Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
Angst, dass sie sich geirrt haben könnte. Und dann sah sie sie. In ein weites seidenes Gewand gekleidet, kam sie auf sie zu. Ihr langes weißblondes Haar wehte um ihre Schultern und sie lächelte, so warm und gütig, wie sie es immer getan hatte, wenn Jenna zu ihr gekommen war.
Jenna schossen Tränen in die Augen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Nur das leise Schluchzen, das ihre Kehle hinaufdrängte, konnte sie noch zurückhalten. Ihre Tante hatte sie gefunden, war in diese Welt gelangt, um sie zurückzuholen. Sie war gerettet. Sie würde sie wieder nach Hause bringen. Endlich! Sie hatte sie nicht im Stich gelassen, wie Leon vermutet hatte.
Jenna lief ihr nicht nur entgegen, nein, sie rannte und versuchte dabei weiterhin verkrampft die Schluchzer zu unterdrücken, die so dringend aus ihr heraus wollten. Die Erschöpfung, die sie nach all den Anstrengungen verspürt hatte, war wie weggeblasen. Alles, was sie wollte, war ihrer Tante in die Arme zu fallen und bei ihr endlich wieder Ruhe und Geborgenheit zu finden, sich sicher zu fühlen. Doch sie kam ihr nicht wirklich näher. Sie lief und lief, die Entfernung zu Melina blieb jedoch dieselbe. Etwas war hier nicht in Ordnung.
„Mel!“ rief sie verzweifelt und blieb schließlich hilflos stehen. „Hilf mir doch! Was passiert hier?“
Melina sah sie mitfühlend an und lächelte traurig. „Du kannst nicht zu mir kommen“, sagte sie sanft. „Das hier ist nicht die Realität.“
„Was?“ hauchte Jenna. Sie begriff nicht, was ihre Tante damit meinte, wollte es nicht verstehen. Was war nicht die Realität? Ihre Tante, oder die Welt in der sie sich befand?
„Du träumst, Jenna“, erklärte Melina.
Jennas Herz zog sich schmerzhaft zusammen und sie schüttelte sofort den Kopf. Ihre Erleichterung, all ihre wieder erweckten Hoffnungen schwanden mit einem Mal dahin. „Nein, sag das nicht. Oh, bitte, das… das kann nicht nur ein Traum sein!“
„Zum größten Teil schon“, gab Melina traurig zu. „Du schläfst momentan und hast zuvor etwas anderes geträumt, aber das musste ich leider verdrängen, um mit dir Kontakt aufzunehmen.“
„Aber dann bist du doch in gewisser Weise real“, schloss Jenna hoffnungsvoll und schluckte tapfer ihre bittere Enttäuschung herunter. Ein mentaler Kontakt zur anderen Welt war immer noch besser als gar keiner.
„In gewisser Weise schon“, stimmt Melina ihr mit einem Lächeln zu. „Meine übersinnlichen Kräfte sind es, die du siehst und hörst. Nur durch sie kann ich dich erreichen und auch nur dann, wenn du schläfst.“
„Was... was heißt das genau, Melina?“ fragte Jenna mit etwas zittriger Stimme. „Dass… dass du nicht persönlich hierher kommen kannst?“ Sie sehnte sich so nach einem Menschen, den sie kannte, dem sie vertrauen konnte, der für sie da war.
„Nicht ohne Hilfe“, gab Melina niedergeschlagen zu. „Und selbst wenn ich jemanden finden würde, der mich zu dir bringt – ich könnte uns beide nicht wieder aus dieser anderen Welt herausbringen. Dazu ist meine Magie zu schwach.“
„Aber du… du hast doch Leon hierher gebracht!“ warf Jenna ein und nun fühlte auch sie die Wut in sich aufkeimen, die sie immer in Leons Stimme vernahm, wenn er über ihre Tante sprach.
Melinas Gesicht erhellte sich. „Du hast ihn also gefunden?!“
Jenna nickte nur. Sie konnte Melinas Begeisterung nicht teilen, schließlich verstand sie sich gegenwärtig mit diesem unfreundlichen, sturen Kerl alles andere als gut.
„Gott sei Dank!“ stieß Melina erleichtert aus. „Ah ja, jetzt sehe ich es auch. Du bist wütend auf ihn. Du hast bestimmt Recht, aber sei trotzdem nicht so streng mit ihm. Er hat viel durchgemacht und er war schon immer ein ziemlicher Sturkopf und Eigenbrötler. Hab Geduld mit ihm.“
Jenna starrte ihre Tante entgeistert an. „Du... du liest meine Gedanken!“
„Nein, ich sehe Bilder aus deinen Erinnerungen und spüre das Echo deiner Gefühle“, erklärte Melina schnell, besaß aber den Anstand wenigstens ein klein wenig zu erröten. „Es tut mir leid, aber ich kann nicht anders, wenn du dich so weit öffnest.“
Jennas Mund öffnete sich, doch sie war zu perplex, um etwas herauszubringen. Es war gar kein angenehmes Gefühl, so durchschaut zu werden.
„Es ist nicht schwer den Kontakt zu finden, wenn die Menschen schlafen. Wenn sie wach sind, ist es jedoch so gut wie unmöglich“, erklärte Melina weiter. „Im Schlaf öffnen sie sich stärker und lassen ihre Energie frei. So
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