Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
zusammen und kämpfte sich weiter vorwärts, erreicht schließlich unter großen Mühen seine Decke und legte ihn dann dort so vorsichtig ab, wie es ihr mit ihren dahinschwindenden Kräften möglich war.
Was nun? Pferde ordentlich anbinden, rasch absatteln und die Satteltaschen herholen – und dann Daumen drücken, dass es Marek nicht so schlecht ging, wie es aussah. Jenna bemühte sich darum schnell zu sein, dennoch kam es ihr so vor, als würde sie für jeden einzelnen Vorgang eine halbe Ewigkeit brauchen. Immer wieder sah sie besorgt über ihre Schulter hinüber zu ihm, überprüfte so, ob er eine Regung von sich gab, ihr zu verstehen gab, dass er sie brauchte, doch es geschah nichts. Alles, was sie sah, war das viel zu rasche Heben und Senken seiner Brust, mit jedem flachen Atemzug, den er tat. So hatte Jenna fast Angst davor, zurück an seine Seite zu kehren, als sie sich endlich die schweren Satteltaschen über ihre Schulter geworfen hatte, und musste sich wirklich überwinden, auf ihn zuzugehen.
„Bitte sei wieder ansprechbar … bitte sei wieder ansprechbar …“, murmelte sie vor sich hin, während sie zu ihm hinübereilte und sich dann neben ihm niederließ.
Marek hatte die Augen nicht geschlossen, doch seine Lider waren schwer, der Blick immer noch glasig und in die Ferne gerichtet. Er hatte seinen Kollaps eindeutig noch nicht überwunden. Jenna legte erneut eine Hand auf seine Stirn. Kühl und feucht – wie gehabt.
„Okay – konzentrier dich Jenna“, befahl sie sich selbst. „Dein letzter Erste-Hilfe-Kurs ist schon eine ganze Weile her, aber vielleicht fallen dir ja noch die wichtigsten Sachen ein. Was tut man, wenn jemand zusammenbricht?“
Beine hochlagern zum Beispiel, um das Blut zum Herzen und somit auch zum Gehirn zurücklaufen zu lassen … aber sie konnte ihn nicht auf den Rücken drehen, weil sie unbedingt an seine Wunde heran musste. Jenna griff ihr eigenes Schlaffell, rollte es zusammen und schob es dennoch unter seine Beine, sodass sie wenigstens etwas erhöht waren. Dann begann sie mit zittrigen Fingern die vorderen Verschlüsse seines Brustharnischs zu öffnen, innerlich betend, dass seine alte Verletzung nicht zu schlimm aufgerissen war. Marek von der Lederrüstung zu befreien gestaltete sich jedoch alles andere als einfach, denn überall waren Schnallen und Schnürungen und es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie ihn mühsam und unter großer Anstrengung von dem Harnisch samt Schulterschutz befreit hatte.
Sie kniete sich hinter ihn, sandte ein weiteres Stoßgebet gen Himmel, weil das dunkle Hemd, dass er unter der Rüstung getragen hatte zumindest an einer größeren Stelle völlig durchnässt war und an seinem Körper klebte, und hob dann denn Stoff vorsichtig an, legte frei, was sie eigentlich nicht sehen wollte.
Im Vergleich zu dem, was sie damals im Zelt gesehen hatte, sah die Verletzung relativ harmlos aus, aber sie war eindeutig noch nicht an allen betroffenen Stellen ausgeheilt. Man konnte immer noch genau sehen, wo die Krallen des Drachens Mareks Haut aufgerissen hatten und wo sie besonders tief in sein Fleisch gedrungen waren. Es gab genau drei Stellen, an denen die Wundheilung noch nicht weit genug abgeschlossen war, um sie einer Belastung auszusetzten und zwei davon bluteten wieder stark – stark genug, um ihn in einen Schockzustand zu versetzen, dem sie dringend entgegenwirken musste.
„Scheiße, Scheiße, Scheiße“, stieß sie aus, während sie hektisch in den Satteltaschen herumwühlte und dann doch endlich fündig wurde. Frisches Verbandszeug! Entweder hatte Kaamo es ihm untergeschoben, oder Marek war weitsichtig genug gewesen, um selber daran zu denken.
„Weißt du, eigentlich sollte ich kein Mitleid mit dir haben“, begann Jenna ihrem Patienten zu erzählen, nicht weil sie glaubte, dass er sie hörte, sondern eher um sich selbst von dem Anblick der Wunden und ihren wachsenden Sorgen abzulenken.
„Ich hab dich gewarnt, aber du wolltest ja nicht hören, musstest damit weitermachen, Stärke zu demonstrieren, die im Grunde von Anfang an nicht vorhanden war.“ Sie seufzte tief und wischte das Blut mit einem weichen Tuch von seiner Haut, um zu sehen, wie tief die Wunden waren. Nicht so tief wie damals – aber damit konnte er auf keinen Fall weiterreiten, auch nicht wenn sich sein Kreislauf wieder stabilisiert hatte. Und wie sollte sie jetzt dafür sorgen, dass das Blut aufhörte zu laufen? Einen Druckverband anzulegen, ohne dass er sich dazu aufsetzte,
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