Faktor, Jan
das? Viele Ihrer Schüler denken oft an Sie.
- Das
freut mich, das freut mich sehr.
- Wissen
Sie, ich bin gleich nach dem Krieg und dem Lager Kommunistin geworden, nicht
erst nach Achtundvierzig. Im Krieg haben die Kommunisten die meisten Opfer
gebracht.
- Das sagt
die offizielle Geschichtsschreibung, meineLiebe - unter uns gesagt. Ich gebe
euch jungen Menschen aber keine Schuld, Ihnen schon gar nicht. Aber wissen Sie,
wen ich neulich getroffen habe?
-Ja?
- Den
blinden Klaudius, er lief völlig allein herum. Er war auch mein Schüler, als
ich noch unterrichten durfte. Er macht sich bis heute furchtbare Vorwürfe wegen
der Säuberungen von damals. Die jungen Kommunisten haben an der Fakultät
furchtbar gewütet - das ist wahr.
- Klaudius
ist bald selbst unter die Räder gekommen.
- Zum
Schluß haben wir zusammen sogar gesungen, stellen Sie sich das vor. Ich habe
meine Lebendigkeit auch nicht ganz verloren.
- Kläda
singt ja so gern.
- Und er
hat auch Humor. Wir gingen in eine Kneipe, tranken etwas und sangen dann -
leise, versteht sich - das alte Aufbaulied: »Ted' kdyzmäme, co jsme chteli...«
- »DA WIR NUN HABEN, WAS WIR WOLLTEN«. Aber lassen wir das, das Leben geht weiter.
Sie sind so wunderbar jung geblieben - trotz des Lagers!
- Sie
haben doch viel mehr hinter sich, Herr Professor, bei mir waren das nur drei
Jahre - und ich war viel jünger.
- Es war
nicht so schlimm, für meine Familie war es viel schlimmer. Was mich betrifft,
habe ich furchtbar viel Zeit verloren. Acht Jahre - meine Arbeiten bestehen aus
einem Haufen von Fragmenten. Und jetzt spielen meine Augen nicht mehr mit.
ihre
Waschlappen waren voller hautpartikel, hautfett und hautbakterien
Dana
besuchte ich in größeren Abständen weiter, natürlich heimlich, und wir
schliefen fleißig miteinander. Mir war sowieso nicht klar, wie diese Gewohnheit
beendet werden sollte. Körperlich ging alles wunderbar widerstandslos von der
Hand und vom Glied - außerdem wie immer wortlos, ohne anstrengende Vorspiele
mit Annäherungsdiskussionen oder Fragestunden. Wenn ich Lust hatte, konnte ich
ihr dort, wo sie gerade war, die Hose herunterziehen und sie in den
unmöglichsten Stellungen besamen. Auf dem Küchentisch, im Bad auf der
Waschmaschine, im Flur an der Wand oder sonstwo einfach freistehend - ob sie
momentan gerade ihre Tage hatte oder nicht. Beim Planen meiner Besuche konnte
ich mich danach gar nicht richten. Als aus ihr einmal ein ganzer
Rühr&Gerinn-Blutkuchen mit Spermagarnierung herausfiel und auf den Fußboden
klatschte, kommentierten wir es lieber nicht.
Weil es
wegen unserer Stummheit nie klar war, ob und wann Dana einen Orgasmus hatte,
gewöhnte ich mir an, oft als erstes ihre Klitoris mit dem Mund zu verschlingen,
bis sie sich durch ihre Atmung verriet. Wirklich behaglich war mir bei unserem
körperreduzierten Getue irgendwann nicht mehr. Wir wurden und wurden uns trotz
der vielen Schleimitäten überhaupt nicht vertrauter. In meiner eingenebelten
Zukunft kam Dana vorsichtshalber nicht vor. Und sie ließ mich im Gegenzug auch
einfach zappeln - einfach aus Ratlosigkeit, denke ich. Wie konkret sie sich mit
ihrer eigenen Zukunft beschäftigte, wußte ich nicht.
- Woran
denkst du, traute ich mich manchmal zu fragen.
- An gar
nichts weiter.- Ich sehe schon an deiner Körperhaltung, wenn du ganz woanders
bist.
- Es waren
gar keine Gedanken, nur schwimmende Bilder.
- Aber an
etwas hast du dabei doch gedacht.
- Ich habe
nur gebildert.
Zum
Ausgleich führten wir gelegentlich überraschend geistbeladene, aber vollkommen
unpersönliche Gespräche. Mich trieb mein postpubertäres Bedürfnis, mich fürs
Höhere vorzubereiten, und ich hörte Dana oft einfach nur geduldig zu. Ich
bewunderte sie, und sie genoß es. Dabei hantierte sie beim abstrakt-formalen
Theoretisieren schon immer mit nur angedeuteten Denkfiguren, und ihre Zuhörer
schreckte sie damit normalerweise eher ab. Bei uns zu Hause wurde über ihre Art
zu philosophieren gelegentlich gelästert. Die von ihr produzierten
Gedankensplitter wirkten berührungsscheu und waren aufeinander nur sehr lose
bezogen - trotzdem bis zur völligen Unbrauchbarkeit miteinander verknotet. Im
Zusammenhang mir ihrer Arbeit verabscheute Dana dagegen jede Theorie und war im
Grunde nie gezwungen, ihre Gedankengebilde auf Stringenz prüfen zu lassen.
- Stell
dir das vor wie drei Schienenstränge, die versuchen, sich nicht zu treffen - es
aber müssen. Und es sind immer drei. Auf dem unvermeidlichen
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