Falaysia Bd 2 - Trachonien
nichts. Kein Wiedererkennen, kein Kribbeln, keine Wärme. Jenna starrte den Stein in ihrer Hand entsetzt an. Das stumpfe Dunkelrot blieb trüb, regte sich nicht.
Sie zog die Brauen zusammen und inspizierte das Amulett genauer. Die silberne Einfassung war ziemlich schlampig gefertigt worden, so als wäre der Schmied in Eile gewesen, und sie sah auch relativ neu aus. Jennas Mund öffnete und schloss sich wieder. Der Stein war auch kleiner und stumpfer! Hitze wallte in ihr auf, nur dieses Mal wurde sie von Zorn verursacht. Marek, diese miese Ratte! Natürlich war es nicht schlimm, dieses Amulett liegenzulassen, denn es war eine billige Kopie – allein dafür gefertigt, sie zu prüfen! Sie schnappte nach Luft und warf das Schmuckstück einmal quer durch das Zelt. Dieser hinterhältige Mistkerl! Er hatte sich gar nicht in Gefahr gebracht, als er das Amulett hingeworfen hatte. Er war die ganze Zeit auf der sicheren Seite gewesen! Was hätte er wohl mit ihr gemacht, wenn sie den Stein genommen hätte? So wütend, wie er gewesen war, hätte er sie vielleicht sogar getötet.
Jenna hatte begonnen, im Zelt auf und ab zu laufen. Sie schäumte vor Wut und dennoch wurde ihr ein wenig leichter ums Herz. Mit der neuen Erkenntnis war es genau genommen sogar gut, dass sie sich so hatte gehen lassen. Es hatte verhindert, dass sie ernsthaft in Gefahr geraten war. Und vielleicht war ja auch genau das der Grund gewesen, warum sie sich so sonderbar verhalten hatte. Vielleicht hatte ein innerer Instinkt die Gefahr gespürt und sie diese dummen – dummen Dinge tun lassen… die ja dann im Endeffekt gar nicht so dumm gewesen waren. Sie war noch am Leben und Mareks Vertrauen in sie vielleicht wieder hergestellt.
Sie blieb stehen. Wo hatte sie den Stein gleich nochmal hingeworfen? Es war besser, ihn auf den alten Platz zurückzulegen, wenn sie ihm weismachen wollte, dass sie nicht daran interessiert war und seinen Trick auch nicht durchschaut hatte. Irgendwo sah sie ihn funkeln, eilte hinüber, hob ihn auf und brachte ihn schnell zurück an seinen alten Platz, denn draußen vor dem Zelt waren auf einmal wieder Geräusche zu vernehmen.
Sie flog hinüber zu Mareks Bett und warf sich schnell darauf, die Decke fest um den Körper gewickelt. Nur wenig später öffnete sich der Zelteingang und ein Mädchen, bestimmt nicht älter als sechzehn Jahre, betrat das Zelt. Sie trug die schlichten Kleider einer Magd und hatte ein größeres Bündel in den Armen. Jenna richtete sich erstaunt auf.
„Mein Name ist Nula“, sagte die junge Frau und kam zögerlich näher. „Ich soll Euch diese Kleider bringen und Euch dann ins Schloss mitnehmen.“
Jenna blinzelte erstaunt, erhob sich aber dennoch. Ins Schloss mitnehmen? Hieß das, dass Marek weiterhin an seinem heiklen Plan festhielt? Obwohl er ihr nicht mehr vertraute? Und das alles sollte auch noch jetzt sofort stattfinden?
„Ich… ich verstehe das nicht“, stammelte Jenna. Gleichwohl nahm sie der jungen Magd das Bündel Kleider ab.
„Das Lager hier wurde entdeckt“, erklärte Nula. „Sie müssen jetzt angreifen, wenn sie nicht selbst zur Zielscheibe von Alentaras Armee werden wollen.“
Jenna nickte verständnisvoll. Das flaue Gefühl, das sie bezüglich Mareks Plan schon immer gehabt hatte, war zurück – stärker als jemals zuvor. Trotzdem wandte sie sich um und begann sich umzuziehen. Natürlich wollte sie nicht wirklich Mareks Plan in die Tat umsetzen, doch andere Kleider anzuziehen, war ohnehin notwendig.
„Ihr… ihr müsst das tun“, vernahm sie nach einer Weile Nulas zarte Stimme, als könne diese ihre Gedanken lesen.
Jenna wandte sich zu ihr um, während sie die vorderen Knöpfe ihres Kleides schloss. „Was muss ich tun?“
„Holen, was die Bakitarer brauchen.“
Jenna runzelte die Stirn. „Du willst das auch?“
Das Mädchen nickte.
„Warum?“
„Weil die Könige lange genug ihr Unwesen in den Ländern Falaysias getrieben haben.“
Jenna war überrascht. Das war das erste Mal, dass ein Bewohner dieser Welt vor ihr positiv über das Vorgehen der Bakitarer sprach und den Königen deutliche Verachtung entgegenbrachte. Im Grunde war das jedoch nicht weiter verwunderlich. Das Mädchen half Marek, also war sie eine Verräterin. So sah es zumindest aus, wenn man nicht genauer hinsah und die Motive hinter bestimmten Handlungen nicht erfragte. Normalerweise hasste Jenna ein solches Verhalten. Sie war immer dafür, sich die Gründe für das Handeln der Menschen genauer
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