Falaysia Bd 2 - Trachonien
versuchen zu schlafen.“ Er nickte hinüber zu der einzigen Decke, die er hatte ausbreiten können. Er hatte sich für seine Flucht sein eigenes Pferd zurückgeholt und natürlich beinhaltete die Satteltasche nur die nötigsten Sachen für eine Person. Sie zögerte einen Moment, sein aufforderndes Nicken genügte allerdings schon, um sich dorthin zu bewegen, sich frustriert auf das dicke Fell zu werfen, das als Unterlage diente, und in die Decke zu kuscheln. Sie war zu erschöpft und ihr Körper sehnte sich nach der Erholung, die sie ihm für viel zu lange Zeit verwehrt hatte. Es gab keinen Raum in ihrem Kopf, um sich Gedanken darüber zu machen, wo und wie Marek schlafen würde und ob er tatsächlich im Augenblick keine Gefahr mehr für sie war. Alles, was sie wollte, war ihren Kopf auszuschalten und zu vergessen, wo sie war und welche immensen Probleme sie hatte.
Doch so ganz gelang ihr das nicht. Denn es gab noch eine Person, die ihr Bauchschmerzen bereitete. Bauchschmerzen ganz anderer Art, wurden diese doch von großer Sorge getragen. Das Gesicht dieser Person tauchte sofort vor ihrem inneren Auge auf, als sie die Lider geschlossen hatte: Leon. Sie hoffte so sehr, dass es auch ihm wieder einigermaßen gut ging, dass er sich in Sicherheit gebracht und seine Wunden versorgt hatte; dass er sich stärken und erholen und irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft ihre Verfolgung aufnehmen konnte. Denn er war der Einzige, der ihr helfen konnte; der Einzige, dem sie hier in dieser Welt wenigstens ein kleines bisschen am Herzen lag und der vielleicht kommen würde, um sie zu retten. Das hoffte sie zumindest. Sie wagte es jedoch nicht, wirklich daran zu glauben.
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Es waren Schmerzen, die Leon aus seinem langen Schlaf weckten. Sie waren nicht mehr ganz so stark wie zu Anfang, doch sie reichten aus, um eine leichte Übelkeit zu verursachen, die es ihm nicht erlaubte, noch länger im Reich der Träume zu verweilen. Ganz vorsichtig öffnete er die Augen, blinzelte gegen das helle Tageslicht und den milchigen Schleier vor seinen Augen an. Es dauerte ein paar Minuten bis er einigermaßen klar sehen konnte, doch das, was er sah, gefiel ihm gar nicht. Er lag auf einer Bahre in einem Behelfszelt und nah bei ihm, an einem kleinen Feuer, saß ein Krieger und kochte etwas in einem Krug, den er an einem langen Stock über die Flammen hielt. Leon kniff die Augen ein wenig zusammen, versuchte den Mann besser zu erkennen. Er hatte seine Rüstung abgelegt, trug nur die lockere, warme Unterkleidung, die fast alle Krieger zu dieser Jahreszeit benötigten – die Bakitarer ausgenommen. Aber das waren ja auch keine richtigen Menschen.
Der Krieger wandte sich um und goss den Sud aus dem Krug in eine Holzschale. Oh. Es war kein Mann, sondern eine Frau. Jetzt erinnerte Leon sich auch wieder. Der Kampf… Marek, der Jenna aufs Pferd zog… sein verletzter Arm… die Frau im Wald. Der Rüstung nach zu urteilen gehörte sie zu Alentaras Kriegern. Sie musste dieses Zelt aufgebaut haben – wo auch immer – und ihn so gut, wie sie es konnte, versorgt haben. Ihr hatte er es zu verdanken, dass er sich einigermaßen erholt hatte, jedenfalls so, dass er nicht schon bei der kleinsten Bewegung wieder in Ohnmacht fiel. Doch was hatte sie hier zu suchen, mitten in der Wildnis, im Grenzgebiet weit ab von den üblichen Handelsrouten, in dem jeder die Übergriffe von Tikos zu fürchten hatte? War sie eine Spionin mit einem besonders wichtigen Auftrag? Oder hatte sie nur ein paar liebe Verwandte besucht und befand sich nun auf der Rückreise nach Trachonien? Wohl kaum.
Die Kriegerin sah zu ihm hinüber, so als hätte er durch ein Geräusch verraten, dass er wach war. Nur konnte er sich nicht daran erinnern, eines gemacht zu haben.
„Es scheint dir besser zu gehen“, stellte sie schlicht fest. Ihre Stimme war rau, fast heiser und klang ziemlich gefühllos. Eigentlich typisch für einen Krieger.
Leon antwortete nicht. Er sah sie nur an und dachte nach. Warum hatte diese Frau ihn aufgelesen, seine Wunden versorgt und mitgenommen? Aus Mitleid und menschlichem Verantwortungsbewusstsein bestimmt nicht. So etwas besaßen nur sehr wenige Menschen in Falaysia und wilde Krieger schon gar nicht. In seinem Zustand stellte Leon doch nur eine unnötige Last dar, die das Reisen furchtbar beschwerlich machte. Also, warum diese Hilfsbereitschaft? Was hatte die Kriegerin für ein Nutzen von ihm?
Sie kam näher, schlug wortlos seine Decke
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