Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
vernahm das leise Rascheln von Kleidung und dann wurde es still um sie herum. Ein weiterer kühler Windhauch aus dem Flur sagte ihr schließlich, dass der Zauberer ihre Wohnung tatsächlich verlassen hatte und sie die Augen wieder öffnen konnte, Augen, die sich sofort mit Tränen füllten.
Sie beugte sich vor, ergriff mit zitternden Fingern das Foto und drehte es wieder um. Sie presste die Lippen fest zusammen, um nicht laut zu schluchzen und ließ sanft ihren Daumen über das lächelnde Gesicht Annas gleiten.
Demeon hatte Recht. Sie würde Annas Tochter nicht im Stich lassen. Sie würde ihr helfen, sie retten, sie wieder nach Hause bringen. Das war sie nicht nur Anna sondern ihrer ganzen Familie schuldig. Und sie würde endlich wiedergutmachen, was sie vor Jahren angerichtet hatte.
Doch es gab noch etwas anderes, was sie sich ganz fest vornahm: Sie würde alles Menschenmögliche tun, um sich nicht wieder zum Spielball dieses Teufels machen zu lassen. Sie würde hinter seine Geheimnisse kommen… und sie würde endlich damit anfangen herauszufinden, was es mit Falaysia und diesem eigenartigen Spiel der Magier auf sich hatte.
Allgrizia
S chlaflos
L eon hatte Kopfschmerzen, Kopfschmerzen, die ihm die Schädeldecke zu zersprengen drohten, und die Atmosphäre in dem Wirtshaus, in dem er saß, trug nicht gerade zu einer Besserung seines Zustandes bei. Der an sich so gemütlich aussehende Raum war so verqualmt, dass er Probleme hatte, überhaupt die Gesichter einzelner Personen zu erkennen, und der Rauch biss in seine schmerzenden Augen. Zudem waren einige der Gäste durch den Alkohol, der heute hier in Unmengen floss, auch noch in so guter Stimmung, dass sie sich laut grölend zu einem Wettkampf im Armdrücken entschlossen hatten.
Die beiden Kontrahenten waren ein riesiger vollbärtiger Seemann und ein ebenfalls kräftiger, aber um einen ganzen Kopf kleinerer Wachmann mit Halbglatze, der mit diesem Spaß vermutlich seinen freien Tag feiern wollte. Sie saßen nicht weit entfernt von Leon an einem der robusten Holztische und hatten eine Schar von Freunden um sich gesammelt, die sie laut anfeuerten. Erst sah es so aus, als würden beide gleich stark sein, doch dann begann erstaunlicher Weise der muskelbepackte Arm des Seemanns zu zittern und zu wanken und schließlich landete seine Hand mit einem schmerzhaften Krachen auf den Tischplanken. Der Wachmann sprang johlend auf und schlug sich wie ein Gorilla auf die breite Brust, um noch einmal deutlich seine Stärke zu demonstrieren, während sich der Seemann mit einem finsteren Blick in eine Ecke verzog. Bald schon aber fand sich ein neuer Gegner und das Spiel ging weiter, unterstützt von dem lauten Gegröle der Zuschauer.
Leon rieb sich ermüdet die Schläfen und versuchte ein wenig Abstand von dem ganzen Lärm im Wirtshaus zu gewinnen, abzuschalten und zu vergessen, wo er war, doch es gelang ihm nicht. Wie sollte es auch?! Dies war nun wirklich nicht die richtige Umgebung, um zu entspannen und sich ein wenig von den Strapazen der letzten Monate zu erholen. Alles, was er jetzt brauchte, war Schlaf – möglichst viel davon. Es war schon so lange her, dass er das letzte Mal richtig geschlafen hatte, dass er sich kaum noch an dieses Gefühl erinnern konnte.
Die letzte Nacht war er durchgeritten und auch am Tage hatte er kaum eine ruhige Minute finden können. Heute hatte er endlich ein gemütliches kleines Zimmer mit einem richtigen Bett in einem Wirtshaus finden können und war nicht in der Lage dieses zu nutzen. Stattdessen musste er in der stickigen Wirtsstube sitzen, weiter seine überreizten Nerven strapazieren und warten. Er hatte eine Nachricht von einem Freund erhalten, der ihn dringend sprechen musste. Woher dieser wusste, dass er in der Stadt war, war ihm schleierhaft, da er erst am frühen Morgen angekommen war und niemanden von seinen alten Freunden darüber informiert hatte. Er hatte ohnehin nicht vorgehabt, lange zu bleiben. Da gab es nur dieses Treffen, das erst in ein paar Tagen stattfinden sollte, und in der Zeit dazwischen hatte er gehofft, sich endlich etwas erholen zu können. Den Besuch bei alten Freunden hatte sich Leon eigentlich sparen wollen. Wenn die Angelegenheit nicht wirklich dringend war, würde er Tido alle Knochen brechen!
Leon gähnte und das Hämmern in seinem Schädel verstärkte sich. Gott, wie er das
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