Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
gesessen hatte. Sie sah mir tief in die Augen. Der vordere Teil meines Schwanzes verschwand in ihrem Mund. Ich fiel nach hinten. Verdammt.

40
    Es war 10.30 Uhr, als ich in der Fahrradgroßhandlung zur Arbeit erschien. Arbeitsbeginn war um 8. Es war gerade Frühstückspause, und der Kaffeewagen stand draußen, die ganze Belegschaft drum herum. Ich ging hin, bestellte mir einen großen Kaffee und eine Doughnut mit Gelee. Ich unterhielt mich mit Carmen, der Dame aus dem Güterwaggon, der Chefsekretärin. Sie trug wie üblich ein sehr eng sitzendes Strickkleid, das sie einschloß wie ein Ballon die gefangene Luft, und vielleicht noch ein bißchen mehr. Sie hatte mehrere Schichten dunkelroten Lippenstift auf dem Mund, und während sie redete, drängelte sie sich an mich, sah mir in die Augen und kicherte, streifte mich da und dort. Carmen war erschreckend aggressiv, sie setzte einen so unter Druck, daß man am liebsten die Flucht ergreifen wollte. Wie die meisten Frauen wollte sie etwas, was sie nicht mehr kriegen konnte. Jan hatte mir längst den Saft abgegraben und noch einiges mehr. Carmen dachte, das sei nur Mache von mir und ich wolle sie ein bißchen zappeln lassen. Ich verlagerte den Oberkörper nach hinten und klammerte mich an meine GeleeDoughnut, und sie kniete sich in mich. Die Pause ging zu Ende, und wir marschierten alle rein. Ich stellte mir Carmens Schlüpfer vor, mit einer leichten Spur von Scheiße dran, über meinen großen Zeh drapiert, während wir in ihrer Bude von der Main Street zusammen im Bett lagen. Mr. Hansen, der Geschäftsführer, stand vor seinem Büro. »Chinaski!« bellte er. Ich kannte diesen Ton: es war mal wieder Feierabend für mich.
    Ich ging hin und blieb vor ihm stehen. Er steckte in einem frischgebügelten hellbraunen Sommeranzug mit grüner Fliege und braunem Hemd. Seine schwarzbraunen Schuhe waren auf Hochglanz poliert. Ich wurde mir plötzlich der Nägel in meinen abgelatschten Schuhen bewußt, die mir in die Fußsohlen drangen. An meinem dreckigen Hemd fehlten vorne drei Knöpfe. Der Reißverschluß an meiner Hose war auf Halbmast steckengeblieben. Meine Gürtelschnalle war kaputt.
»Ja?« sagte ich.
»Ich werde Sie entlassen müssen.«
»Okay.«
»Sie sind ein verdammt guter Packer, aber ich werde Sie
    entlassen müssen.«
Er tat mir richtig leid.
»Sie sind jetzt 5 oder 6 Tage hintereinander erst um halb elf
    zur Arbeit erschienen. Was meinen Sie, wie das auf Ihre
    Arbeitskollegen wirkt? Die arbeiten einen Achtstundentag.« »Schon gut. Regen Sie sich wieder ab.«
»Hören Sie, als ich so alt war wie Sie, da war ich auch ein
    ruppiger Bursche. Ich bin drei- oder viermal im Monat mit einem blauen Auge zur Arbeit gekommen. Aber ich bin jeden Morgen pünktlich an meinem Arbeitsplatz erschienen. Ich habe mich hochgearbeitet.«
    Ich sagte nichts.
    »Was ist mit Ihnen? Warum können Sie nicht pünktlich hier erscheinen?«
Mir kam plötzlich der Gedanke, daß ich den Job vielleicht retten könnte, wenn ich ihm die richtige Antwort gab. »Ich hab grade geheiratet. Sie wissen ja, wie das ist. Flitterwochen. Morgens fang ich an, in die Klamotten zu steigen, die Sonne scheint durchs Fenster, und sie zerrt mich wieder runter auf die Matratze, weil sie nochmal meinen Truthahnhals haben will.«
Es zog nicht. »Ich werde Ihnen für den restlichen Lohn einen Scheck ausstellen lassen.« Er begab sich mit energischen Schritten in sein Büro. Ich hörte, wie er etwas zu Carmen sagte. In diesem Augenblick kam mir nochmal eine Eingebung. Ich klopfte an eine der Glasscheiben. Hansen schaute auf, kam her, schob die Glasscheibe zur Seite.
»Hören Sie«, sagte ich, »ich hab mit Carmen nie etwas gehabt. Ehrlich. Sie ist nett, aber sie ist nicht mein Typ. Stellen Sie mir den Scheck für die ganze Woche aus.«
Hansen drehte sich um und sagte: »Geben Sie ihm einen Scheck in Höhe eines Wochenlohnes.« Es war erst Dienstag. Ich hatte nicht damit gerechnet. Aber er und Alabam schafften ja schließlich auch 20000 Fahrradpedale auf die Seite und machten halbe-halbe. Carmen kam zu mir her und überreichte mir den Scheck. Sie stand da und rang sich ein unpersönliches Lächeln ab, während Hansen sich hinsetzte und das Arbeitsamt anrief.

41
    Ich hatte immer noch mein 35-Dollar-Auto. Die Pferde waren scharf und wir auch. Jan und ich verstanden nichts von Pferden, aber wir hatten Glück. Damals gab es nur acht Rennen pro Tag, nicht neun wie heute. Wir hatten eine magische Formel: »Harmatz im

Weitere Kostenlose Bücher