
Richard erschrak. Also hatte sie ihn doch gesehen. Seine Annahme, unbeobachtet gewesen zu sein, war falsch. Magalie lächelte.
„Du kennst ja den Weg, ihr seid mir willkommen.“ Chocolat schnaubte leise, als er den sanften Druck ihrer Schenkel spürte und setzte sich in Bewegung. Ben gaffte immer noch hinter Magalie her, als sie schon lange zwischen den Bäumen verschwunden war.
„Ben?“
„Wer war das?“
„Das“, Richard grinste, „war Magalie, Faiths Mutter. Los, mein Freund, sie ist zu alt für dich, außerdem bist du doch hinter Lisa her.“
„Sie ist …“ Ben fehlten die Worte.
„Ja, das ist sie“, bekräftigte Richard, der sich denken konnte, was Ben sagen wollte. Magalie war eine ungewöhnlich anziehende Frau, dazu eine, die offenbar seine Gedanken lesen konnte.
Betrug
Auch heute war Glatzes Laune nicht die Beste. Da war sogar etwas Lauerndes in seinem Blick, der nichts Gutes verhieß.
„Guten Morgen, Herrschaften.“
Diesmal legte er seine Mappe ganz sanft auf den Tisch und öffnete sie so vorsichtig, als enthielte sie einen Sprengsatz.
Er verteilte die Arbeiten an die Schüler. Zwei der Blätter allerdings behielt er in der Hand. Dann wandte er sich an Laura und Lena. Glatze fixierte die beiden.
„Wie kann es sein, dass zwei der schwächsten Schülerinnen, die ich in meiner gesamten Zeit als Lehrer die Ehre hatte zu unterrichten, eine fehlerfreie Arbeit abliefern?“ Er sah Laura und Lena drohend und gleichzeitig erwartungsvoll an. Sein zynisches Lächeln gerann.
„Hättet ihr nicht wenigstens einige wenige Fehler einbauen können, um das Ganze glaubhafter zu machen?“
Laura fasste sich als Erste.
„Sie glauben, wir haben geschummelt?“
„Allerdings.“
Lena war wütend und konnte kaum an sich halten.
„Das müssen sie uns erst mal beweisen.“
Glatze warf den Mädchen die Arbeiten auf den Tisch, er hatte sie nicht bewertet, es stand keine Note darunter.
„Aber das …“ Lena schluckte.
„Wir werden eine neue Arbeit schreiben, diese ist ungültig.“ Ein Stöhnen ging durch die Reihen.
„Dafür könnt ihr euch bei euren beiden Mitschülerinnen bedanken“, wandte er sich an den Rest der Klasse.
Damit verteilte er weitere Blätter an sehr missmutige Schüler, setzte sich an seinen Tisch und ließ Laura und Lena für den Rest der Stunde nicht mehr aus den Augen.
Das Klingeln der Pausenglocke erlöste die Klasse.
Beim Hinausgehen lieferten alle ihre Arbeiten bei Glatze ab. „Das war ja richtig uncool.“
Adam legte den Arm um Lara und folgte den anderen auf den Schulhof. Adam hatte die Arbeit mitgeschrieben, obwohl er seit Weihnachten nicht mehr am Unterricht teilgenommen hatte.
Für ihn waren Schule und Lernen kein Problem. Was er einmal gelesen hatte, behielt er in seinem fotografischen Gedächtnis. Er besaß die Fähigkeit, sich einmal Gesehenes für lange Zeit einzuprägen.
Lara schilderte ihm, wie sie Lena und Laura, auf dem Bett sitzend, vorgefunden hatte.
„Die beiden haben tatsächlich gelernt, das war an dem Tag, an dem du aufgewacht bist. Am nächsten Morgen kam Glatze mit dem Test. Lena und Laura sind ja nicht doof, höchstens faul. Was sie geübt haben, behalten sie auch. Aber Glatze, der Blödmann, glaubt den beiden nicht.“
Wie immer trafen sie Bruno und Christian und die Zwillinge bei den Arkaden im Schulhof, wo sie an ihrer Stammsäule herumhingen.
„Seit gestern
Weitere Kostenlose Bücher