Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
!!“
Die letzten Worte spuckte er geradezu aus. „Du solltest endlich begreifen, dass deine Tante eine verrückte, böse Frau ist, die es eigentlich verdient, für das, was sie getan hat, lebenslänglich in den Knast zu wandern!!“
Jenna zügelte ihr Pferd und starrte ihn mit offenem Mund an. Etwas Derartiges hatte ihr noch niemand an den Kopf geworfen. Es tat weh – sehr. Vor allem, weil ihre familiäre Situation so schwierig und ohnehin schon von Misstrauen und bitteren Geheimnissen belastet war. Doch Leon scherte sich gar nicht weiter um sie. Er ritt einfach weiter, ohne sich auch nur nach ihr umzusehen.
Jenna war versucht, ihr Pferd herumzureißen und davon zu galoppieren. Doch sie tat es nicht. Das, was sie sonst noch in Falaysia erwartete, war viel schlimmer, als das, was Leon ihr jemals antun konnte. Sie war zwar wahnsinnig wütend auf ihn und furchtbar enttäuscht über sein Verhalten, aber jetzt zu verschwinden und womöglich Marek in die Arme zu laufen, kam dem Wahnsinn noch viel näher. Also biss sie die Zähne zusammen und trieb ihr Pferd wieder vorwärts, einen großen Abstand zu Leon haltend, der sich mittlerweile doch schon ein paar Mal nach ihr umgedreht hatte – ganz unauffällig natürlich. Reden würde sie jedoch eine ganze Weile nicht mehr mit ihm.
Z wangspause
D er dunkle Himmel hatte seine Tore geöffnet und schüttete alles, was er an Nässe und Kälte besaß, über den Wäldern Piladomas aus. Grollend dröhnte der Donner über den Wipfeln der Bäume und ab und an tauchte ein Blitz die Landschaft in gleißendes Licht, so dass auch die mutigsten Bewohner des Waldes sich in ihre tiefsten Höhlen verkrochen und dort wimmernd darauf warteten, dass das Unwetter vorüber zog.
Leon zog seinen Mantel noch etwas enger um seinen Körper und die Kapuze tiefer in sein Gesicht. Er hasste diese Art von Wetter, bei dem die Nässe und Kälte von allen Seiten gleichzeitig zu kommen schien und man sich kaum davor schützen konnte, wenn man keine Unterkunft aus Stein oder Holz gefunden hatte. Und ‚Unterkunft‘ konnte man das, was Leon in der Eile aus Ästen und Zweigen und Moos über ihren Köpfen zusammengebaut hatte, wohl kaum nennen. Andererseits machte dieses Wetter es ihnen auch unmöglich weiterzureiten. Sie hatten es für eine Weile versucht, doch irgendwann war der Boden unter den Hufen der Pferde so aufgeweicht gewesen, dass die Tiere immer wieder ins Rutschen geraten waren und das war auf der hügeligen Strecke, die sie gerade zurückzulegen hatten, einfach zu gefährlich. Allein hätte er es vielleicht noch gewagt weiterzureiten, aber er hatte jetzt auch noch die Verantwortung für Jenna zu tragen und konnte nicht riskieren, dass sie aufgrund seiner Sturheit unter dem schweren Leib eines stürzenden Pferdes begraben wurde. Dann war alles aus – selbst wenn sie sich nur ein paar Knochen brach.
Leons Blick glitt, wie schon so oft zuvor, hinüber zu Jenna, die sich an den breiten Stamm des Baumes hinter ihnen gelehnt hatte und blicklos ins Leere starrte, die Arme eng um ihren Körper geschlungen, um sich selbst wenigstens ein bisschen Wärme zu schenken. Sie sah müde aus und erschöpft und irgendwie… irgendwie regte sich tief in seinem Inneren das Bedürfnis, sie in die Arme zu nehmen, sie mit seinem Körper zu wärmen und ihr zu versprechen, dass alles schon gut werden würde. Wenn er ehrlich war, sehnte auch er sich nach mehr Wärme. Seine Kleidung war wie die ihre völlig durchnässt und er fror entsetzlich. Dennoch erlaubte er es sich nicht zu zittern, wollte nicht schwächlich und unmännlich vor Jenna erscheinen, schließlich war er der Einzige, den sie in dieser Welt hatte, der einzige, der sie beschützen, auf den sie sich verlassen konnte.
Nach all dem, was sie bisher durchgemacht hatte, war es ein Wunder, dass sie nicht langsam aber sicher durchdrehte. Und ganz sicher würde das geschehen, wenn er jetzt schlapp machte. Frauen waren nun einmal etwas zartere Geschöpfe. Sie brauchten in Notsituationen die starke Schulter eines Mannes zum Anlehnen und Festhalten – das wusste er. Sie brauchte ihn. Auch wenn sie das natürlich niemals zugeben würde.
Jenna war eine ziemlich ungewöhnliche junge Frau. Ungewöhnlich stark und eigensinnig. Sara war auch eigensinnig gewesen, aber auch zarter. Ihre Dickköpfigkeit war niedlich gewesen, weil sie ihm am Ende dann doch immer nachgegeben hatte. Jennas Dickköpfigkeit war anstrengend und sie hatte
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