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Faktor, Jan

Faktor, Jan

Titel: Faktor, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Sorggen um die Vergangenheit
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etwas
unwirklich wirkte, war leider immer viel zu schnell zu Ende. Die Männer
richteten sich anschließend auf, die Arbeit um sie herum ging schon wieder
weiter. Der Stolz der Hammermänner verbot es ihnen, sich nach anerkennenden
Blicken umzuschauen. Zum Glück kam nie einer aus dem Publikum auf die Idee zu
applaudieren.
     
    petr
skopka
    Skopka war
im Grunde ein apolitischer Mensch, studierte Maschinenbau, konzentrierte sich
zusätzlich auf die Flugzeug- und Raketentechnik. Sein großes Vorbild war -
neben dem verstorbenen Koroljow - der amerikanische Aerodynamiker Francis
Melvin Rogallo, der lange mit der Entwicklung flexibler Tragflächen beschäftigt
gewesen war und schließlich für die NASA am Gemini-Projekt gearbeitet hatte.
Rogallos Gleitschirme kamen bei der NASA zwar nie zum Einsatz, mit dem
dreieckigen Flügel konnte sich der ein oder andere Mensch aber den Wunsch
erfüllen, endlich wie ein neuerschaffenes Wesen längere Zeit in der Luft zu
kurven. Als die ersten Bilder der Rogallo-Drachen in den Zeitschriften
erschienen waren, war Skopka wie getrieben und vernachlässigte sein Studium.
Die Geräte schienen - die Herrlichkeit dieser Vorstellung ging ihm nicht aus
dem Kopf - im Zusammenspiel mit dem Körper des Fliegers steuerbar zu sein. Man
hing in ihrer relativ einfachen Rohrkonstruktion fast waagerecht und durfte
sich, auch wenn man sich in puncto Wendigkeit mit Schwalben oder Stubenfliegen
sicher nicht messen konnte, wie ein König der Lüfte fühlen. Da es Skopka nicht
gelang, einen Bauplan für den Flügel aufzutreiben, erarbeitete er schließlich
eigenhändig - als Vorlage dienten ihm Fotos aus deutschen Zeitschriften - eine
professionelle technische Zeichnung. Nach einem längeren Besorgungskampf hatte
er endlich alle nötigen Leichtmetallrohre und -profile zusammen, und nachdem er
auch noch Dacron für die Bespannung bekommen hatte, konnte er mit dem Bau
seines eigenen Fluggeräts beginnen. Er war sicher einer der ersten in der
damaligen Tschechoslowakei.Sein erster Flugversuch war leider alles andere als
erfolgreich. Skopka hatte in seinen Berechnungen eine Kleinigkeit nicht
berücksichtigt: Die gewünschte Gleitfähigkeit 1 zu 3 wäre nur bei einem
Gegenwind von mindestens sechs Metern pro Sekunde zu erreichen gewesen. Auch
das Verhältnis bestimmter Längenmaße stimmte nicht ganz. Die durch die
Perspektive verzerrten Fotos waren als Vorlage eben nicht ideal. Bei seinem
ersten Start war Skopka voller Optimismus. Er lief mit seinem imposanten Flügel
den Hang herunter, lief und lief, hob und hob aber trotzdem nicht ab - der benötigte
Gegenwind kam ihm an dem Tag leider nicht entgegen. Er lief verbissen weiter,
obwohl er keinen nennenswerten Auftrieb spürte und obwohl er wußte, daß er
wegen seiner Größe und seiner schweren Knochen nicht der Leichteste war. Für
ihn gab es keinen Grund, an seinen Berechnungen zu zweifeln, keinen Grund,
irgendwann an den Abbruch der Raserei und an das rechtzeitige Abbremsen zu
denken. Der Hang des kegeligen und baumlosen Hügels bei Louny hatte genau die
richtige Neigung, und Skopka rechnete damit, in der nächsten oder spätestens
übernächsten Sekunde abzuheben. Er lief wirklich schnell, lief so lange, bis
der Hang mit einem scharfen Knick in der Ebene des Flusses Ohre endete und sein
Flügel sich in den fruchtbaren Ackerboden hineinbohrte. Skopka brach sich bei
dem Aufprall sein linkes Schlüsselbein und zertrümmerte sich teilweise die
linke Schulter. Logischerweise hatten auch die wertvollen Spezialrohre stark
gelitten - das schmerzte Skopka noch viel mehr. Seine Genesungszeit nutzte er
anschließend zur Weiterbildung. Beim zweiten Versuch wollte er alles richtig
machen und endlich abheben. Als ich ihn in dieser Zeit einmal traf, war er nur
in einem Punkt etwas skeptisch.
    - Es ist
leider nicht ganz klar, wie sich die Kommunisten zu der Fliegerei verhalten
werden.
    Skopkas
bester Freund aus seinem Studium war ein Spezialist für massive, angeblich
tötungsfähige Schleudern und Armbrüste. Er baute sie, wie Skopka seinen
Drachen, ebenfalls aus Leichtmetall. Allein schon die langen Gummizüge der
langstieligen Geräte konnten einem - sogar im schlaffen Zustand - Angst
einjagen. Speziell die Schleudern wurden von diesem schießwütigen Menschen
schöpferisch weiterentwickelt. Sie hatten am unteren Ende des langen
Haltegriffs einen Dorn und ließen sich problemlos in die Erde rammen. Beim
Schießen stemmte man sich gegen die Schleuder mit einem

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