Falaysia Bd 2 - Trachonien
die schweren Schritte des Tieres unter sich, die sie im Sattel hin und her wanken ließen, und den warmen Körper hinter sich, gegen den sie sich – völlig ahnungslos – im Schlaf gelehnt hatte. Mareks Körper.
Ein paar Sekunden lang überlegte sie, sich rasch anständig hinzusetzen, doch dann verwarf sie den Gedanken wieder. Wenn Marek wusste, dass sie wach war, würde er wieder ein Gespräch mit ihr beginnen, und Gespräche mit ihm hatten ihr bisher nicht besonders gut gefallen. Außerdem saß sie gerade äußerst bequem, um nicht zu sagen kuschelig, sodass sie sich fast geborgen in den Armen des Kriegers fühlte, und dieses Gefühl wollte sie wenigstens für einen Augenblick noch genießen. Kein Wunder, dass sie eingeschlafen war.
Sie betrachtete Mareks Arme und Hände, von denen eine die Zügel hielt und entspannt auf ihrem Schenkel ruhte und die andere ihre Taille locker umfasste, sodass sie nicht vom Pferd rutschen konnte. Große Hände, aber nicht grobschlächtig, wie man das bei Männern seines Kalibers vermuten würde, sondern eher schmal und sehnig, mit langen Fingern. Sie runzelte ungewollt die Stirn. Nicht gerade die Hände eines Kriegers. Eher die eines Pianisten. Ausgesprochen schöne Männerhände… und dennoch waren es diese Hände, die kämpften und mordeten, die all diese furchtbaren Dinge taten, über die sie lieber nicht weiter nachdenken wollte.
Sie wandte ihren Blick von seinen Händen ab und betrachtete die Gegend um sich herum. Die hatte sich deutlich verändert. Das Bild wurde nun von hohen Bergen im Hintergrund, von kurzen Sträuchern und krüppeligen Nadelbäumen, die in kleinen Gruppen zwischen den Felsen wuchsen, dominiert. Der Weg war steinig und staubig geworden und das struppige Gras, das an der einen oder anderen Stelle wuchs, war verdorrt. In dieser Gegend hatte es lange nicht mehr geregnet. Doch trotz des unebenen Geländes gab es auch hier ein paar Felder, die an ein kleines Dorf grenzten, auf das sie zuritten. Jenna konnte sogar ein paar Menschen dort in der Ferne erkennen.
„Na, gut geschlafen?“ vernahm sie Mareks tiefe Stimme dicht an ihrem Ohr. Er hatte also doch gemerkt, dass sie wach geworden war.
„Mehr oder weniger“, gab sie zurück. Mittlerweile hatte sie das dringende Bedürfnis sich zu strecken, das war jedoch nun wirklich nicht möglich.
„Ist das Tschamborg?“ fragte sie und betrachtete das Dorf eingehender. Es war nicht besonders groß. Höchstens zwanzig kleine Häuser reihten sich aneinander und säumten den Sandweg, der die einzige ‚Straße‘ dort zu sein schien.
„Ja“, bestätigte Marek ihre Vermutung. „Es fällt noch in das Machtgebiet Nadirs, also komm gar nicht erst auf die Idee, diese Leute um Hilfe zu bitten.“
Genau das war der Grund, warum Jenna lieber nicht mit Marek sprach. Immer musste er etwas von sich geben, das sie ärgerte oder ängstigte oder beides tat. Sie hatte zwar nicht daran gedacht, dass es vielleicht dort jemanden gab, der ihr zur Flucht verhelfen konnte, aber schön war es nicht, dass dieser Mann versuchte, ihr auch jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer zu nehmen. Sie sagte jedoch nichts dazu. Stattdessen versuchte sie sich mit dem Gedanken zu trösten, dass der Krieger in seinem Größenwahn vielleicht auch die Bewohner des Dorfes unterschätzte und sie doch eine Chance bekam zu fliehen. Sie nahm sich vor, diesen Gedanken auf jeden Fall nicht außer Acht zu lassen.
Derweil waren sie schon so nah heran, dass Jenna die Menschen auf dem Feld erkennen konnte. Es waren Kinder, die dort gespielt hatten, doch jetzt, da auch sie die beiden Fremden entdeckt hatten, hielten sie erschrocken inne, um dann laut kreischend in das Dorf zu stürmen, so als hätten sie etwas ganz Furchtbares gesehen.
Jenna konnte sich nicht vorstellen, dass das die normale Reaktion auf Fremde war, also schloss sie daraus, dass sie wussten, wer dort hinter ihr im Sattel saß. Leon hatte Recht gehabt. Marek hatte einen ziemlich üblen Ruf in Falaysia. Das schien ihn jedoch nicht im Geringsten zu stören. Immer noch blieb er völlig ruhig und lenkte sein Pferd in das Dorf hinein. Er war offenbar an derlei Reaktionen gewöhnt.
Aus einigen Häusern traten Menschen hervor, als sie den staubigen Weg entlang ritten, lugten teils neugierig, teils ängstlich nach den Fremden, während andere ihre Kinder in heller Panik in die Häuser zerrten. Die wenigen, die es noch wagten, auf der Straße zu bleiben, nickten Marek scheinbar wohlwollend zu,
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