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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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hatte die, ah, als würde sie einen Shimmy tanzen … hüftschwenkend kam sie mit den Bestellzetteln an, und hüftschwenkend ging sie zurück ins Büro, die Boys verfolgten jede ihrer Bewegungen, jedes Zucken ihrer Hinterbacken, es war ein einziges Schlingern, Schlenkern und Wackeln.
    Ich bin kein Frauenheld. Nie gewesen. Um ein Frauenheld zu sein, muß man schön daherreden können. Das war noch nie meine Stärke. Doch da mich Carmen derart unter Druck setzte, ging ich eben eines Tages mit ihr hinters Lagerhaus, wo die Waggons standen, die wir ausladen mußten. Dort nahm ich sie dann im Stehen, hinten drin in einem dieser Waggons. Es war gut, es war warm, ich dachte an blauen Himmel und weite saubere Sandstrände, und doch war es traurig – es fehlte dabei ganz eindeutig ein menschliches Feeling. Ich verstand nicht, wieso, aber ich brachte es eben nicht. Ich hatte ihr das Strickkleid bis zu den Hüften hochgeschoben und pumpte ihn bei ihr rein, und schließlich drückte ich meinen Mund auf ihren scharlachroten Lippenstiftmund, und es kam mir, zwischen zwei ungeöffneten Kartons, sie mit dem Rücken an der verdreckten rissigen Holzwand des Güterwaggons, und so standen wir da, umwabert von Ascheflocken, in der gnädigen Dunkelheit.

38
    Wir arbeiteten gleichzeitig im Lager und im Versand. Jeder hatte seinen Packen Bestellungen, die er von A-Z selbst erledigte. Der Geschäftsleitung war sehr daran gelegen, daß man bei einem Fehler sofort sehen konnte, wer ihn gemacht hatte. Da jeder für die Erledigung seiner Bestellungen ganz allein verantwortlich war, konnte man die Schuld nicht von sich abwälzen. Drei- oder viermal Mist gebaut, und schon flog man raus.
    Da wir unzuverlässige Strolche waren, wußten wir, daß wir in diesem Job nicht alt werden würden. Deshalb strengten wir uns gar nicht erst an, sondern warteten, bis sie dahinterkamen, wie unfähig wir waren. Mittlerweile lebten wir mit dem System, gaben ihnen ein paar ehrliche Stunden Arbeit und gingen nach Feierabend gemeinsam einen heben.
    Wir waren zu dritt. Außer mir gab es da einen Kerl namens Hector Gonzalves. Langer Typ mit Rückgratverkrümmung und die Ruhe in Person. Er war verheiratet mit einer reizenden Mexikanerin, die sich oben an der Hill Street ein großes Doppelbett mit ihm teilte. Ich weiß das, weil ich eines Abends mal mit ihm saufen ging; wir tranken Bier, und anschließend jagte ich seiner Frau einen kleinen Schrecken ein. Hector und ich kamen nach einer Zechtour durch die Bars zu ihm nach Hause, und ich zog sie aus dem Bett und knutschte sie vor seinen Augen ab. Ich sagte mir, daß ich es jederzeit mit ihm aufnehmen konnte. Mußte nur auf sein Schnappmesser aufpassen. Schließlich entschuldigte ich mich dann bei den beiden, daß ich mich so daneben benommen hatte. Ich konnte es ihr nicht verübeln, daß sie sich nach diesem Zwischenfall nie so recht für mich erwärmte, und ich ging dann auch nie mehr zu den beiden nach Hause.
    Unser dritter Mann war Alabam, ein kleiner Gelegenheitsdieb. Er stahl Rückspiegel, Schrauben und Muttern, Schraubenzieher, Glühbirnen, Rückstrahler, Hupen, Batterien. Er stahl seidene Höschen und Bettlaken von der Wäscheleine runter und Teppichläufer aus Korridoren. Er ging in Supermärkte und ließ die Kassiererinnen eine große Tüte Kartoffeln tippen, doch unten in der Tüte hatte er Steaks, Schinken und Sardinenbüchsen. Sein richtiger Name war George Fellows. George hatte eine fiese Angewohnheit: er soff mit mir, und wenn er mich soweit hatte, daß ich praktisch wehrlos war, fiel er über mich her. Er wollte mir gar zu gerne den Arsch versohlen, doch er war ein schmächtiges Kerlchen und obendrein auch noch feige. Es gelang mir immer, noch soweit aus dem Tran hochzukommen, daß ich ihm ein paar in den Magen und aufs Ohr boxen konnte, und danach kollerte er dann jedesmal die Treppe runter, gewöhnlich mit einigen Kleinigkeiten in der Tasche, die er mir entwendet hatte – mein Waschlappen, ein Dosenöffner, ein Wecker, mein Füllfederhalter, eine Büchse Pfeffer oder vielleicht mal eine Schere.
    Der Geschäftsführer der Fahrradgroßhandlung, Mr. Hansen, war ein melancholischer Mann mit einem roten Gesicht. Seine Zunge war grün, weil er ständig Hustenpastillen lutschte, um seine Whiskyfahne zu tarnen. Eines Tages rief er mich zu sich ins Büro.
    »Hören Sie, Henry, diese beiden Jungs sind ziemlich dumm, nicht?«
    »Ich find sie ganz in Ordnung.«
»Aber, ich meine, vor allem Hector … der ist doch

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