Faith (German Edition)
war ein Glitter.“
Richard konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
Er hatte diese diebischen Elfen oft gesehen und bewundert, wie geschickt sie es anstellten, sich Dinge anzueignen, die ihnen nicht gehörten.
„Das sind die diebischsten Gesellen, die du dir vorstellen kannst. Sie haben nichts als Unsinn im Kopf. Aber sie sind nicht bösartig, sondern eher das, was man als unartig bezeichnen würde.“
„Und sind die hier überall?“
Ben stieg in seine Hose, die er sich vom Kopf gerissen hatte, dann suchte er den zweiten Schuh.
„Sie leben hier in der Anderswelt wie wir alle. Viele von ihnen können sich unsichtbar machen, deshalb weiß ich nicht genau, wo sie sich rumtreiben. Also ja, sie könnten überall sein.“
„Dann sollten wir gut auf unsere Sachen aufpassen.“
Ben trampelte auf der Stelle, langsam wurde ihm wärmer.
Richard nahm seinen Bogen und legte sich den Gurt des Köchers über die Schulter.
„Los, lass uns gleich weitergehen, solange es dunkel ist.“
Ben war müde. Eigentlich wollte er nur noch schlafen. Das Geschehene hatte ihn mehr mitgenommen, als er sich eingestehen mochte.
Für Richard waren Chimären, Glitter oder die schwarzen Reiter vielleicht alltäglich.
Aber er sah das alles zum ersten Mal und es machte ihm Angst.
Mit dem Gedanken, Lisa finden zu wollen, hielt er sich wach und stapfte hinter Richard her, der offenbar Katzenaugen besaß.
Ben konnte nicht viel von der Gegend, durch die Richard ihn führte, sehen. Das Gelände war uneben und flach. Am Horizont erschien gegen Morgen ein blutroter schmaler Streifen, vor dem sich die Silhouette einer Ruine mit gebrochenen Türmen in den Himmel hob. Richard deutete nach vorne.
„Das ist unser Ziel, da finden wir Schutz und wahrscheinlich auch etwas Essbares. Dort beginnt das Land der Zwiesel. Sie sind fleißig, sie leben von Landwirtschaft, brennen den besten Schnaps und sie treiben überall Handel. Ihre Gastfreundschaft ist legendär.“
Die Sonne ging ebenso plötzlich auf, wie sie untergegangen war.
Unter ihrer blendenden Scheibe standen die Türme der Ruine regelrecht in Flammen.
Faith öffnet ein Medaillon
Faith wusste, dass sie keine Wahl hatte. Sie saß in der Falle und musste auf Annabelles Wünsche eingehen. Lisa konnte sie nicht bei Annabelle lassen. „Ich muss so schnell wie möglich wieder hier sein“, dachte sie.
Wenn sie zu Leathan ginge, würde das Magalie in Gefahr bringen?
Wonach sollte sie Ausschau halten? Ihr wäre wohler, wenn sie wüsste, was Leathan besaß. Was genau sollte sie Annabelle bringen? Wie sah das Zeichen der Macht aus, das sie stehlen sollte? Wie sollte sie das herausfinden? Tausend Fragen, keine Antworten. Faith war verzweifelt. Ein Gedanke allerdings machte ihr Mut. Sie würde Robert dort finden!
Nach Patricias Aussagen war Robert bei Leathan. Sollte ihm die Flucht von dort nicht inzwischen gelungen sein, würde sie endlich ihren Vater wiedersehen.
Richard, war er noch dort?
Ihr Herz sehnte sich nach ihm, ihr Verstand warnte sie, sich zu sehr auf ihn einzulassen. Konnte Faith ihm wirklich vertrauen? Oder war er in dieser fremden Welt auch ein Fremder für sie?
Wenn er ihr und ihrem Vater helfen wollte, musste er sich gegen den eigenen Vater stellen. Faith konnte sich nicht vorstellen, sich in einer solchen Situation mit Robert zu befinden.
Sie saß auf der großen Freitreppe des Schlosses und drehte gedankenverloren den Mondstein auf dem Ring an ihrem Finger.
Auf dem kiesbestreuten Vorplatz waren nur ein paar Trolle damit beschäftigt, Moos und Unkraut zu entfernen.
Plötzlich standen sie, wie auf Befehl, still.
Faith ließ den Edelstein los. Die Trolle arbeiteten weiter, als sei nichts geschehen.
Faith drehte den Stein noch einmal. Wieder standen die Trolle still, wie eingefroren. Das also war das Geheimnis des Schmuckes, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte.
Zum ersten Mal hatte sie seine Magie bewusst angewandt.
Eine unbestimmte Angst vor der Macht, die sie ausüben könnte, bemächtigte sich ihrer. Sie dachte zurück an die Silvesternacht, ihren Geburtstag. Damals hatte der Ring auch seine Macht gezeigt, allerdings ohne ihr Zutun.
Sie konnte den Lärm der spielenden Kinder hören. Er kam vom Strand unten. Von dort drang auch Lisas helle Stimme zu ihr. Sie musste so schnell wie möglich aufbrechen. Lisa war schon viel zu lange hier.
Mehr als neunzig Tage durften weder sie noch Robert in der Anderswelt bleiben. Ihre Gedanken wanderten zu Jamal und Adam. Wo sie
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