Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
geschrieben stand.
„Ich reite in der Nacht los… also, wenn du dich mir anschließen willst…“
Leon schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht, Tido. Ich muss mich unbedingt mit jemand treffen und dieser jemand wird erst in ein oder zwei Tagen in der Stadt sein.“
„Dann musst du dich verstecken“, sagte sein Freund nachdrücklich. „Und wenn ich ‚verstecken‘ sage, bedeutet das, dass du dich so lange nicht draußen blicken lässt, bis dieser jemand endlich erscheint.“ Er seufzte tief und schwer und schüttelte dann verständnislos den Kopf. „Ist das denn wirklich so wichtig – so wichtig, dass du dafür dein Leben riskierst?“
Leon schwieg für eine Weile nachdenklich. Diese Frage hatte er sich bisher noch gar nicht gestellt, aber in Anbetracht der neuen Entwicklungen, erschien es ihm fast noch dringender als zuvor den Grafen zu treffen. Er musste doch von allen Personen, die Leon kannte, derjenige sein, der am besten über alles informiert war. Und einfach nur kopflos zu fliehen, ohne zu wissen, was tatsächlich los war, war so ganz und gar nicht Leons Art.
„Ich… ich weiß es nicht“, gab er offen zu. „Aber… ich kann noch nicht gehen. Wenn es zu brenzlig für mich wird, werde ich schon noch rechtzeitig wegkommen. Ich werde einfach Augen und Ohren offen halten und hoffen, dass mein Freund möglichst bald erscheint.“
Wieder atmete Tido tief ein und aus. „Gut. Du musst ja wissen, was du tust. Aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“
Leon brachte ein halbherziges Lächeln zustande. „Ich danke dir. Aber vielleicht… könntest du mir doch noch einen kleinen Gefallen tun. Du als Schmuggler musst doch eigentlich die besten Verstecke für einen Aussätzigen wie mich kennen, oder?“
Tido erwiderte sein Lächeln, aus dem bald ein breites Grinsen wurde. „Allerdings“, schmunzelte er, „aber sollten eines Tages wieder ruhigere Zeiten anbrechen, hast du dieses Versteck nie gesehen!“
„Ich hab ein Gedächtnis wie ein Sieb“, versprach Leon lächelnd.
„Gut“, meinte Tido nur und erhob sich. „Dann sehen wir uns gleich draußen.“
Leon nickte dankbar und sein Freund wandte sich um und verschwand in den Rauchnebeln der Wirtsstube. Leon atmete tief ein und aus. So würde er also auch dieses Mal nicht zur Ruhe kommen. Nein, viel schlimmer, jetzt fingen die Strapazen erst richtig an. Er fragte sich nur, wie lange sein erschöpfter Körper das noch alles mitmachen würde, denn er wusste genau, dass das, was nun auf ihn zukam, anstrengender werden würde, als alles, was er in den letzten fünf Jahren durchgemacht hatte. Die Jagd ging also wieder los und er war nicht sicher, ob er dieses Mal genug Kraft hatte, um zu überleben.
A lbtraum
S chwerelos. So fühlte sich Jenna. So, als würde sie auf einer Wolke schweben, weit weg vom Erdboden, von der normalen Welt mit all ihren Problemen und Unannehmlichkeiten. Um sie herum schimmerte es in den allerschönsten Farben und die Luft war derart frisch und klar, dass sie wie berauscht davon war. Doch lange hielt dieses Gefühl nicht an. Bald schon spürte sie, wie die bleierne Schwere ihres eigenen Körpers sie packte und gnadenlos nach unten zog – so schnell, dass ihr ein wenig schwindelte und sich ihr Magen unangenehm zusammenzog. Dann war alles wieder ruhig. Nur die frische, klare Luft wehte ihr noch weiterhin in die Nase, trug den Geruch von Gras und Laub an ihren schlaftrunkenen Verstand heran und rief sie zurück in die Realität. Es dauerte nicht lange, bis sich auch ihr Gehör wieder einschaltete, die ersten Geräusche aufnahm und an ihren noch so langsam arbeitenden Verstand weiterleitete: Vogelzwitschern und das Rascheln von Blättern, die sich im seichten Wind bewegten.
Hatte sie das Fenster über Nacht offen gelassen? Das erklärte, warum ihr nun langsam ein wenig kalt wurde und sie fröstelte. Doch auch das genügte nicht, um sie die Augen öffnen zu lassen. Sie war noch zu müde und liebte es zu sehr, noch ein wenig vor sich hin zu dösen, bevor sie tatsächlich aufstand. Und war es nicht auch Sonntag – ein Tag, an dem sie sogar ausschlafen durfte? Na, also. Sie würde einfach noch ein wenig liegenbleiben und sich in ihre warme Decke kuscheln…
Hm. Wo war die nur? Ihre Hand, die sie träge erhoben hatte, ertastete gerade nur die nackte Haut ihres Oberarms und… irgendetwas kitzelte sie da auf einmal an ihrem Knöchel… Nein, es war kein Kitzeln, eher ein Krabbeln. Etwas krabbelte an ihrem
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