Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
sie starrte ihre Tante nur mit offenem Mund an, während in den dunklen undurchdringlichen Augen Demeons für einen kurzen Augenblick ein freudiges Blitzen erschien.
Die ‚Hexe’ sah zu Benjamins Erleichterung jedoch ganz und gar nicht wie eine Hexe aus. Eine Frau Ende dreißig, gekleidet in ein schlichtes, seidiges Gewand. Sie hatte fast weißblondes, langes Haar, das ihr in weichen Wellen auf den Rücken fiel, und sanfte dunkelblaue Augen, mit denen sie Demeon einen fast liebevollen Blick zuwarf. Sie besaß ein gütiges Gesicht und Benjamin konnte sich auf einmal kaum vorstellen, dass diese Frau auch nur in irgendeiner Weise Böses im Schilde führen könnte. Aus der Entfernung war es so viel einfacher, Menschen schlimme Dinge anzuhängen.
„Du solltest das, was er sagt, nicht so ganz ernst nehmen, Liebes“, wandte sie sich mit einem Lächeln an Jenna „Er wirkt gern geheimnisvoll auf Menschen, die ihn nicht kennen. Sie werden unsicher und er kann das Gefühl von Überlegenheit genießen. Aber in Wirklichkeit ist er wie jeder andere – mit ein paar Schwächen, versteht sich.“
Das Lächeln, das nun auf Demeons Gesicht erschien, war auf irgendeine Weise unheimlich.
„Es ist nett, Melina, dass du mich vor deiner Nichte in ein so positives Licht stellst. Aber vergiss dabei bitte nicht, dass auch ich eine Seele habe, die man verletzen kann.“
„Natürlich nicht“, sagte Melina und ließ sich neben dem Mann auf dem Sofa nieder. Sie lächelte immer noch vor sich hin, ein wenig gedankenverloren. Dann wandte sie sich ihrer Nichte zu.
„Jenna, Liebes, ich glaube, dass du ein wenig überrascht bist, weil ich dir nie etwas von Demeon erzählt habe, nicht wahr?“
Die junge Frau nickte nur.
„Besonders, weil wir uns, wie Demeon ja schon erklärte, so lange Zeit kennen.“
Die Hexe schien also all das gehört zu haben, was die beiden zuvor besprochen hatten, aber keinen von beiden schien das zu wundern.
„Aber das ist nicht das einzige, was du nicht von mir weißt“, fuhr sie fort. „Und es ist auch besser so. Ich werde dir eines Tages alles erklären, glaube mir, aber jetzt muss ich dich leider darum bitten, uns allein zu lassen.“
Sie sah Jenna ein wenig traurig an. Die junge Frau schien immer noch sehr verwirrt und ihr war anzusehen, dass sie sich mit dem Gedanken, ihre Tante mit diesem merkwürdigen Mann allein zu lassen, nicht so recht anfreunden konnte.
„Es ist alles in Ordnung, Liebes“, sagte Melina sanft. „Demeon ist tatsächlich ein sehr guter Freund von mir. Du weißt doch, ich würde dich nie anlügen und… auch deine Tante braucht manchmal ein wenig Privatsphäre.“
Jennas Wangen röteten sich etwas und sie lächelte verlegen. „Natürlich hast du Recht, Mel“, sagte sie schnell und wandte sich zu Benjamins Entsetzen zum Gehen um. „Ich… ich komme dann morgen wieder“, konnte er sie noch sagen hören, während er sich vorsichtig und so leise wie möglich in die dunkle Ecke neben dem Schrank zurückzog. Ihm war bewusst, dass es wesentlich klüger sein würde, aus der Wohnung zu stürmen, um nicht entdeckt zu werden, doch seine Neugierde war zu groß. Er musste unbedingt erfahren, was dieser seltsame Mann mit der Hexe zu besprechen hatte. Und die dunkle Ecke hatte ihm zuvor schon als Versteck gute Dienste geleistet – warum sollte es diesmal schiefgehen?
Wieder rasselte der Perlenvorhang, als Jenna in den Flur trat und an Benjamin vorbei Richtung Ausgang lief, ohne Notiz von ihm zu nehmen. Doch sein freudiges Grinsen erstarb, als er die laute Stimme der Hexe vernahm.
„Ach ja, Liebes“, rief sie ihrer Nichte nach, die sofort innehielt und sich umwandte, „tu mir doch den Gefallen und nimm auch deinen Bruder mit, der sich hinten in der Ecke versteckt hat. Sag ihm, dass ich mich zwar freue, dass auch er es endlich wagt, Kontakt zu mir aufzunehmen – aber das nächste Mal wäre es höflicher, wenn er an der Tür klingelt und sich mir persönlich vorstellt, anstatt heimlich unsere Gespräche zu belauschen.“
Benjamin wurde heiß und kalt zugleich, während sein Herz zu rasen begann. Wie war das möglich? Wie konnte Melina wissen, dass er da war?
Er sah Jenna langsam auf sich zukommen, nahm all seinen noch vorhandenen Mut zusammen und trat schließlich beherzt aus seinem Versteck hervor.
„Ben?“ fragte Jenna ungläubig und sah ihren Bruder an, als hätte sie einen völlig Fremden vor sich.
Benjamin antwortete nicht, sondern schob sich nur rasch an ihr vorbei. Er
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